Nach öffentlicher Kritik: DEHOGA-Bayern-Präsidentin setzt die AfD vor die Gasthoftür

| Politik Politik

Der Brauereigasthof Aying, betrieben von der DEHOGA-Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer, hat eine für den 6. Mai von der AfD geplante Veranstaltung gekündigt. Der Rückzug der Wirtefamilie erfolgte nach massiver öffentlicher Kritik. Den Rausschmiss begründen die Inselkammers mit einem Werbevideo der AfD, das Markeninhalte des Unternehmens vereinnahmt habe. 

In der Stellungnahme gehen die Inselkammers in einen Satz auf Distanz zu den Inhalten der AfD und sagen: „Es liegt in der Natur der Sache, dass das gastgebende Haus nicht immer die Meinung des Veranstalters bzw. die Ziele und Inhalte der Partei vertritt. Dies ist im Fall unseres Hauses und der AfD ganz klar der Fall.“ 

Die Inselkammers schreiben in ihrer Stellungnahme aber auch: „Wir sind der Meinung, dass wir mit der Vermietung an demokratische Parteien auch einen Beitrag dazu leisten, den bürgerschaftlichen, politischen Dialog und die Information der Öffentlichkeit zu stärken. Wir sind auch der Meinung, dass in den Veranstaltungsräumen eines Wirtshauses Veranstaltungen stattfinden können müssen, die der Information der Öffentlichkeit dienen. Solange das Ereignis ordentlich, legal und zivilisiert erfolgt.“

Mit anderen Worten: Hätte es das AfD-Werbevideo nicht gegeben, hätten die Rechtspopulisten in den Räumen der DEHOGA-Präsidentin tagen dürfen. Inselkammers schreiben dazu: „Die AfD hat ohne unser Wissen und unsere Zustimmung in einem Werbevideo Markeninhalte unseres Unternehmens für parteipolitische Zwecke vereinnahmt.“ Besagtes Video zeigt übrigens einen älteren Herrn von der AfD, der an der Rezeption, im Biergarten und vor dem Saal, in dem die Veranstaltung hätte stattfinden sollen, erzählt, wobei es bei der Zusammenkunft gehen soll.

In dem Film wird die Veranstaltung beworben, zu der die AfD-Kreisverbände München Land, München Ost und Rosenheim am Montag in den Brauereigasthof Aying geladen hatten, um unter dem Titel „Zukunft Europa in der EU“ mit jeweils Vertretern rechtspopulistischer Parteien aus Österreich, Ungarn, den Niederlanden und Italien zu diskutieren. 
 

Dagegen hatte sich parteiübergreifend die Gemeinderatsfraktionen unter dem Titel „Aying für ein geeintes Europa“ zu einer Protestkundgebung vor dem Treffen im Brauereigasthof aufgerufen. Sicherlich wäre auch ein großer medialer Auflauf erfolgt. Bereits die Berichterstattung im Vorfeld hatte das öffentliche Interesse in Richtung Aying, südöstlich von München, gelenkt. Auch Tageskarte berichtete. Weitere Aufregung in Oberbayern wollen die Inselkammers jetzt mit der Absage der Veranstaltung vermeiden.

Die Wirtefamilie verweist darauf, dass die AfD sowohl in den Bayerischen Landtag als auch in den Deutschen Bundestag gewählt worden sei und zur Europawahl zugelassen. Sie betont aber auch, dass sie nicht die Meinungen der Partei vertrete. Deshalb fühle man sich auch von den „teils persönlichen Angriffen der letzten Tage sehr getroffen“. Man sei ein weltoffener Betrieb, der Mitarbeiter aus 25 Nationen beschäftige sowie geflüchteten Menschen eine Ausbildung und Perspektive biete.


Hier die Stellungnahme der Wirtefamilie Inselkammer zum Rausschmiss der AfD im Wortlaut

„Brauereigasthof Aying hebt den Veranstaltungsvertrag mit AfD auf

Wir haben heute den Vertrag mit der AfD für die Veranstaltung am kommenden Montag aufgehoben. Grundsätzlich stellen wir unsere Räumlichkeiten allen demokratischen Parteien zur Verfügung. Wir sind der Meinung, dass wir mit der Vermietung an demokratische Parteien auch einen Beitrag dazu leisten, den bürgerschaftlichen, politischen Dialog und die Information der Öffentlichkeit zu stärken. Wir sind auch der Meinung, dass in den Veranstaltungsräumen eines Wirtshauses Veranstaltungen stattfinden können müssen, die der Information der Öffentlichkeit dienen. Solange das Ereignis ordentlich, legal und zivilisiert erfolgt.

