Verschärfungen für Ungeimpfte? – Reaktionen aus der Politik

| Politik Politik

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stößt nicht nur bei FDP und Linken auf Widerspruch mit seinem Vorschlag, die Corona-Regeln für Ungeimpfte zu verschärfen - sondern auch beim Koalitionspartner SPD. Spahns Position sei nicht die der Bundesregierung, sagte die sozialdemokratische Bundesjustizministerin Christine Lambrecht der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstag). «Es liegen keine Pläne dieser Art auf dem Tisch.» Mehrere SPD-Landesregierungschefs wiesen den Vorschlag des CDU-Bundesministers klar zurück.

SPAHNS VORSCHLAG: Sein Ressort hatte in einem Bericht, der an den Bundestag und die Länder ging, Vorschläge aufgelistet, um die vierte Corona-Welle möglichst flachzuhalten. Besonders für Ungeimpfte könnten abhängig von der Impfquote, der Inzidenz und der Rate schwerer Klinikfälle ab bestimmten Grenzwerten erneut weitergehende Einschränkungen notwendig werden, hieß es darin unter anderem. Dazu zählten Kontaktbeschränkungen und die Begrenzung der Teilnahme oder gar ein Ausschluss bei Veranstaltungen und in der Gastronomie - also auch mit negativem Test. Zusammenfassen lässt sich das mit der Formel «2G statt 3G», wobei letzteres für «Geimpft, Genesen, Getestet» steht.

«Für essenzielle Dinge wie öffentliche Verkehrsmittel oder den Rathaus- oder Krankenhausbesuch muss es die Möglichkeit geben, auch nur mit einer Maske oder mit Test Zugang zu haben», erklärte Spahn im «Münchner Merkur» (Donnerstag). «Aber für Discos, Stadien oder Theater, also Bereiche, die nicht zur Grundversorgung gehören, kann ich mir auch einen Zutritt nur für Geimpfte oder Getestete vorstellen.» Auch ein beschränkter Zugang für Ungeimpfte sei denkbar: «Dass zum Beispiel zu einem Fußballspiel im Bayern-Stadion 30 000 Geimpfte und dazu noch 2000 Getestete kommen dürfen.»

WAS DIE SPD SAGT: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte lehnte das in der «Bild»-Zeitung (Donnerstag) ab: «Ich halte es für falsch und rechtlich unzulässig, Ungeimpfte vom öffentlichen Leben auszuschließen.» Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte: «Niemand soll vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden.» Mit negativem Test sollten Ungeimpfte weiter zum Beispiel an Veranstaltungen teilnehmen dürfen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erklärte in dem Blatt, es sei wichtig, dass sich mehr Menschen impfen ließen. «Drohungen bringen uns da nicht weiter. Wir müssen überzeugen.»

SPD-Bundestagsfraktionsvize Bärbel Bas sagte der «Welt»: «Die bestehenden Testangebote sollten weiter genutzt werden und den Zugang zu Angeboten in Innenräumen auch ermöglichen.» Allerdings stellte Bundesministerin Lambrecht zugleich klar, dass private Veranstalter, Geschäftsinhaber und Gastronomen Vertragsfreiheit haben und selbst entscheiden können. «Wer seinen Gästen einen besonderen Schutz anbieten will, kann deshalb auch Angebote machen, die sich nur an Geimpfte richten», sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

WAS DIE FDP SAGT: Die FDP, die im Frühjahr noch gesonderte Lockerungen für Geimpfte gefordert hatte, bekräftigte nun ihre Ablehnung etwaiger staatlicher Einschränkungen für Ungeimpfte. «Wer nicht geimpft oder genesen ist, sollte mit einem tagesaktuellen Negativtest am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Alles andere wäre eine unverhältnismäßige Freiheitseinschränkung», sagte Parteichef Christian Lindner der «Welt». Aufgrund einer regional unterschiedlichen Corona-Lage sei es außerdem falsch, «das ganze Land über einen Kamm zu scheren».

Parteivize Wolfgang Kubicki hatte zuvor bereits der Bundesregierung Wortbruch vorgeworfen, weil Spahns Vorschlag einer Impfpflicht gleichkomme. Eine Pflichtimpfung schließt die Regierung aber aus.

Der Vizevorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, warf dem FDP-Mann Nähe zu Querdenkern und AfD vor. «Es ist die Aufgabe des Bundesgesundheitsministeriums, Corona-Schutzmaßnahmen für eine mögliche vierte Welle vorzubereiten. Die maßlosen Angriffe von Kubicki liegen auf der Linie der Corona-Verharmloser», kritisiert er in einer Erklärung. «Mit dieser Linie ist die FDP nicht regierungsfähig.»

WAS DIE GRÜNEN SAGEN: Offener für eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Genesenen gegenüber lediglich Getesteten sind die Grünen. Baden-Württembergs grüner Gesundheitsminister Manfred Lucha verlangte in der «Welt» einen Paradigmenwechsel ab dem Zeitpunkt, wenn allen ein Impfangebot gemacht worden ist: «Geimpfte erhalten alle Freiheiten zurück, und für Ungeimpfte gelten verschärfte Regeln.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nach Willen der EU-Länder soll in der EU weniger Essen weggeworfen werden. Bis 2030 sollen Lebensmittelabfälle, die im Einzelhandel und beim Verbrauch - etwa zuhause oder in Restaurants - entstehen, um 30 Prozent pro Kopf reduziert werden.

Die Firmen in Sachsen-Anhalt suchen dringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Weil viele Stellen nicht besetzt werden können, sucht das Land jetzt im Ausland. Vor allem Vietnam ist im Fokus.

Die Länder-Wirtschaftsminister wenden sich gegen Kürzungen bei der Deutschen Tourismus-Zentrale. Alle Länder seien bei der Wirtschaftsministerkonferenz dem Antrag von MV und anderen beigetreten.

Die erste Tarifrunde für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Mecklenburg-Vorpommern blieb ohne Ergebnis. Die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaft liegen noch weit auseinander.

Während der Fußball-EM dürfen Berliner Restaurants, Kneipen und Biergärten, die Spiele übertragen, ihre Außenbereiche bis zum Spielende öffnen. Eine entsprechende Verordnung erließ Umweltsenatorin Ute Bonde.

MV-Tourismusminister Meyer sorgt sich um die Auslandswerbung der Deutschen Zentrale für Tourismus. Die Bundesmittel sollen gekürzt werden, sagt er. Dagegen macht er jetzt mobil.

Der Zoll ist am Samstag in Hotels und Gaststätten bundesweit gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgegangen. Insgesamt seien rund 2400 Beschäftigte aller Hauptzollämter im Einsatz, teilte die Generalzolldirektion am Abend in Bonn mit.

Frust im Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus auf Platz zwei. Im Osten liegt sie sogar vorn.

Angesichts der Herausforderungen zählen mehr denn je Vernetzung, das Bündeln der Kräfte und das Schaffen von Synergien. Vom 2. bis 4. Juni kamen dazu in Warnemünde die deutschsprachigen Verbände der Hotellerie und Gastronomie zu ihrem traditionellen Jahrestreffen zusammen.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Nach Protesten des DEHOGA Bayern zieht die Bahn das Kampagnenmotiv jetzt zurück.