Wiesenhof-Chef fordert Kennzeichnung von Fleisch-Herkunft auch für die Gastronomie

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Der Chef des größten deutschen Geflügelfleischproduzenten PHW hat sich für eine verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Fleischprodukten ausgesprochen. «Zwingend und sofort brauchen wir eine Herkunftskennzeichnung nicht nur im Supermarkt, sondern auch in der Gastronomie», sagte der Vorstandsvorsitzende des Wiesenhof-Mutterkonzerns, Peter Wesjohann, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Ansonsten werde Fleisch aus Deutschland durch billigere Alternativen aus dem Ausland ersetzt, ohne dass Verbraucher etwas bemerkten. In der Gastronomie, die für 60 Prozent des Absatzes von Geflügelfleisch in Deutschland verantwortlich sei, sei das bereits zu beobachten. Dabei gehe es um Fleisch aus Osteuropa, aber auch aus Brasilien, sagte Wesjohann.

Der Manager sprach sich zudem dagegen aus, den Umbau der Tierhaltung in Deutschland über eine Anhebung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. «Wer das macht, verteuert das ohnehin teurere Tierwohlfleisch noch einmal zusätzlich», sagte Wesjohann. Er favorisiere «eine absolute Tierwohlabgabe pro Kilogramm Fleisch». Vorbild könne die privatwirtschaftliche Initiative Tierwohl sein, bei der unter anderem Handelskonzerne Geld in einen Fonds einzahlen, aus dem Bauern dann bessere Ställe finanziert bekommen. «Man könnte die Initiative als Fonds unter staatliche Aufsicht stellen», regte Wesjohann an.

Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP diskutiert seit Wochen über eine Finanzierung dafür, dass Landwirte nicht allein auf den Kosten für mehr Tierschutz sitzen bleiben. Im Gespräch sind nach Empfehlungen einer Expertenkommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine «Tierwohlabgabe» auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. Die FDP hatte jedoch kürzlich deutlich gemacht, dass sie Preisaufschläge für die Verbraucher angesichts der hohen Inflation ablehnt.

Özdemir stellt neuen Anlauf für Tierhaltungskennzeichnung vor

Nach jahrelangen Diskussionen startet ein neuer Anlauf für eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und Wurst. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will am Dienstag (11.00) Eckpunkte eines Systems vorstellen, das Supermarktkunden mehr Transparenz über die Bedingungen in den Ställen bringen soll. Die Ampel-Koalition hat die verpflichtende Kennzeichnung vereinbart, um einen Wandel zu mehr Tierschutz voranzubringen. Organisiert werden soll zugleich eine gesicherte Finanzierung, damit Bauern nicht auf Milliardenkosten für Investitionen und Mehraufwand sitzen bleiben.

Die neue Kennzeichnung: Özdemir will die gesetzlichen Regelungen noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Konkret soll ein System kommen, das mehrere Haltungsformen unterscheidet und anzeigt - die Spanne reicht von den gesetzlichen Mindestanforderungen über mehr Platz und Beschäftigungsmaterial im Stall bis zu Auslauf ins Freie und bio. Starten soll die Kennzeichnung im ersten Schritt mit Schweinefleisch.

Der Platzhirsch: Viele Kunden kennen auf Packungen schon so ähnliche Logos, die aber nicht staatlich geregelt sind. Seit 2019 gibt es eine Kennzeichnung der Supermarktketten mit dem Aufdruck «Haltungsform», die Fleisch von Schweinen, Geflügel und Rindern umfasst. Sie hat vier Stufen: vom gesetzlichen Standard in Stufe 1 namens «Stallhaltung», über Stufe 2 «Stallhaltung plus» und Stufe 3 «Außenklima» bis Stufe 4 «Premium» mit Auslauf im Freien, zu der auch Biofleisch gehört. Diese Kennzeichnung dürfte auch noch einige Zeit parallel zur staatlichen bestehen bleiben, zumal sie bereits für mehrere Tierarten existiert.

Die Vorgeschichte: Wie das staatliche Logo genau aussehen soll, ist noch offen. Klar ist, dass es nun um einen anderen Ansatz geht als zuletzt lange diskutiert: Nämlich eine verpflichtende Kennzeichnung für alle Haltungsformen - statt eines freiwilligen Siegels nur für bessere Haltungsformen. Zuletzt wollte Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) so ein Tierwohl-Logo mit Anforderungen oberhalb des Gesetzesstandards in die Regale bringen. Doch die Pläne scheiterten.

