«Ende des metrischen Martyriums» - Ein Pint Wein, please!

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

In britischen Pubs fassen Biergläser in der Regel ein Pint - das sind 0,568 Liter. Künftig sollen die Menschen in Großbritannien auch wieder Wein und Sekt in Pint-Flaschen kaufen können. Wie das Wirtschaftsministerium in London am Mittwoch ankündigte, sind 0,568-Liter-Flaschen zusätzlich zu 0,2- und 0,5-Liter-Flaschen genehmigt. Das gelte für Kneipen und Restaurants ebenso wie für Supermärkte. Käuferinnen und Käufer erhielten damit mehr Flexibilität und Auswahl. Das Ministerium betonte, Grund für die Änderung seien die «Brexit-Freiheiten». Mit dem Austritt aus der EU ist die Branche nicht mehr an EU-Vorgaben gebunden.

Im Vereinigten Königreich wurden pintgroße Sektflaschen bis zum EU-Beitritt 1973 verkauft. Danach wurde die Produktion eingestellt, da sie nicht den EU-Gewichts- und Maßvorschriften entsprachen, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Nun erhielten die gut 900 britischen Weingüter mehr Freiheiten, betonte das Ministerium. Zudem dürfen nun 0,2-Liter-Flaschen Wein sowie 0,5-Liter-Flaschen Sekt verkauft werden - was bisher nicht erlaubt war. Eine Pflicht, diese Größen zu nutzen, gibt es aber nicht. Bisher gibt es bereits Bier, Cider und Milch in Pint-Flaschen und -Behältern.

Wirtschafts-Staatssekretär Kevin Hollinrake sagte, die Ankündigung erlaube Produzenten und Konsumenten mehr Innovation, Freiheit und Auswahl. «Bei unserem Austritt aus der EU drehte sich alles um Momente wie diesen, in denen wir neue Möglichkeiten nutzen und unseren großartigen britischen Weingütern und dem weiteren Wirtschaftswachstum einen echten Schub verleihen können», sagte Hollinrake. Der Branchenverband Wine GB begrüßte den Schritt.

Kritiker werfen der konservativen Regierung hingegen vor, sie wolle mit der populistischen Maßnahme im Jahr einer wahrscheinlichen Parlamentswahl vor allem traditionelle Wähler zufriedenstellen und von deutlich schwerwiegenderen Problemen wie hohen Lebenskosten ablenken. Die Tories würden stets über angebliche Brexit-Freiheiten reden, echte positive Änderungen gebe es aber kaum. Marktkenner betonten zudem, es sei unwahrscheinlich, dass französische, italienische oder deutsche Winzer eigens für den britischen Markt andere Flaschengrößen einführten.

Die Weinproduktion ist in Großbritannien noch immer verschwindend gering im Vergleich zu Ländern wie Deutschland, aber in den vergangenen Jahren stark gewachsen. 2022 wurden rund 12,2 Millionen Flaschen Wein und Sekt hergestellt, das war ein Plus von 130 Prozent im Vergleich zu 2017. Die allermeisten Weingüter liegen in England.

Die Branche hofft, dass der Brexit ein schnelleres Wachstum ermöglicht. Im Mai hatte die Regierung Beschränkungen aufgehoben, die die Herstellung neuer Verschnitte verhinderten. Abfüller dürfen zudem nun importierten Wein in Schaumwein umwandeln. Auch Vorschriften für Verpackungen - wie Verschlussfolien für bestimmte Schaumweine - wurden beendet, um günstigere Alternativen zu ermöglichen.

In einem anderen Punkt, den der ehemalige Premierminister Boris Johnson als Brexit-Freiheit beworben hatte, rudert die Regierung allerdings zurück. Nach «sorgfältiger Prüfung» werde sie keine Gesetze zur Änderung der Maßeinheiten einleiten, teilte sie mit. Den Plänen zufolge sollte es dem Einzelhandel möglich sein, das Gewicht ihrer Produkte wie früher in imperialen Einheiten wie Pfund und Unzen anzuzeigen anstelle mit metrischen Bezeichnungen wie Kilogramm.

Brexit-Befürworter hatten das Vorhaben als «Ende der metrischen Martyriums» bejubelt. Doch wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, ergaben Befragungen, dass 98,7 Prozent weiter das metrische System nutzen wollen. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Azubis werden dringender denn je gesucht: In der aktuellen "Ausbildungsumfrage 2024" meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Höchststand bei der Zahl der Betriebe, die nicht genügend Nachwuchs finden. Das Gastgewerbe gehört neben Industrie, Handel, Verkehrsbranche und Baugewerbe zu den am meisten betroffenen Branchen.

Der DEHOGA Bundesverband warnt aktuell vor zwei Betrugsmaschen. So habe der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität Hinweise auf Fake-Rechnungen erhalten. Bei einer zweiten aktuellen Betrugsmasche wird potentiellen Opfern Ware aus der angeblichen Insolvenzmasse eines Getränkemarkts angeboten.

Um das Gehalt aufzustocken, kann sich neben dem eigentlichen Hauptberuf noch ein Minijob eignen. Oder vielleicht sogar mehrere? Folgendes sollten Sie dazu wissen.

Viele der rund 1,2 Millionen Azubis machen einer Umfrage zufolge regelmäßig Überstunden. Angehende Köchinnen und Köche leisten demnach mit durchschnittlich 6,1 Überstunden pro Woche die meiste Mehrarbeit gefolgt von Hotel-Azubis.

Ist der Arbeitsplatz vom Wohnsitz weit entfernt, haben Arbeitnehmer manchmal eine zweite Wohnung in der Nähe vom Job. Welche Kosten für Heimfahrten sie bei der Steuererklärung geltend machen können.

Pizza und Pasta sind nicht nur in Italien in aller Munde: Auch in sechs anderen europäischen Ländern liegt die italienische Küche weit vorn. Am schlechtesten bewerten viele das Essen von der Insel. Das sehen auch die Briten so.

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Die Ent­spannung nach dem Urlaub hält bei vielen Beschäftigten nicht lange an. Jeder dritte Befragte ist bereits in der ersten Arbeitswoche nach dem Urlaub wieder urlaubsreif.

Frauen waren stets unzufriedener mit dem eigenen Einkommen als Männer. Diese Lücke ist einer Studie zufolge zuletzt zumindest kleiner geworden. Abgefragt wurde auch die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit.

Tatsächlich selbstständig oder doch abhängig beschäftigt? Eine Frage, vor der viele Freiberuflerinnen und Freiberufler stehen. Aber was ist eigentlich das Problem?

Wenn Mitarbeiter oder Führungskräfte in der Öffentlichkeit über ihren Arbeitgeber lästern oder gar Geheimnisse ausplaudern, kann sie das ihren Job kosten. Denn Verschwiegenheit ist nicht nur eine Stilfrage, sondern auch ein rechtlicher Anspruch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.