7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen: Erneutes DEHOGA-Schreiben an die Bundesregierung

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In einem erneuten Schreiben an die Bundesregierung und die Parteivorsitzenden der Ampelkoalition hat der DEHGOA Bundesverband noch einmal deutlich gemacht, warum die 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen, aus seiner Sicht, erhalten bleiben müssen. Der Verband hat gegenüber der Politik noch einmal unterstrichen wie dramatisch die aktuelle Lage sei und die zahlreichen Argumente für die Entfristung der 7 Prozent zusammengetragen.

Wenn diese wichtige steuerpolitische Maßnahme zum 31.12.2022 auslaufen würde, wäre dies eine Katastrophe für die Restaurants und in erheblichem Umfang inflationsbeschleunigend, so der DEHOGA. Die Zukunftssicherung der Restaurants und Cafés mit 7 Prozent Mehrwertsteuer sei nicht nur arbeits-, wirtschafts- und gesellschaftspolitisch geboten, sie sei auch aus Gründen der steuerpolitischen Gleichbehandlung überfällig.

 

Angesichts der Vielzahl der aktuellen Belastungen und Herausforderungen – von der nie gekannten Kostenexplosion über die Fragen zur Energiesicherheit bis hin zu den drohenden neuen Coronamaßnahmen - verböten sich Steuererhöhungen, so der Verband. Unabhängig davon sei es dringend geboten, die steuerliche Gleichbehandlung von Essen dauerhaft einzuführen. Dies sei die notwendige wie überfällige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Ertragskraft der Restaurants und Cafés und damit die zentrale Maßnahme zur Zukunftssicherung der Branche, schreibt der Verband.

7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen: Auch die nachstehenden Aspekte und Argumente hat der DEHOGA an die erneut an die Politik gerichtet:

Zur aktuellen Lage:

2022 wird das 3. pandemiebedingte Verlustjahr werden. Die Umsatzrückgänge von Januar bis Mai beziffert das Statistische Bundesamt mit -25,4 % real (nominal -16,9 %).

Seit Monaten erleben wir eine nie gekannte Kostenexplosion. Ausweislich unserer aktuellen Umfrage von dieser Woche belaufen sich die Kostensteigerungen im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat bei Gas auf +60 %, bei Strom +39 %, bei Lebensmitteln +24 %, bei Personal +18 % und bei Getränken +15 % (siehe dazu angehängte Grafik).

Der Kostendruck wird weiter steigen, es liegen bereits Ankündigungen der Energieversorger mit Preiserhöhungen von 300 bis 500 % vor.

Hinzu kommt die große Sorge, ob die Energiesicherheit für alle Betriebe des Gastgewerbes im Winter gewährleistet ist.

Auch die Verbraucher sind erheblich von der Energiekrise betroffen, viele Unternehmen stellen bereits heute eine Konsumzurückhaltung der Gäste fest. Gastronomen wissen, dass notwendige Preisanpassungen Grenzen gesetzt sind, sie dürfen den Gast nicht überfordern, da ansonsten der Gast auf den Restaurantbesuch verzichtet.

Ab Oktober drohen neue Corona-Maßnahmen, die erneut erhebliche Umsatzverluste erwarten lassen. Das Statistische Bundesamt ermittelte in den letzten Wintermonaten Umsatzverluste von rund 30 %. (Dez. 2021 -40,8 % real, -36,5 % nominal).

All dies führt dazu, dass die Sorgen und existenziellen Nöte der Unternehmer wie auch Mitarbeiter wieder wachsen.

Die Personalkosten sind bereits vor Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns im erheblichen Umfang gestiegen, durchschnittlich um 18 %. Verantwortlich dafür, Tarifabschlüsse mit zweistelligen Erhöhungen vor Inkrafttreten des gesetzlichen Mindestlohns. Der Mitarbeitermangel und die Inflation erhöhen den Lohndruck in einem nie gekannten Ausmaß.

Die 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen leisten bereits einen ganz wichtigen Beitrag dazu, dass die höheren Entgelte für die Beschäftigten gezahlt werden können. Der Mitarbeitermangel, der durch die coronabedingten Lockdowns und Beschränkungen erheblich verschärft wurde, ist derzeit eine der größten Herausforderungen. Nur mit 7 % Mehrwertsteuer haben die Betriebe bislang den Spielraum die höheren Löhne zu bezahlten, um die Mitarbeiter zu halten und neue zu gewinnen.

Für die dauerhafte Geltung der 7 % Mehrwertsteuer sprechen viele weitere Fakten und Argumente.

Fakt ist, dass aktuell in 22 EU-Staaten (3 davon temporär) kein Unterschied gemacht wird zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant (siehe dazu DEHOGA-Karte „Mehrwertsteuersätze für Gastronomie in der EU“ im Anhang). Mit der dauerhaften Geltung von 7 % wird den Restaurants die Wertschätzung gezeigt, die sie in den meisten EU-Ländern genießt.

7 % Mehrwertsteuer leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der gastronomischen wie kulinarischen Vielfalt in unserem Land. Restaurants, Cafés, Bistros und Bars haben eine hohe Bedeutung für die Gesellschaft, sie sind ihre „öffentlichen Wohnzimmer“, beliebte Treffpunkte der Kommunikation und bieten den Gästen Kurzurlaub vom Alltag. Nie wurde es deutlicher als in den neun Lockdown-Monaten, wie sehr unsere Betriebe vermisst wurden und welchen Stellenwert sie für die Menschen in unserem Land haben. Die gastronomischen Betriebe schaffen Lebensqualität und erhöhen die Standortattraktivität in den Städten wie im ländlichen Raum.

