Politik plant kürzere Quarantänezeiten in Deutschland

| Politik Politik

In der aktuellen Corona-Welle in Deutschland mit vielen, aber meist leichteren Infektionen sollen die Quarantäneregeln vereinfacht werden. Die Dauer soll generell auf fünf Tage verkürzt werden, wie ein Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI) vorsieht. Das Konzept, das am Mittwoch an die Länder verschickt wurde, liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Kurz vor dem Ende der meisten Alltagsauflagen schwelt der Streit über mehr Schutzregeln in Regionen mit kritischer Lage weiter. Das Angebot kostenloser Bürgertests bleibt bis in den Frühsommer bestehen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte in Berlin, die Vorgaben zu Absonderungen seien in der jetzigen Welle nicht wirklich praktikabel. Es gehe darum, dies pragmatisch zu lösen. Ziel sei, dass man mit einer neuen Regelung in der nächsten Woche arbeiten könne. Hintergrund ist auch, angesichts vieler Infektionen Personalausfälle vor allem in wichtigen Versorgungsbereichen zu vermeiden.

Künftig sollen Isolierungen, wenn man selbst infiziert ist, noch fünf Tage dauern, wie aus dem Vorschlag hervorgeht. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und - beginnend nach fünf Tagen - wiederholt Tests oder Selbsttests zu machen. Zudem soll «keine strenge Isolierung» mehr vorgegeben werden. Eine formelle Anordnung des Gesundheitsamtes, die häufig jetzt schon nicht mehr erfolgt, soll entfallen. Bisher dauern Absonderungen in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test frühestens nach sieben Tagen enden.

Auch die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten soll dem Vorschlag zufolge künftig noch fünf Tage dauern und muss nicht mehr eine «strenge Quarantäne» sein. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und sich täglich zu testen. Für Beschäftigte im Gesundheitswesen und der Pflege soll demnach ebenfalls die Fünf-Tage-Regel gelten. Für das Beenden einer Isolierung wegen einer Infektion sieht der Vorschlag vor, dass man zuvor 48 Stunden ohne Symptome sein muss. Zudem soll man einen negativen Test vorlegen müssen, der frühestens am fünften Tag abgenommen werden kann.

Im Kampf gegen mehr Ansteckungen wird das Angebot kostenloser Schnelltests für alle verlängert. Die vorerst bis 30. März geltende Testverordnung, die auch die Bürgertests regelt, bleibt nun bis einschließlich 29. Juni in Kraft. Das sehen Verordnungsänderungen vor, die am Mittwoch im Bundesanzeiger verkündet wurden. Damit haben weiterhin alle Bürger auch ohne Symptome Anspruch auf mindestens einen Schnelltest pro Woche an Teststellen durch geschultes Personal.

Im Streit um den weiteren Corona-Kurs trat Lauterbach Vorbehalten vieler Länder gegen den neuen Rechtsrahmen für weitergehende Vorgaben in sogenannten Hotspots entgegen. «Man mag das Gesetz mögen oder nicht, aber es ist juristisch sauber gemacht, so dass es umsetzbar wäre. Es sollte viel mehr genutzt werden.» Der Minister nannte es «beklagenswert und falsch», dass sehr viele Länder nun nicht von der Hotspot-Regel Gebrauch machten, in denen er dies angemessen fände. Eine Überlastung des Gesundheitswesens als Voraussetzung dafür sei begründbar. Er sei überzeugt, dass flächendeckende Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg rechtlich Bestand haben würden.

Nur diese beiden Länder wollen vorerst die Regel anwenden, die in regionalen Hotspots schärfere Auflagen etwa mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln erlaubt, wenn das Landesparlament für diese eine kritische Lage feststellt. Andere Länder hatten moniert, dass eine Anwendung wegen zu unsicherer rechtlicher Vorgaben im Bundesgesetz nicht möglich sei. Grundsätzlich sieht das von der Ampel-Koalition geänderte Infektionsschutzgesetz ab diesem Sonntag nur noch wenige allgemeine Schutzvorgaben etwa zu Masken in Kliniken, Pflegeheimen, Bussen und Bahnen sowie Tests beispielsweise in Schulen vor.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verteidigte erneut die Hotspot-Regel. Sie gebe den Ländern die nötigen Instrumente, wenn die medizinische Versorgungslage vor Ort nicht mehr gewährleistet sein sollte. «Das sind bewusst hohe Hürden, damit wir von den pauschalen und flächendeckenden massiven Freiheitseinschränkungen wegkommen», sagte er der «Rheinischen Post». Das Gesundheitsministerium hob indes erneut hervor, dass Hotspots nicht nur Städte und Landkreise umfassen könnten, sondern ausdrücklich auch ganze Bundesländer.

