Bundestag und Bundesrat sollen heute regionale Gastro-Lockdowns ermöglichen

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Im Kampf gegen die Corona-Pandemie sollen Bundestag und Bundesrat an diesem Freitag eine erste begrenzte Impfpflicht und weitere Krisenregelungen beschließen.

Die Gesetzespläne der neuen Koalition von SPD, FDP und Grünen sehen vor, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis Mitte März 2022 Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen. Neben Ärzten sollen auch Apotheken, Zahnärzte und Tierärzte mitimpfen können. Ergänzt und verlängert werden sollen Möglichkeiten für die Länder zu regional härteren Beschränkungen.

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte am Donnerstagabend gemeinsame Anstrengungen mit den Ländern für eine deutliche Beschleunigung der Impfungen an. Mit Blick auf die neue Virusvariante Omikron sagte er nach einer Schaltkonferenz mit den Regierungschefs, es sei nun umso dringender, dass möglichst Viele eine Auffrischimpfung bekämen. Gleichzeitig machten Bund und Länder deutlich, dass es keine zusätzlichen Beschränkungen über die Weihnachtsfeiertage geben, die Lage aber beobachtet werden soll. Nächste Woche soll ein Expertenrat auch genauere Einschätzungen zu Omikron geben, wie der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der Nordrhein-Westfale Hendrik Wüst (CDU), sagte. Wenn nötig, solle dann agiert werden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte das Bekenntnis zur Intensivierung der Impfungen, vermisste aber eine Entscheidung über den Umfang einer vollständigen Impfung. «Die vom neuen Bundesgesundheitsminister aufgeworfene Frage, ob für den 2G-Status zukünftig drei Impfungen erforderlich sind, wurde nicht entschieden», kritisierte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Freitag). «Das ist bedauerlich, denn so hätte ein deutlicher Anreiz für die Booster-Impfung gesetzt werden können.»

Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, der Bayer Klaus Holetschek (CSU), sagte dem TV-Sender Welt: «Im Moment spricht viel dafür, dass man erst nach drei Impfungen vollständig geimpft sein wird.» Die Fachminister würden am Montag oder Dienstag darüber reden.

Lauterbach hatte im ZDF gesagt: «Die Impfung ist nur abgeschlossen, wenn man dreimal geimpft wurde.» Das sei die neue Realität, um vor der Omikron-Variante einigermaßen geschützt zu sein.

Allerdings gab es am Abend einen Bericht über Omikron-Infektionen trotz dritter Impfung. Dies soll nach einer Untersuchung bei sieben Deutschen in Südafrika der Fall gewesen sein, wie Wolfgang Preiser, Mitglied des Forschungskonsortiums, das die Variante entdeckt hat, dem Berliner «Tagesspiegel» (Freitag) sagte. Aber: «Das darf man natürlich nicht falsch verstehen, dass die Impfung nicht helfe.» Auch die Hersteller Biontech/Pfizer gehen davon aus, dass ihr Impfstoff weiterhin vor einer schweren Erkrankung schützt.

Bis März wollen sie - unter Vorbehalt der behördlichen Genehmigung - einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff bereitstellen. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit an der Beschaffung, wie Lauterbach in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner» sagte. Die laufe auf EU-Ebene wie auch in bilateralen Gesprächen. Er ging zudem davon aus, dass die bis Weihnachten angestrebte Zahl von 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischimpfungen auch nicht ausreichen wird.

Das Robert Koch-Institut (RKI) riet im neuen Wochenbericht trotz des leichten Rückgangs der Neuinfektionen zu stärkeren Anstrengungen gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, hieß es am Abend. «Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden.»

Die neuen Ampel-Gesetzespläne sollen beides (wieder) ermöglichen. Sie sollen zunächst im Bundestag beschlossen werden und direkt im Anschluss auch in der Länderkammer. Ein Überblick:

- Spezial-Impfpflicht: Beschäftigte in Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen sollen bis Mitte März 2022 Nachweise über vollen Impfschutz oder eine Genesung vorlegen müssen - oder eine Arzt-Bescheinigung, dass sie nicht geimpft werden können. Neue Beschäftigte brauchen das ab dann von vornherein.

- Mehr Impfungen: Über Ärzte hinaus sollen befristet auch Apotheker, Tier- und Zahnärzte Menschen ab 12 Jahren impfen dürfen. Voraussetzung sollen eine Schulung und geeignete Räumlichkeiten oder Einbindungen in mobile Impfteams sein.

- Regionale Maßnahmen I: Bei sehr kritischer Lage können die Länder, nach einem Parlamentsbeschluss, schon härtere Vorgaben für Freizeit oder Sport anordnen - aber nach einem ersten Ampel-Gesetz keine Ausgangsbeschränkungen oder pauschale Schließungen von Geschäften und Schulen. Nun soll präzisiert werden, dass Versammlungen und Veranstaltungen untersagt werden können, die keine geschützten Demonstrationen sind - besonders im Sport mit größerem Publikum. Klargestellt wird, dass Schließungen etwa der Gastronomie möglich sind - aber nicht von Fitnesscentern und Schwimmhallen.

- Regionale Maßnahmen II: Einzelne Länder hatten kurz vor Ende der «epidemische Lage von nationaler Tragweite» am 25. November noch auf dieser alten Rechtsgrundlage umfassendere härtere Maßnahmen beschlossen. Diese können bisher bis 15. Dezember in Kraft bleiben. Laut jüngstem Entwurf soll die Frist bis 19. März verlängert werden.

- Testpflichten: Für Beschäftigte und Besucher in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen wurden schon Testpflichten festgelegt. Nun soll laut Entwurf präzisiert werden, dass Patienten und «Begleitpersonen, die die Einrichtung oder das Unternehmen nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten» nicht als Besucher gelten - also Eltern beim Kinderarzt oder Helfer bei Menschen mit Behinderung.

- Kliniken: Kliniken sollen wieder Ausgleichszahlungen erhalten etwa für frei gehaltene Betten oder Belastungen durch Patientenverlegung.

- Kurzarbeitergeld: Ein Aufstocken des schon bis Ende März verlängerten Kurzarbeitergelds soll ermöglicht werden. Demnach sollen ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent der Nettoentgeltdifferenz gezahlt werden - wenn ein Kind im Haushalt lebt, 77 Prozent. Ab dem siebten Bezugsmonat sind 80 und mit Kind 87 Prozent geplant. Dies soll für Beschäftigte gelten, die bis zum 31. März 2021 während der Pandemie einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatten. Außerdem sollen die Beschäftigten, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind, für die Zeit von Januar bis März 2022 einen Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze erhalten. (dpa)


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