Mit 7 % wurde die überfällige Gleichbehandlung gegenüber anderen Mitbewerbern geschaffen. Die reduzierte Mehrwertsteuer stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Gastronomie. In Zeiten, in denen der Lebensmitteleinzelhandel sowie Supermärkte und Tankstellen ihr verzehrfertiges Angebot To Go immer weiter ausbauen und damit klar in Konkurrenz zur klassischen Gastronomie treten, kommt es mehr denn je auf fairen Wettbewerb an. Es wäre widersprüchlich und wettbewerbsverzerrend, frisch zubereitetes Essen in unseren Restaurants ab 1. Januar 2023 wieder mit 19 % zu besteuern, während auf Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Essenlieferung weiterhin nur 7 % Mehrwertsteuer erhoben werden.

Steuersystematisch ist es nicht möglich, zwischen Lebensmitteln und Essen zur Mitnahme oder der Essenslieferung zu differenzieren. Deshalb ist es nur konsequent, Essen unabhängig von der Zubereitung oder dem Verzehrort einheitlich mit 7 % zu versteuern. Dieses ist in der EU die Regel und nicht die Ausnahme.

Klimaschutz und nachhaltiges Handeln rücken immer stärker in den Fokus der Politik, aber auch der Wirtschaft. Nie wurde intensiver darüber diskutiert als heute. Das Bewusstsein für die Ressourcenschonung, die Energieeffizienz und die Vermeidung unnötiger Abfälle wächst von Tag zu Tag. Da wäre es geradezu grotesk, wenn das auf dem Porzellanteller angerichtete Essen im Restaurant wie vor der Pandemie mit 19 % besteuert würde und das Essen To Go, das verpackte Essen beim Lieferservice oder die Fertiggerichte aus dem Supermarkt weiterhin mit 7 % besteuert würden.

7 % Mehrwertsteuer fördern die frische Zubereitung und stärken die regionale Küche. Damit wird die Basis für regionale Wirtschaftskreisläufe mit Landwirten, Metzgern und Bäckereien gelegt.

7 % Mehrwertsteuer fördern die gute und gesunde Ernährung – auch und gerade in den Schulen und Kitas. Alle Kinder und Jugendlichen sollten sich unabhängig der familiären Situation und des finanziellen Backgrounds der Eltern in den Bildungseinrichtungen gesund, ausgewogen und nachhaltig ernähren können. Mit mehr finanziellen Möglichkeiten beim Kauf von regionalen wie ökologisch erzeugten Lebensmitteln, insbesondere auch von hochwertigem Obst und Gemüse, kann das Angebot einer ernährungsphysiologisch ausgewogenen Kost für die Kinder ausgeweitet werden – und das zu bezahlbaren Preisen. Für die Sicherstellung der Ernährungsqualität bei zugleich akzeptablen Elternbeiträgen, muss der Mehrwertsteuersatz für Kita- und Schulverpflegung deshalb bei 7 % bleiben.

Mit der dauerhaften Anwendung von 7 % in der Kita- und Schulverpflegung würden Gesellschaft und Politik der Ernährung unserer Kinder die Wertschätzung zeigen, die immer wieder betont wird und damit einen wichtigen Beitrag zur aktiven Gesundheitsprävention leisten.

7 % Mehrwertsteuer sichern und schaffen Arbeitsplätze. Gastronomie ist unglaublich arbeitsintensiv, auf den gleichen Umsatz kommen in der Gastronomie sechsmal so viele Beschäftigte wie im Lebensmitteleinzelhandel. In den zehn Jahren vor der Pandemie war die Branche ein unglaublicher Jobmotor – mit einem Zuwachs bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 36 % im Gastgewerbe gegen- über der Gesamtwirtschaft mit 21 % in den Jahren 2009 bis 2019. Wir schaffen Arbeitsplätze für Fachkräfte wie für Geringqualifizierte. An die Beschäftigungserfolge wollen wir wieder anknüpfen. Zudem hat die Pandemie den Arbeitskräftemangel erheblich verschärft. Rund 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hat das Gastgewerbe an andere Branchen verloren. Mitarbeiter zurückzuholen und neue zu gewinnen, ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Auch dafür ist die dauerhafte Geltung von 7% Mehrwertsteuer von elementarer Bedeutung.

 7 % Mehrwertsteuer geben Spielräume für Investitionen und unterstützen eine nachhaltige Unternehmensführung. Restaurants und Cafés haben regelmäßig einen deutlich höheren Investitionsbedarf in Mobiliar, Design, Porzellan, Floristik etc. als Betriebe, die nur To Go oder Lieferservice anbieten. Sie realisieren nicht unerhebliche Umsätze in den entsprechenden Wirtschaftszweigen und sichern auch dort Arbeitsplätze.

Für die Attraktivitätssteigerung der Innenstädte ist ein vielfältiges gastronomisches Angebot von Restaurants und Cafés unverzichtbar. Zukunftssicherung für unsere Innenstädte zu betreiben, ist nach der Pandemie das Gebot der Stunde. Dies gelingt nur mit wettbewerbsfähigen Marktteilnehmern. Die 7 % leisten einen direkten Beitrag zur Existenzsicherung und fördern Existenzgründungen, dies kommt den Innenstädten in Groß- wie auch in Kleinstädten zugute. Das Vorhandensein eines vielfältigen Gastronomieangebots erhöht die Lebensqualität für die Einwohner einer Kommune. Restaurants und Cafés schaffen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und bieten Minijobs für Schüler, Studenten und Rentner.


 

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