Lauterbach äußerte sich zuversichtlich, dass ein Kompromiss für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht erreicht werden kann. Nach seiner Kenntnis werde an einem gemeinsamen Vorschlag gearbeitet. Er rechne damit, dass er sein Ministerium in den nächsten Tagen erreiche, so dass möglicherweise ein gemeinsamer Entwurf formuliert werden könne. Die Kompromisslinien, die sich abzeichneten, seien überzeugend und klug. Nähere Angaben machte dazu er nicht.

Der Bundestag soll am Donnerstag kommender Woche (7. April) ohne sonst übliche Fraktionsvorgaben darüber entscheiden, Mehrheiten waren aber noch ungewiss. Den größten Rückhalt hat ein Entwurf einer Abgeordnetengruppe für eine Impfpflicht ab 18 Jahren, den auch Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützen. Daneben gibt es einen Entwurf einer Gruppe für eine Beratungspflicht und eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren. Ein weiterer Gruppenantrag lehnt eine Impfpflicht ab. Auch Union und AfD haben Anträge vorgelegt. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Regierung sieht fehlende Fachkräfte als zentrales Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nun treten Regelungen in Kraft, die mehr Nicht-EU-Bürger auf den Arbeitsmarkt locken sollen.

Das EU-Parlament hat grünes Licht für strengere Transparenzregeln für große Vermietungsplattformen wie Airbnb, Booking, Expedia oder TripAdvisor gegeben. Unter anderem sollen Städte so besser gegen illegale Angebote auf den Plattformen vorgehen können.

Reisewirtschaft und Tourismusbranche haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt, die die Akteure im Deutschlandtourismus sowie im In- und Outboundtourismus in dieser Frage vereint.

Das neue Kompetenzzentrum „Grüne Transformation des Tourismus“ hat seine Arbeit aufgenommen. Das Kompetenzzentrum soll als Informationsknotenpunkt rund um die grüne Transformation Wissen teilen, Best Practices hervorheben und Innovationen fördern.

Eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit fordert die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag in einem Antrag. Auch der DEHOGA fordert, dass Unternehmen und Mitarbeiter, im Rahmen einer wöchentlichen Höchstgrenze, die Möglichkeit bekommen, die Arbeitszeit flexibler auf die Wochentage zu verteilen.

Im Rahmen des Entwurfs zum vierten Bürokratieentlastungsgesetz erneuert der BTW noch einmal seine Forderung nach zielführendem Bürokratieabbau für die Unternehmen der Tourismuswirtschaft.

EU-Pläne für einen besseren Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Online-Plattformen sind vorerst vom Tisch. Vor allem FDP-Vertreter hatten sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Deutliche Kritik daran kam nun von der Gewerkschaft NGG.

In Belgien findet am Dienstag die informelle Ministertagung Tourismus statt. Darin soll es unter anderem um „Die doppelte Wende des Sektors - digital und nachhaltig“ und konkret um eine Zwischenbewertung des „EU Transition Pathway for Tourism“ gehen.

Wer über Online-Plattformen als Essenslieferant, Taxifahrer oder Hausangestellter arbeitet, sollte mit neuen EU-Regeln mehr Rechte bekommen. Nun kommen sie erst einmal nicht. Auch die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung enthalten.

Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten stimmen an diesem Freitag voraussichtlich über bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte von Online-Plattformen wie Liefer- und Fahrdiensten ab. Die Betroffenen sollen unter anderem besser gegen Scheinselbstständigkeit geschützt werden.