Die Gestaltung: An der geplanten Kennzeichnung sollen die Kunden verlässlich sehen können, in welcher Haltungsform die Tiere einmal lebten. Diese Transparenz soll auch eine bewusstere Kaufentscheidung ermöglichen. So ähnlich läuft es schon bei Eiern, die einen Zahlencode zur Haltungsform aufgedruckt bekommen - von 0 für bio bis 3 für Käfighaltung. Die Fleischkennzeichnung des Handels hat auf den Etiketten die Zahlen 1 bis 4 für die vier verschiedenen Stufen und dazu die jeweiligen Farben rot, hellblau, orange und grün.

Die Finanzierung: Zur Kennzeichnung soll eine gesicherte Finanzierung kommen, damit Bauern auf Investitionen in Stallumbauten und höheren laufenden Kosten nicht alleine sitzen bleiben. Im Gespräch sind nach Empfehlungen einer Expertenkommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine «Tierwohlabgabe» auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. In der Koalition knirschte es aber zuletzt. Die FDP machte klar, dass sie angesichts der gerade hohen Inflation Preisaufschläge für Verbraucher ablehnt.

Der Koalitionspartner: Aus Sicht des agrarpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, sind die schon bekannten Vorschläge «nur als erste Arbeitsgrundlage zu verstehen». Um dem Verbraucher wirklich mehr Transparenz und eine klare Hilfestellung zu geben, mehr Tierwohl durch sein Einkaufsverhalten zu fördern, müsse sich ein Haltungskennzeichen an den schon im Laden zu findenden Labeln orientieren. «Mit dem dogmatischen Beharren auf einer extra Stufe für Bioprodukte, bei denen die Haltung oftmals schlechter als in konventionellen Ställen ist, droht das Landwirtschaftsministerium durch Klientelpolitik das Projekt zum Scheitern zu bringen.»

Die Kritiker: Umwelt- und Verbraucherschützer monieren zu wenig Tierschutz. «Die Kriterien für das neue gesetzliche
Tierhaltungskennzeichen reichen nicht aus, um das Tierwohl
grundsätzlich zu verbessern», sagte Greenpeace-Experte Martin Hofstetter der Funke Mediengruppe. Die neue Kennzeichnung definiere nur Haltungsformen für Schweine in Ställen, aus denen Frischfleisch gewonnen und das im Lebensmittelhandel verkauft werde. Auch die Organisation Foodwatch fordert strengere Kriterien: «Zahlreiche Studien zeigen, dass in allen Haltungsformen - vom engen Kastenstand bis zum Biobetrieb - viele Tiere unter Krankheiten und Verletzungen leiden», sagte Geschäftsführer Chris Methmann.

Bauernverband dringt auf Finanzierung für Umbau der Tierhaltung

Der Bauernverband fordert Klarheit über eine gesicherte Finanzierung für den geplanten Umbau zu mehr Tierschutz in den Ställen. «Wenn man es ernst meint mit der Weiterentwicklung einer tierwohlgerechteren Haltung, dann muss man diesen Schritt tun», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur. «Es braucht eine staatliche Mitfinanzierung und Investitionsförderung. Es braucht aber auch einen Mehrpreis an der Ladentheke. Wir müssen beides machen.» Die Finanzierung müsse jetzt auf den Weg gebracht werden, sagte Rukwied. «Da ist die Koalition in der Pflicht.»

SPD, Grüne und FDP diskutieren seit Wochen über eine Finanzierung dafür, dass Landwirte nicht allein auf Kosten für Stallumbauten und Mehraufwand sitzen bleiben. Im Gespräch sind nach Empfehlungen einer Expertenkommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine «Tierwohlabgabe» auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. Die FDP hatte jedoch kürzlich deutlich gemacht, dass sie Preisaufschläge für die Verbraucher angesichts der hohen Inflation ablehnt.

Rukwied sagte: «Wenn wir die Tierhaltung in Deutschland wie von der Gesellschaft gefordert mit mehr Tierwohl erhalten wollen, dann ist eine Finanzierung seitens der öffentlichen Hand unabdingbar. Sonst kann der Umbau nicht gelingen, und die Tierhaltung würde ins Ausland abwandern.» Die jetzt im Bundeshaushalt vorgesehene eine Milliarde Euro seien ein Einstieg. «In Summe reicht das nicht aus.»