Es liegt in der Natur der Sache, dass das gastgebende Haus nicht immer die Meinung des Veranstalters bzw. die Ziele und Inhalte der Partei vertritt. Dies ist im Fall unseres Hauses und der AfD ganz klar der Fall. Auf dieser Grundlage hatten wir der AfD zunächst unsere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen wollen. Die AfD ist sowohl in den Bayerischen Landtag als auch in den Deutschen Bundestag gewählt worden und wurde zur Europawahl zugelassen. Wir haben Vertrauen in die Stärke der Demokratie und Vertrauen in die Mündigkeit der Bürger, sich im Anschluss an eine solche Veranstaltung ein eigenes Urteil zu bilden.

Warum kommt jetzt die Aufhebung des Veranstaltungsvertrages? Die AfD hat ohne unser Wissen und unsere Zustimmung in einem Werbevideo Markeninhalte unseres Unternehmens für parteipolitische Zwecke vereinnahmt. Damit sind wir nicht einverstanden. Deshalb haben wir jetzt den Veranstaltungsvertrag aufgehoben. Die teils persönlichen Angriffe der letzten Tage haben uns sehr getroffen.

Wir sind ein weltoffener Betrieb, der Mitarbeiter aus 25 Nationen beschäftigt. Wir bieten geflüchteten Menschen eine Ausbildung und Perspektive. Ein Motto unserer Familie und unserer Unternehmen war immer die  vielgerühmte Liberalitas Bavariae und das „Leben und leben Lassen“      

Familie Inselkammer“


Die Anfrage bei den Inselkammers ging übrigens über den AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller ein, wie die Süddeutsche berichtet. Bergmüller ist ebenfalls Gastronom aus Oberbayern und bekleidete über viele Jahre Ehrenämter im DEHOGA Bayern, zuletzt als Vorsitzender der Kreisstelle Rosenheim.

Erst kurz vor der letztjährigen Landtagswahl bot der Landesverband des DEHOGA dem AfD-Mann eine Bühne bei einer Podiumsdiskussion. Angesprochen auf den Fachkräftemangel und Flüchtlinge in der Branche, meinte Bergmüller dort: „Am besten sind natürlich die, die nicht aus Afrika kommen“ (Tageskarte berichtete).

AfD gegen reduzierte Hotelmehrwertsteuer

Wie die AfD zu zentralen Anliegen der Branche steht, geht aus einer Anfrage der Fraktion im Deutschen Bundestag hervor. Die Politiker wollen die Mehrwertsteuer für Kinderbedarf auf 7 Prozent senken und dafür die Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen wieder auf 19 Prozent erhöhen.

Hierzu gibt es einen Antrag vom 20. März 2019 (Drucksache 19/8560) in dem die AfD-Bundestagsfraktion schreibt: „Viele Branchen und Produkte werden durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz von derzeit 7 Prozent steuerlich privilegiert. Hotelübernachtungen, Gänseleber, Froschschenkel, Riesengarnelen, Krebsfleisch, Schildkrötenfleisch, Fahrten mit der Drahtseilbahn fallen unter diese Privilegierung. Auf viele Artikel und Dienstleistungen des Kinderbedarfs wird hingegen der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben.“

Die AfD fordert nun die steuerliche Entlastung für Familien mit Kindern durch ein Gesetz, das „die Umsatzsteuer für […] Produkte und Dienstleistungen auf 7 Prozent reduziert, die einen direkten Bezug zur Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern aufweisen. Dafür sollen „solche Produkte und Dienstleistungen aus der 7-Prozent-Privilegierung ausscheiden […], die erkennbar keinen Bezug zur allgemeinen Grundsicherung haben und sich allein einer unverstellten Klientelpolitik für Bes-serverdienende verdanken“.

Was die AfD konkret damit meint, schreibt sie unverblümt: „Es wird davon ausgegangen, dass die Maßnahme bereits durch die Streichung der umsatzsteuerlichen Privilegierungen von Hotelübernachtungen auskömmlich gegenfinanziert wäre.“ Wie bei solchen Anträgen üblich, ist das Papier von den Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland unterzeichnet.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.