Tourismusbranche MV: Das Verständnis geht Stück für Stück verloren

| Politik Politik

«Enttäuscht und verzweifelt»: Der Vorsitzende der Tourismusverbands Rügen, Knut Schäfer, macht aus seinen Gefühlen kein Geheimnis. Während in Schleswig-Holstein am Mittwoch und Donnerstag die touristischen Zeichen auf grün gestellt wurden, gab es in Mecklenburg-Vorpommern nichts davon.

Dabei bräuchten die Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie im ganzen Land endliche eine Perspektive. «Die Sonne steigt. Der Winterschlaf, den wir machen mussten, hat lange genug gedauert», betonte Schäfer.

Er forderte eine länderübergreifende Strategie. Einzellösungen führten nicht weiter. «Dabei wäre gerade jetzt gemeinschaftliches Handeln Grundvoraussetzung, damit das Verständnis für die Schutz- und Abstandsregeln vorhanden ist.» Nach den Erfahrungen der vergangenen Monate aber gehe das Verständnis für die Schutzmaßnahmen und die politischen Entscheidungen Stück für Stück verloren.

Mit der Ankündigung der Öffnung für Tourismus und Gastronomie hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) das Interesse an Ferien in seinem Land kräftig angekurbelt. «Die Telefone laufen heiß», sagte eine Sprecherin der Tourismus-Agentur. Geimpfte, Genesene und Getestete aus ganz Deutschland dürfen vom 17. Mai an im Norden Urlaub machen.

Mit Blick auf die Nachbarn schlug der Geschäftsführer des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf, einen «norddeutschen Weg» vor. Es sei wichtig für die Gäste und den Wettbewerb, im Sommer gleiche und nachvollziehbare Bedingungen zu schaffen. Viele Anbieter in der MV-Tourismusbranche befürchteten nun, gegenüber Schleswig-Holstein Boden zu verlieren. Die aktuelle MV-Verordnung gilt derzeit noch bis 22. Mai, bislang gebe es nur Gedankenspiele, die in Richtung Modellregionen nach Pfingsten laufen, sagte Woitendorf. Darin sehe er aber keinen Sinn, für Modellregionen gebe es genügend Erfahrungen aus anderen Regionen.

Das sieht Wirtschafts- und Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) anders. Er kündigte am Donnerstag an, bei weiter fallenden Corona-Inzidenzen touristische Modellregionen entwickeln zu wollen. «Wir werden vor dem 22. Mai eine Antwort geben.» Beim Vergleich mit Schleswig-Holstein verwies Glawe darauf, dass dort die Inzidenz deutlich niedriger als in Mecklenburg-Vorpommern ist. Am Donnerstag sank die Inzidenz im Nordosten unter 100.

Zuvor hatte Staatskanzleichef Heiko Geue angekündigt, schon zu Pfingsten regionalen Tourismus zulassen zu wollen. Grund seien die sinkenden Fallzahlen. «Das ermöglicht uns, den Tourismus in Modellregionen mit stabil niedriger Inzidenz bereits ab Pfingsten zuzulassen», sagte Geue der «Schweriner Volkszeitung».

Wenn die Menschen nicht nach Mecklenburg-Vorpommern kommen dürften, würden sie sich andere Ziele suchen, sagte der Präsident des Dehoga-Landesverbands, Lars Schwarz. Nach Ende des Lockdowns müssten die ersten flächendeckenden Öffnungen kommen. Die Gastronomie könne Vorreiter sein, sehr zeitnah dann die Beherbergung folgen. Von Modellregionen innerhalb Mecklenburg-Vorpommern halte auch er nichts: Für ihn gebe es nur eine «Modellregion Mecklenburg-Vorpommern».

Nach dem Willen der Linksfraktion sollte zu Pfingsten kontaktarmer Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht werden. «Es macht einen Unterschied, ob man in eine Ferienwohnung fährt, auf dem Zeltplatz seinen Urlaub verbringt, im Caravan mit seiner Familie das Land erkundet oder in einem vollen Hotel Urlaub macht», sagte der tourismuspolitische Fraktionssprecher, Henning Foerster. Unter freiem Himmel sei das Ansteckungsrisiko deutlich geringer. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In Berlin arbeiten viele Menschen unter prekären Bedingungen, sagen Fachleute. Häufig nutzen ihre Chefs schamlos aus, dass sie kein Deutsch sprechen oder sich illegal hier aufhalten. Einen Schwerpunkt dabei bilde laut Hauptzollamt das Gastgewerbe.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Die Wirtschaft sagt: Das reicht noch lange nicht. Zu dem Paket gehört auch der Wegfall der Meldebescheinigung für inländische Übernachtungsgäste.

In Frankreich dürfen pflanzliche Alternativen zu Fleischprodukten nicht mehr mit traditionellen Fleischbegriffen beworben werden. Schnitzel, Steak und Schinken müssen jetzt eindeutig tierischen Ursprungs sein und dürfen nicht aus pflanzlichen Proteinen bestehen.

Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der anhaltend hohe Kostendruck, fehlende Mitarbeiter, dazu wachsende Ansprüche an das gastronomische Angebot: Die Contract Caterer in Deutschland stehen vor vielfältigen Herausforderungen.

Am Hessischen Landesarbeitsgericht wollte die Bahn den Lokführerstreik stoppen - und hat auch in zweiter Instanz verloren. Damit geht der Ausstand der GDL weiter.

Millionen Lieferdienst- und Taxifahrer großer Online-Plattformen können auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen. Die EU-Staaten sprachen sich für neue Vorgaben aus, um etwa Scheinselbstständigkeit besser zu verhindern, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Die Lokführergewerkschaft GDL will ab Dienstagmorgen im Personenverkehr streiken, im Güterverkehr schon ab Montagabend. Der Konzern versucht, den Arbeitskampf im letzten Augenblick noch zu verhindern.

Der nächste GDL-Streik bei der Bahn startet schon an diesem Montag im Güterverkehr. Ab Dienstagfrüh trifft es auch Reisende und Pendler - und Fluggäste der Lufthansa.

Die EU will Verpackungsmüll den Kampf ansagen. Geplante neue Regeln werden etwa in Europas Supermärkten und Restaurants zu spüren sein. Deutsche Ziele allerdings sind zum Teil ambitionierter. Fragen und Antworten.

Heute startet die ITB in Berlin. Am Freitag beginnt die Internorga in Hamburg. Menschen aus über 180 Ländern kommen diese Woche nach Deutschland. Die aktuellen Streikankündigungen treffen zehntausende Gäste mit voller Wucht. Branchenvertreter bringt das auf die Zinne.