Bargeldloses Bezahlen gewinnt in Deutschland an Beliebtheit

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Liebe der Bundesbürger zum Bargeld schwindet allmählich. Vor allem in der Corona-Pandemie griffen Verbraucher beim Bezahlen häufiger zur Karte als zuvor. Eine Rückkehr zum alten Zahlungsverhalten scheint eher unwahrscheinlich. Der Handelsverband Deutschland (HDE) schließt nicht aus, dass über kurz oder lang erste Händler keine Scheine und Münzen mehr annehmen könnten.

Nach einer Umfrage der Deutschen Bundesbank wurden im vergangenen Jahr 58 Prozent der Bezahlvorgänge für Wareneinkäufe und Dienstleistungen mit Scheinen und Münzen beglichen. Bei der letzten großen Erhebung der Notenbank im Jahr 2017 waren es noch 74 Prozent. «Das Zahlungsverhalten hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert», sagte Johannes Beermann, das für Bargeld zuständige Bundesbank-Vorstandsmitglied, am Mittwoch in Frankfurt.

Ein Grund ist nach Einschätzung der Bundesbank die Zunahme der Einkäufe im Internet sowie die geringere Nutzung von Bargeld in der Corona-Pandemie. Einzelhändler hatten für Bezahlen ohne Scheine und Münzen in der Pandemie geworben. Zudem sei bargeldloses Bezahlen sehr viel einfacher geworden, sagte Beermann mit Blick auf das kontaktlose Bezahlen. Dabei muss der Kunde seine Kreditkarte oder Girocard nicht mehr in ein Lesegerät einschieben, die Karte wird einfach vor das Gerät gehalten.

Gemessen am Umsatz betrug der Bargeldanteil im vergangenen Jahr 30 Prozent. Im Jahr 2017 waren es noch 48 Prozent. Von allen erfassten Zahlungen an der Ladenkasse, in der Freizeit oder im Onlinehandel erfolgten 29 Prozent mit einer Karte, bezogen auf den Umsatz waren es 40 Prozent. Besonders beliebt waren dabei Zahlungskarten wie die Girocard. Sie war mit 23 Prozent aller Transaktionen das am zweithäufigsten verwendete Zahlungsmittel. Während der Pandemie zahlten die Menschen damit vermehrt auch kleinere Beträge.

Mobiles Bezahlen mit Smartphone, Smartwatch oder Fitnessarmband gewinnt vor allem bei jüngeren Menschen an Beliebtheit. Der Umfrage zufolge bezahlten 17 Prozent der Smartphonebesitzer damit an der Ladenkasse. Bei Besitzern einer Smartwatch oder eines Fitnessarmbandes waren es 27 Prozent. «Mobiles Bezahlen gewinnt an Bedeutung, es ist aber noch nicht in der Breite der Bevölkerung angekommen», sagte Burkhard Balz, das für Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme zuständige Bundesbank-Vorstandsmitglied.

Eine generelle Rückkehr zum alten Zahlungsverhalten scheint eher unwahrscheinlich. Nur 11 Prozent derjenigen, die weniger bar zahlten, wollen der Umfrage zufolge nach dem Ende der Pandemie wieder mehr Scheine und Münzen nutzen. Allerdings könnten häufigere Einkäufe in Geschäften und weniger Internetbestellungen den Barzahlungsanteil der Notenbank zufolge wieder steigen lassen.

Sollte die Entwicklung anhalten, «werden wir über kurz oder lang erste Unternehmen sehen, die kein Bargeld mehr annehmen», sagte Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE). Neben der nachlassenden Nachfrage sähen sich die Unternehmen mit stetig steigenden Kosten im Bargeldhandling konfrontiert.

Eine im Mai veröffentlichte Studie des Handelsforschungsinstituts EHI kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Scheine und Münzen beim Einkaufen infolge der Pandemie eine geringere Rolle spielen. Immer häufiger griffen Kundinnen und Kunden beim Bezahlen statt zum Bargeld zur Karte. Dadurch stieg der Umsatzanteil der Kartenzahlungen im stationären Handel von 50,5 Prozent 2019 auf 58,8 Prozent im vergangenen Jahr. Am beliebtesten war dabei die Girocard.

Eine erhöhte Bargeldnachfrage stellte die Bundesbank in diesem Jahr nach dem mehrtägigen Ausfall Tausender Zahlungsterminals im Handel fest. Ende Mai hatten viele Kunden beim Einkauf nicht mehr mit Giro- oder Kreditkarten zahlen können. Betroffen waren unter anderem Filialen von Aldi Nord, Edeka oder der Edeka-Tochter Netto.

«Wir waren ehrlicherweise überrascht und natürlich nicht amüsiert über das, was da stattfand», sagte Balz. «Für uns als Bundesbank ist auch klar, dass wir diesen Fall noch sehr präzise aufarbeiten müssen.» Dass etwa 10 Prozent der Kartenterminals auf einmal ausgefallen seien, sei «eine völlig inakzeptable Situation, das geht schon sehr klar in Richtung eines systemischen Risikos.»


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zum fünften Mal vergibt die Bundesregierung den CSR-Preis und zeichnet Unternehmen aus, die sich durch sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften hervorheben. Bis zum 30. September können Sie sich mit Ihrem Unternehmen jetzt noch darum bewerben.

Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, weiß in der Regel welche Tätigkeiten der Job beinhaltet. Kleine Abweichungen sind meist unproblematisch. Doch was, wenn die oder der Vorgesetzte plötzlich verlangt, eine völlig neue Aufgabe zu übernehmen, die offenbar nichts mit den ursprünglichen Tätigkeiten zu tun hat?

In Deutschland muss die Arbeitszeit erfasst werden – soweit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Was ist wirklich Vorschrift? Und was ist mit Vertrauensarbeitszeit? Die Rechtslage im Überblick.

In der neusten Folge von „Das geht! – Ein DRV-Podcast“ erzählt der Chef von über 600 Beschäftigen wie er noch vor dem Einstieg bei Upstalsboom den künftigen Mitarbeitern ihre Talente und Fähigkeiten abseits der fachlichen Qualifikation entlockt. 

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Betriebsrenten attraktiver machen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat. Es soll für Unternehmen Anreize schaffen, mehr Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.

Mit einem Kraftakt könnte es einem Modell zufolge bis 2035 gelingen, rund 1,5 Millionen 55- bis 70-Jährige für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. In Personalnot-Zeiten eine enorme Zahl.

Wenn Daten zu Einkommen und Krediten nahezu offen im Internet stehen, ist das eine Einladung für Kriminelle. Ein IT-Experte und der Chaos Computer Club haben womöglich Schlimmeres verhindert und Datenlecks bei Check24 und Verivox aufgedeckt. Check24 bezeichnet sich selbst auch als größtes deutsches Reiseportal, das auch Hotelzimmer vermittelt.

Bürobeschäftigte in deutschen Metropolen fahren einer Umfrage zufolge wieder öfter zur Arbeit ins Unternehmen. Angestellte in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart kamen zuletzt im Schnitt an 3,6 Tagen pro Woche ins Büro. Damit nähere sich die Büroanwesenheit dem Vor-Corona-Niveau an.

Die Digitalisierung und damit unter Umständen auch Beschleunigung im Prozess der Beantragung von Arbeitsmarktzulassungen für ausländische Beschäftigte schreitet weiter voran. Welche Neuerungen es gibt.

538 Euro - mehr dürfen Minijobberinnen und Minijobber im Monat nicht verdienen, sonst werden Sozialabgaben fällig. Es gibt aber Zahlungen, die für diese Verdienstgrenze unerheblich sind.