Befristeter Vertrag - Müssen Mitarbeiter zur Stellensuche freigestellt werden?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Rückt das Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses näher, stehen für Beschäftigte häufig zahlreiche Termine an. Schließlich müssen sie sich um eine neue Anstellung kümmern und haben dafür Gespräche mit dem Arbeitsamt oder Job-Interviews. Aber wann ist Zeit dafür, wenn Beschäftigte weiterhin arbeiten müssen? Muss ihr Arbeitgeber sie zur Stellensuche freistellen?

Ja. Wie Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh, erklärt, ergebe sich das Recht auf eine Freistellung zur Stellensuche bei auslaufendem Arbeitsvertrag nach herrschender Auffassung aus Paragraf 629 im Bürgerlichen Gesetzbuch. Und zwar unabhängig davon, ob Beschäftigte vom Arbeitgeber eine Kündigung erhalten haben oder ob ihr Vertrag endet.

Konkret ist dort festgelegt, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern während der Kündigungsfrist Freizeit zur Stellensuche gewähren muss. Der Anspruch auf Freistellung gilt dabei nicht nur für ein konkretes Vorstellungsgespräch, sondern etwa auch für Termine bei der Agentur für Arbeit oder bei einer Jobvermittlung.

Wie viele Vorstellungsgespräche sind zulässig?

«Der Anspruch auf Vergütungszahlung während dieser Zeit ist zudem in einer ganz allgemeinen Regelung im Gesetz zu finden», erklärt der Fachanwalt weiter. Paragraf 616 BGB im Bürgerlichen Gesetzbuch besagt nach seinen Worten, dass Beschäftigte unter Entgeltfortzahlung freigestellt werden, wenn sie vorübergehend ohne eigenes Verschulden an der Ausübung ihrer Dienste verhindert sind. «Das gilt eben auch bei Gelegenheiten wie Bewerbungsgesprächen für die Stellensuche.» 

Wie häufig der Arbeitgeber einer Freistellung für solche Termine zustimmen muss, lässt sich nicht pauschal sagen. Schipp zufolge ist bei einem befristeten Arbeitsverhältnis, das über längere Zeit besteht, auch vorstellbar, dass der Arbeitgeber «fünf Vorstellungsgespräche geballt in einer Woche» hinnehmen muss.

Zur Person: Johannes Schipp ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und war bis August 2021 Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV. 


Notizblock

Internet

Redaktionelle Hinweise

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.

Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, zeigen aktuelle Daten. Oft passen Erwartungen und Angebot nicht zusammen. Was heißt das für Jugendliche auf Stellensuche? Ein Experte erklärt es.

Nach drei Jahren mit massivem Reallohnrückgang holen die Tarifbeschäftigten in Deutschland mächtig auf. Ihre Gehälter wachsen so schnell wie seit langem nicht. Das wird aber nicht so bleiben.

Die Betriebsferien ermöglichen es Arbeitgebern, einen Zeitraum festzulegen, in dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Urlaub nehmen müssen. Aber: Einfach so und spontan geht das nicht.

In der Corona-Pandemie haben zahlreiche Beschäftigte von zu Hause gearbeitet. Trotz aktueller Debatten über die Rückkehr ins Büro zeigt eine neue Studie: In vielen Firmen ist das Homeoffice etabliert.

Azubis dringend gesucht – mehr denn je ist das leider für viele Unternehmen eines der drängenden Probleme. In ihrer Ausbildungsumfrage 2024 meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Höchststand für die Zahl der Betriebe, die nicht genug Nachwuchs finden.

Sie haben Ihren Urlaub geplant, doch dann trifft eine unerwartete Urlaubssperre durch den Chef ein? Aus welchen Gründen kann das möglich sein und wie lang darf eine Urlaubssperre andauern?

Zum Jahresbeginn 2025 tritt der neue Gefahrtarif der Berufs­genossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) in Kraft. Auf dieser Grundlage berechnet die BGN die Beiträge für ihre Versicherungs- und Betreuungsleistungen.

Ausbildungsplatz sucht Azubi - so kann man die Lage vieler Betriebe inzwischen beschreiben. Die Industrie- und Handelskammer schlägt Alarm - und die Firmen müssen kreativ werden.