Mehrwegpflicht-Meldeportal: Greenpeace startet Online-Pranger

| Politik Politik

Mit einem Meldeportal will die Umweltschutzorganisation Greenpeace Druck bei der Umsetzung der seit Jahresbeginn geltenden Mehrwegangebotspflicht im Gastgewerbe machen. Wie Greenpeace mitteilte, ist das im Februar angekündigte Portal am Mittwoch an den Start gegangen. Darüber könnten Verstöße direkt an die jeweiligen Landesbehörden gemeldet werden, hieß es - also in der Regel an die Umweltministerien der Länder. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verweist auf eine schwierige Umsetzung der Norm.

In dem Portal werden die Daten der Geschäfte hinterlegt, die den Regeln aus Sicht der Meldenden nicht nachkommen, ebenso die Art von Verstößen und die persönlichen Daten der Meldenden. Basierend auf der eingegebenen Postleitzahl werde der Hinweis per Mail an die jeweilige Landesbehörde geschickt. Im Idealfall solle die Kommune prüfen, ob die Verstöße weiter bestünden und dann ermahnen, sie zu beenden, erläuterte Greenpeace.

Bei anhaltenden Verstößen und gegebenenfalls nach weiteren Verwarnungen könnten die Behörden dann Bußgelder verhängen. Die Greenpeace-Expertin für Kreislaufwirtschaft, Viola Wohlgemuth, kritisierte, dass fast drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes teils nicht einmal die Zuständigkeiten für die Umsetzung geklärt seien. Auf Basis von Testkäufen in der Gastronomie hatte die Organisation zum Jahresbeginn bemängelt, dass viele Betriebe die Vorgaben nicht einhielten.

Die Mehrwegangebotspflicht gilt seit 1. Januar. Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, müssen ihre Produkte demnach auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Damit sollen Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung darf aber nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 10 000 Euro.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund betonte, da es sich um eine noch «recht junge Pflicht» handele, sei derzeit seitens der Ordnungsbehörden «eine gewisse Anfangstoleranz erkennbar». Sie müssten sich erst auf die neue Vorschrift und die Durchsetzung vorbereiten. Erschwert werde dies, weil bisher noch keine Rechtsprechung dazu vorliege. Einzelne Städte führten aber bereits aktiv Kontrollen durch, sagte Alexander Kramer, Referatsleiter für allgemeines Umweltrecht und Abfallwirtschaft beim Städte- und Gemeindebund. Ob auch Bußgelder verhängt werden oder es zunächst bei Verwarnung und Aufklärung bleibe, liege im Ermessen der jeweiligen Behörden. Daher ließen sich keine Zahlen dazu nennen.

Verstöße seien zudem angesichts der komplexen Vorschriften oft nicht sofort erkennbar, sagte Kramer. So sei zwar festgeschrieben, dass zu den Verkaufsflächen sämtliche für die Kunden frei zugänglichen Flächen wie Sitz- und Aufenthaltsbereiche und beim Lieferservice auch alle Lager- und Versandflächen zählten. «Dies lässt sich vor Ort jedoch nicht ohne weiteres messen.» Auch sei es schwierig, im Falle von Teilzeitbeschäftigten die Zahl der Mitarbeiter festzustellen. Insgesamt sei das Gesetz derzeit noch wenig praktikabel.

Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), zeigt grundsätzlich Verständnis für das Gesetz: „Wir müssen alle unseren Beitrag leisten, um Müll zu reduzieren und Energie zu sparen.“ Jedoch verweist sie darauf, dass die neue Regelung eine große Umstellung für alle Beteiligten sei. Sowohl die Gäste als auch die Anbieter müssten überzeugt werden. „Deshalb plädieren wir dafür, die Praxis so einfach wie möglich zu gestalten. Am besten wäre ein System, das so einheitlich und einfach ist wie etwa unser Pfandflaschensystem.“ 

DEHOGA-Geschäftsführer Jürgen Benad sagt: „Wir brauchen keine private Mehrweg-Polizei. Anprangern und Denunziation sind fehl am Platz“, und weiter: „Statt auf Anzeigen und Strafandrohungen kommt es auf Rechtsklarheit, Aufklärung und konstruktives Miteinander aller Beteiligten an.“ Ein Meldeportal bringe niemanden weiter und sei wenig zielführend. „Der Vollzug der neuen Mehrwegvorgaben liegt im Verantwortungsbereich der zuständigen Behörden in den jeweiligen Bundesländern. Kooperation statt Konfrontation muss das Motto lauten.“ (mit dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

In Frankreich dürfen pflanzliche Alternativen zu Fleischprodukten nicht mehr mit traditionellen Fleischbegriffen beworben werden. Schnitzel, Steak und Schinken müssen jetzt eindeutig tierischen Ursprungs sein und dürfen nicht aus pflanzlichen Proteinen bestehen.

Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der anhaltend hohe Kostendruck, fehlende Mitarbeiter, dazu wachsende Ansprüche an das gastronomische Angebot: Die Contract Caterer in Deutschland stehen vor vielfältigen Herausforderungen.

Am Hessischen Landesarbeitsgericht wollte die Bahn den Lokführerstreik stoppen - und hat auch in zweiter Instanz verloren. Damit geht der Ausstand der GDL weiter.

Millionen Lieferdienst- und Taxifahrer großer Online-Plattformen können auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen. Die EU-Staaten sprachen sich für neue Vorgaben aus, um etwa Scheinselbstständigkeit besser zu verhindern, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Die Lokführergewerkschaft GDL will ab Dienstagmorgen im Personenverkehr streiken, im Güterverkehr schon ab Montagabend. Der Konzern versucht, den Arbeitskampf im letzten Augenblick noch zu verhindern.

Der nächste GDL-Streik bei der Bahn startet schon an diesem Montag im Güterverkehr. Ab Dienstagfrüh trifft es auch Reisende und Pendler - und Fluggäste der Lufthansa.

Die EU will Verpackungsmüll den Kampf ansagen. Geplante neue Regeln werden etwa in Europas Supermärkten und Restaurants zu spüren sein. Deutsche Ziele allerdings sind zum Teil ambitionierter. Fragen und Antworten.

Heute startet die ITB in Berlin. Am Freitag beginnt die Internorga in Hamburg. Menschen aus über 180 Ländern kommen diese Woche nach Deutschland. Die aktuellen Streikankündigungen treffen zehntausende Gäste mit voller Wucht. Branchenvertreter bringt das auf die Zinne.

Der nächste Streik der Lokführergewerkschaft GDL wird nach Darstellung der Deutschen Bahn «massive Auswirkungen» auf den Betrieb haben. Die CSU warf der Gewerkschaft in scharfen Worten einen Missbrauch des Streikrechts vor.

Die Regierung sieht fehlende Fachkräfte als zentrales Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nun treten Regelungen in Kraft, die mehr Nicht-EU-Bürger auf den Arbeitsmarkt locken sollen.