Bayern prescht mit Lockerungen der Corona-Regeln vor

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Bayern drückt bei der Lockerung der Corona-Regeln aufs Tempo: Noch vor den neuen Bund-Länder-Verhandlungen am Mittwoch hat das Kabinett eine Fülle von Erleichterungen sowohl für Geimpfte als auch für Ungeimpfte beschlossen. Diese gelten in Bayern schon von Donnerstag an. Die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene entfallen komplett, zudem werden die Corona-Zugangsregeln gelockert: Geimpfte und Genesene brauchen künftig nirgendwo mehr einen zusätzlichen Test. Und zu einigen weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens, etwa Hochschulen und Museen, haben dann auch Ungeimpfte wieder Zugang - wenn sie einen aktuellen negativen Test vorweisen.

Für die Gastronomie stellte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettssitzung eine Lockerung der Corona-Regeln für nach Fasching in Aussicht. Dann sollen voraussichtlich auch Clubs und Diskotheken nach langer Corona-Zwangspause wieder öffnen dürfen. Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) machten darüber hinaus Hoffnungen auf Volksfeste in diesem Jahr. Im Landtag stritten Koalition und Opposition heftig über die Corona-Politik - die Opposition warf Söder unter anderem Egoismus und Populismus vor.

«Wir können heute feststellen, dass der Höhepunkt wohl von Corona erreicht ist», sagte Söder. Die Tendenz der Zahlen sei sogar leicht fallend, und die Krankenhaus-Zahlen seien stabil. «Deswegen ist es notwendig, den stufenweisen Einstieg in den Ausstieg zu planen und auf den Weg zu bringen. Dies ist kein Wagnis, sondern klar und bewusst entschieden. Bayern ist Team Vorsicht, aber eben auch Team Freiheit und Hoffnung», sagte Söder. Bayern sei nicht «Team Stur». Man gehe alleine nach dem «objektiven Maßstab» der Gefährlichkeit: «Droht eine Überlastung des Gesundheitssystems: Ja oder nein?» Und Omikron sei eben weit weniger gefährlich als frühere Varianten.

Von der Bund-Länder-Runde erwartet Söder Weichenstellungen für ganz Deutschland - insbesondere auch für die Zeit ab Mitte März, wenn die gesetzliche Grundlage für die meisten Corona-Schutzmaßnahmen auslaufen soll. Dies sei möglich - es brauche dann aber weiterhin ein «Basis-Vorsorgepaket», betonte Söder. Dieses «Schutzpaket» müsse Dinge wie die Maskenpflicht, Test-Fragen und Abstandsregeln beinhalten. Söder fügte hinzu: «Und es braucht dazu noch, zweitens, eine Notfall-Strategie für den Herbst, sollte eine neue Mutation, eine neue Welle kommen, die wieder eine andere Gefährdung hat.»

In einigen Bereichen, etwa was die Öffnung von Clubs und Diskotheken angeht, will Söder nicht vorpreschen, sondern eine bundeseinheitliche Regelung abwarten. «Bei der Gastronomie glauben wir auch, dass der Weg von 2G auf 3G möglich ist, und auch, dass man bei Discos und Clubs und Bars auf 2G plus gehen kann», sagte er. Das wolle man aber gemeinsam machen. «Denn für uns ist ganz wichtig, dass wir am Ende keinen Party- oder Disco-Tourismus dann bekommen», erklärte er.

Nach seinem Vorstoß, die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht zunächst «de facto» aussetzen zu wollen, schlug Söder nun mildere Töne an. «Wir bleiben natürlich rechtstreu», sagte er. Es dürfe aber kein Pflege-Chaos entstehen. Im Kabinettsbeschluss heißt es, Bayern stehe zu der Impfpflicht für Personal von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Zwischen Bund und Ländern sei ein «pragmatischer Dialog» nötig, um Probleme bei Umsetzung und Ausgestaltung zu lösen.

Die Bundesregierung habe inzwischen Schritte in die richtige Richtung unternommen und nachgebessert, sagte Söder. Es müsse aber noch weitergehen. «Wenn die einrichtungsbezogene Impfpflicht umsetzbar ist, dann liegt das an Bayern», sagte er. Der Freistaat habe Druck gemacht.

Am Montag vergangener Woche hatte Söder gesagt, er wolle großzügige Übergangsregelungen» ausschöpfen, was «de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft». Dafür hatte er viel Kritik insbesondere aus Berlin einstecken müssen - und dafür attackierten ihn nun auch Oppositionsredner in einer Corona-Debatte im Landtag.

«Sie haben den Kanister mit Brandbeschleuniger für die Querdenker-Szene bereitgestellt», sagte etwa Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann zu Söder. Von einer Landesregierung müsse man allerdings erwarten können, Teil der Lösung zu sein, nicht Teil des Problems. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn warf Söder vor, dieser stehe «nur noch für Zickzack, für destruktive Opposition und für prinzipienlosen Populismus». Söder habe sich aus der gemeinsamen Verantwortung für die Menschen verabschiedet. Er empfehle dem CSU-Vorsitzenden als neuen Wahlkampfslogan: «Söder - näher am Ich».

FDP-Fraktionschef Martin Hagen kritisierte, Söder agiere nicht als Mannschaftsspieler, sonder als Einzelkämpfer, der immer eine bayerische Extra-Wurst brauche. AfD-Fraktionschef Ulrich Singer verlangte ein sofortiges Ende aller «überzogenen Maßnahmen».

Mit Blick auf mögliche Volksfeste in diesem Jahr sagte Söder, er glaube, dass man mit Zuversicht in die Zukunft schauen könne. «Das gilt auch für manches Volksfest und manche Veranstaltungen, die dann, glaube ich, möglich sind.» Aiwanger sagte, gemeinsam mit den Schaustellerverbänden solle es Ende Februar einen runden Tisch geben, um die Rahmenbedingungen zu vereinbaren. Er sei der Überzeugung, dass in Bayern dieses Jahr wieder Volksfeste abgehalten werden könnten. Dies könne er noch nicht final verkünden, aber er gehe stark davon aus, dass man derartige Feste «ins Auge fassen und realiseren» könne.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rechtfertigte in seiner Regierungserklärung die Öffnungsschritte, warnte aber auch vor einem sofortigen Ende aller Maßnahmen und auch vor einem Auslaufen der Maskenpflicht - die werde es noch länger brauchen. «Wir dürfen uns nie zu sicher fühlen, dass alles schon vorbei ist und dass wir völlig durch sind», sagte Holetschek. Man könne nun vorsichtig lockern. «Wir dürfen aber nicht gleich Vollgas fahren. Wir müssen bremsbereit sein, und wir müssen die Kontrolle über das Steuer auch bewahren.»

Der Bundesregierung warf Holetschek Schlampigkeit und Versagen in der Corona-Politik vor. Er frage sich, was die Regierungskoalition überhaupt geleistet habe, nämlich gar nichts. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass in Berlin «ein Fehler nach dem anderen» begangen werde. Die Ampel-Parteien warfen Holetschek reine Oppositions-Rhetorik vor. (dpa)


 

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