Gastgewerbe im Südwesten sieht drei große Unsicherheiten in Herbst und Winter

| Politik Politik

Nach Milliardeneinbußen wegen Corona im vergangenen Jahr und einer Erholung im laufenden Jahr, blickt das besonders hart getroffene Gastgewerbe auf einen unsicheren Herbst und Winter. «Wir sehen vor allem drei große Unsicherheiten», sagte Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Die kommenden Monate seien belastet durch die Auswirkungen der Inflation auf das Konsumverhalten, die Energiesicherheit und die Entwicklung der Corona-Pandemie. Dennoch seien die Buchungslage und Nachfrage aktuell gut, was die Branche grundsätzlich optimistisch stimme, sagte Ohl. Vereinzelt berichteten die Betriebe aber bereits von einem Konsumrückgang.

Die Bruttoumsätze im Tourismus lagen laut einer Studie 2021 fast 7,6 Milliarden Euro unter dem Wert von 2019. Mit insgesamt 17,8 Milliarden Euro gaben Gäste in Baden-Württemberg fast ein Drittel weniger aus als vor der Krise. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichten Analyse des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr, die alle zwei Jahre im Auftrag des Tourismus- und Wirtschaftsministeriums in Baden-Württemberg erstellt wird.

Mittlerweile hat sich die Situation deutlich verbessert, wie kürzlich veröffentlichte Zahlen des Statistischen Landesamts zeigten. Im Juni lag die Zahl der Übernachtungen bei 5,4 Millionen und damit nur noch 3,1 Prozent unter dem Wert vom Juni 2019. In der ersten Jahreshälfte 2022 wurden mehr als doppelt so viele Übernachtungen wie im Vorjahreszeitraum verzeichnet.

Insgesamt habe sich im ersten Halbjahr eine deutliche Erholung abgezeichnet, die sich angesichts der laufenden touristischen Hochsaison weiter fortsetzen dürfte, hieß es von den Statistikern. Wann genau das Vorkrisenniveau erreicht wird, hängt laut Dehoga-Sprecher Ohl jedoch davon ab, wie normal die Betriebe in den nächsten Monaten arbeiten können.

Die Studie belege die drastischen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie mit Zahlen und Daten, sagte Tourismusstaatssekretär Patrick Rapp (CDU). «Nach derzeitigen Berechnungen verzeichnete der Tourismus in Baden-Württemberg im Jahr 2021 wöchentliche Umsatzeinbußen von circa 145,3 Millionen Euro.» Auch wenn die Branche sich 2022 zunächst erholen konnte, seien mit dem Krieg in der Ukraine neue Unsicherheiten verbunden. Der Tourismus habe auch Auswirkungen auf andere Branchen im Land, sagte Rapp.

Den Zahlen zufolge fiel der Umsatzeinbruch im Gastgewerbe mit einem Minus von knapp 40 Prozent besonders heftig aus. Aber auch Einzelhandel und sonstige Dienstleistungsbereiche litten unter den deutlich geringeren Gästezahlen und verzeichneten Einnahmeeinbußen von 19 und 28 Prozent. Und während rechnerisch vor der Pandemie noch 380 000 Menschen vom Tourismus leben konnten, fiel diese Zahl auf 250 000. Es sei zu befürchten, dass der Großteil der abgewanderten Beschäftigten nicht in die Branche zurückkehre, sagte Rapp.

Der Löwenanteil der Einnahmen kam auch 2021 von Tagesgästen: Sie ließen rund 10,3 Milliarden Euro in Baden-Württemberg. Das waren rund 17 Prozent weniger als noch 2019. Bei Übernachtungsgästen schlugen Beherbergungsverbote und weitere Corona-Maßnahmen noch heftiger ins Kontor: Hier gingen die Umsätze um rund 42 Prozent zurück und lagen 2021 noch bei 5,4 Milliarden Euro. Durch Übernachtungen in Privathaushalten kamen zusätzlich noch rund 2 Milliarden Euro in die Kassen. Das waren 10 Prozent weniger als 2019. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.

Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern hat die Ausweitung der Steuer von Privat- auf Geschäftsreisende in Schwerin als Abzocke kritisiert. Die Bettensteuer – wie auch die Tourismusabgaben – würden Verbraucher und Betriebe durch höhere Preise und Bürokratie belasten.

Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine gelten bis zum 4. März 2025. Darüber informierte das Bundesinnenministerium den DEHOGA Bundesverband und andere Wirtschaftsverbände.

Tübingen ist vorgeprescht: Kaffeebecher und andere Einwegverpackungen werden in der Uni-Stadt besteuert. Andere Kommunen wollen jetzt nachziehen. Doch es gibt noch ein rechtliches Problem. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.