Testpflicht für Urlaubsheimkehrer rückt näher

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Die Bundesregierung kommt bei der geplanten generellen Corona-Testpflicht für Urlaubsheimkehrer unter Zeitdruck. Einen Starttermin ließ die stellvertretende Sprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch offen, sie wies auf noch laufende interne Abstimmungen hin. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock warnte, man dürfe nicht die Fehler des vergangenen Sommers wiederholen, erst über besseren Schutz nachzudenken, wenn die Urlauber zurück seien. In den ersten Ländern naht das Ende der Sommerferien, zugleich steigen auch im Inland die derzeit niedrigen Infektionszahlen weiter.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) planen, dass bei der Einreise grundsätzlich ein negativer Test nötig sein soll, wenn man keinen Nachweis einer vollständigen Impfung oder Genesung hat. So eine generelle Testpflicht besteht schon für Flugpassagiere. Künftig soll sie greifen, egal, von wo und mit welchen Verkehrsmitteln man kommt - also etwa auch per Auto. Über Details wurde noch beraten. Dass jeder Einreisende direkt an der Grenze kontrolliert wird, wie es im Frühjahr 2020 zeitweise an einigen Grenzabschnitten war, ist aber nicht vorgesehen. Stattdessen setzt man auf stichprobenartige Kontrollen im grenznahen Raum.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte den kommenden Sonntag als möglichen Termin genannt. Er sagte am Dienstagabend in der ARD, der Bund habe zugesichert, er werde bis zum 1. August alles probieren, um eine einheitliche Testpflicht einzuführen. Ein ursprünglich angedachtes Datum ab 11. September wäre «ein Witz gewesen», sagte Söder, «da ist der Urlaub vorbei, selbst in den Ländern mit späten Ferien».

Die Bundesregierung ließ den Starttermin vorerst offen. Regelungen für Reiserückkehrer stünden auch auf der Themenliste der Corona-Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder am 10. August, sagte Vize-Sprecherin Demmer. Was schon vorher geklärt werden könne, werde selbstverständlich geklärt. Es gelte: «Je schneller, desto besser.» Eine Sprecherin Spahns sagte, wenn es nach dem Gesundheitsressort ginge, würde die Testpflicht längst gelten. «Wenn es jetzt Anfang August wird, dann können wir das nur begrüßen.»

Die SPD dringt auf rechtssichere Lösungen. Solche Testpflichten seien sinnvoll, müssten aber vor Gericht Bestand haben, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, der Deutschen Presse-Agentur. «Der Bundestag sollte schnell, notfalls in einer Sondersitzung noch im August, die Voraussetzungen für neue Testpflichten schaffen.» AfD-Fraktionschefin Alice Weidel wandte sich gegen eine generelle Testpflicht. Dies wäre eine unverhältnismäßige Belastung der Reisenden, Grenzbehörden und der Tourismuswirtschaft. Sie sprach von Verunsicherung der Urlauber, die aufhören müsse.

Seit Mittwoch gilt eine kleinere Änderung bei Quarantäne-Vorgaben. Wer aus einem Gebiet mit neuen, ansteckenderen Virusvarianten kommt, kann die vorgeschriebene 14-tägige Quarantäne nun mit einem negativen Test vorzeitig beenden, wenn die Region während der Quarantänezeit herabgestuft wird - zu einem Risikogebiet oder Hochinzidenzgebiet mit hohen Infektionszahlen. Grundsätzlich ist vorzeitiges «Freitesten» für Einreisende aus Virusvariantengebieten sonst nicht möglich.

Welche Regionen die Bundesregierung als Risiko-, Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiete mit Vorgaben zu Tests und Quarantäne erklärt, veröffentlicht das Robert Koch-Institut (RKI) im Internet. Derzeit sind unter anderem Südafrika und Brasilien Virusvariantengebiete.

Mit Blick auf den Herbst wird zudem weiter über zusätzliche Maßnahmen gegen steigende Infektionszahlen diskutiert - dies soll auch Thema der Bund-Länder-Runde mit Merkel sein. Handlungsbedarf sieht auch das RKI. «Die vierte Welle hat begonnen», heißt es in einem Papier, das RKI-Chef Lothar Wieler bei einer Schaltkonferenz mit den Chefs der Länder-Staatskanzleien am Montag präsentierte. Hohe Impfquoten alleine reichten nicht aus, die Welle flachzuhalten. Nötig seien zusätzliche «Basisschutz-Maßnahmen» wie Abstand und Masken. Stichpunktartig aufgeführt sind in dem Papier zudem die Aspekte «Reduktion Kontakte, Reduktion Mobilität».

Zur Diskussion um zusätzliche Kriterien zur Lageeinschätzung heißt es in dem RKI-Papier, die Sieben-Tage-Inzidenz bleibe wichtig, um die Situation in Deutschland zu bewerten und frühzeitig Maßnahmen zur Kontrolle zu initiieren. Die Präsentation lag der dpa vor, zuerst berichteten die «Bild»-Zeitung und «The Pioneer» darüber.

SPD-Rechtsexperte Fechner sagte mit Blick auf diese Debatte, der Bundestag müsse im August voraussichtlich ohnehin zusammenkommen, um den Fonds für Hochwasserhilfen zu beschließen. «Dabei könnte dann auch die dringend notwendige Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen werden, die die Einführung von Corona-Auflagen künftig an weitere Kriterien neben dem Inzidenzwert bindet.»

Bundesweit stieg die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen laut RKI weiter auf 15,0 - am Vortag betrug diese Sieben-Tage-Inzidenz 14,5. (dpa)


 

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