Das Finanzierungssystem gehört zu einer geplanten verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung, die im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) will Eckpunkte dafür an diesem Dienstag vorstellen. Die Kennzeichnung soll noch in diesem Jahr auf den Weg kommen. Sie soll zunächst bei Schweinefleisch beginnen.

Özdemir wirbt für finanzielle Absicherungen der Landwirte. «Ich kann den Bauern nicht sagen, dass sie die Kosten für eine artgerechtere Tierhaltung und mehr Klimaschutz vom einen auf den anderen Tag selbst über den Markt erlösen sollen», sagte er der «Welt am Sonntag». Dies würde das Höfesterben beschleunigen, und das könne keiner wollen. «Ich will, dass es auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland gibt.» Eigentlich seien sich alle einig, dass es dafür Investitionen in eine zukunftsfeste Tierhaltung brauche - und dafür kämpfe er, sagte Özdemir. Die Landwirte verdienten Planungssicherheit. Bei der Finanzierung lägen die Vorschläge auf dem Tisch – und wesentliche Akteure habe er auf seiner Seite. «Ich bin zuversichtlich, schließlich ist allen klar, was auf dem Spiel steht», sagte er.

Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, mahnte, Landwirte bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen statt «Finanzierungsversprechen, die nach nur wenigen Jahren wieder kassiert werden können». Landwirte denken laut Hocker nicht in Jahren, sondern in Generationen. «Sie mit unsicheren Versprechungen in neue finanzielle Wagnisse zu locken, ist unseriös und liefert Landwirtschaft noch mehr politischem Einfluss und der Abkehr von Wissenschaft und Forschung aus. Einen solchen Weg werden wir nicht mitgehen.»

Rukwied sagte: «Wichtig ist auch, dass man bestehende erfolgreiche Systeme wie die Initiative Tierwohl mit integriert und bei der staatlichen Haltungskennzeichnung auf dem aufbaut, was man schon hat.» Über die von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Handel getragene Initiative bekommen teilnehmende Bauern Preisaufschläge für zusätzliche Tierwohlanforderungen. Die großen Supermarktketten haben auch schon 2019 eine einheitliche Kennzeichnung für Fleisch und Wurst mit dem Aufdruck «Haltungsform» gestartet, die vier Stufen hat.

Der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte Rukwied, die Politik müsse insbesondere der Not leidenden Schweinehaltung Perspektiven aufzeigen, diese befinde sich «in der größten Krise seit Jahrzehnten». Sinkenden Schweinepreisen stünden steigende Ausgaben für Futter und Energie gegenüber. «Wenn wir die Schweinehaltung in Deutschland behalten und verbessern wollen, muss die Bundesregierung das in diesem Jahr auf den Weg bringen. Jeder Monat, der verloren geht, bedeutet wieder zahlreiche geschlossene Schweineställe.»

Der Bauernverband dringt zugleich auf eine Herkunftskennzeichnung. Wenn mit einer Entscheidung auf EU-Ebene bis Ende des Jahres zu rechnen sei, könne man das abwarten. «Wenn das aber nicht der Fall sein sollte, müssen wir national eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung auf den Weg bringen», sagte Rukwied der dpa. Verbraucher müssten erkennen können, woher Produkte stammen. «Das gehört zur Transparenz. Wie soll man sich sonst gezielt für heimische regionale Ware entscheiden können?»

Der Chef des größten deutschen Geflügelfleischproduzenten PHW hat sich für eine verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Fleischprodukten ausgesprochen. «Zwingend und sofort brauchen wir eine Herkunftskennzeichnung nicht nur im Supermarkt, sondern auch in der Gastronomie», sagte der Vorstandsvorsitzende des Wiesenhof-Mutterkonzerns, Peter Wesjohann, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Ansonsten werde Fleisch aus Deutschland durch billigere Alternativen aus dem Ausland ersetzt, ohne dass Verbraucher etwas bemerkten. Der Manager sprach sich zudem dagegen aus, den Umbau der Tierhaltung in Deutschland über eine Anhebung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. «Wer das macht, verteuert das ohnehin teurere Tierwohlfleisch noch einmal zusätzlich», sagte Wesjohann. (dpa)


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