Frankreich bangt wegen Bombendrohungen um seinen Tourismus

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Schon seit Tagen ist es immer wieder dasselbe Schauspiel am Schloss Versailles: Tausende Touristen müssen die weltbekannte Sehenswürdigkeit bei Paris meist gegen Mittag eilends räumen, weil bei den Behörden eine Bombendrohung eingegangen ist. Zum siebten Mal binnen acht Tagen passierte das am Sonntag - nach einer Überprüfung durch die Polizei konnte das Schloss dann bislang immer wieder öffnen, ein Fehlalarm. Auch Regionalflughäfen und Schulen waren zuletzt gehäuft von solchen Drohungen betroffen. Angesichts der vor gut zwei Wochen für das Land verhängten höchsten Terrorwarnstufe nimmt die Polizei keine dieser Bombendrohungen auf die leichte Schulter.

Auch wenn sich bisher keinerlei Anzeichen für eine tatsächliche Gefährdung fand, bangt Frankreich inzwischen um seinen Tourismus. Von einem Anstieg der Stornierungen um zehn Prozent berichtete der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (UMIH) im Großraum Paris, Franck Delvau, dem Sender France Info zum Start der Herbstferien. Aus Sorge vor weiteren Warnungen verschöben Touristen ihre Reise, warnte er. Neben Hotels registrierten auch Taxifahrer einen leichten Rückgang an Kundschaft. «Das bringt die Tourismusindustrie in Gefahr», das angstbesetzte Klima sei nicht gut für die Branche.

Zu den Bombendrohungen kommt es verstärkt seit dem tödlichen Angriff eines jungen Islamisten auf einen Lehrer in Arras vor einer Woche, der Frankreich schwer erschütterte. Danach wurde die höchste Terrorwarnstufe im Land verhängt. Die Drohungen betreffen in hoher Zahl auch Schulen, und die Behörden haben vielfach bereits Jugendliche als Verantwortliche ermittelt. Wie die Polizei mitteilte, würden Videos von den Räumungen der Schulen teils millionenfach in den Sozialen Netzwerken angeklickt.

Nicht nur im Schloss Versailles, sondern auch auf Flughäfen oder im Pariser Louvre waren oft auch ausländische Touristen in den vergangenen Tagen durch Drohungen beeinträchtigt. «Die Menschen haben die Nase voll. Wir sehen bereits, dass Buchungen beginnen, storniert zu werden», sagte der Bürgermeister von Versailles, François de Mazières. «Wir sind beunruhigt. Wenn man aus dem Ausland kommt und in einer Woche anreist, will man kein Risiko eingehen.» Obwohl in Versailles bereits ein Tatverdächtiger ermittelt wurde, hielten die Drohungen auch nach dessen Festnahme an.

Der vom Sender BFMTV kontaktierte Pariser Hotelbetreiber Didier Castel berichtet von etlichen Stornierungen. «Seit Anfang der Woche haben wir 15 Prozent unserer Buchungen bis zum Ende des Monats verloren. Das waren fast alles Buchungen aus dem Ausland.» Von einer Welle von Stornierungen könne nicht gesprochen werden und man müsse diese auch nicht heraufbeschwören, teilte das Tourismusministerium mit. Aus Sicht der Tourismusexperten seien es weniger Fernreisende aus den USA oder Asien, die ihre seit langem gebuchte Reise absagten. Urlauber aus Nachbarländern wie Belgien oder Deutschland könnten aus Sorge vor Behinderungen auf einen geplanten Kurztrip verzichten.

Auch den Ruf Frankreichs als Tourismusziel sieht mancher im Anlauf zu den Olympischen Spielen im kommenden Sommer gefährdet. Gerade erst abgeklungen ist die landesweite Aufregung um die Verbreitung von Bettwanzen, die die Regierung eilends auf den Plan rief und die Wellen bis ins Ausland schlug. «Wir können das nicht zulassen. Das erzeugt eine Psychose, die das Land nicht gebrauchen kann», sagte Justizminister Éric Dupond-Moretti am Freitag zu der Welle von Drohungen. «Diese Situation ist inakzeptabel», meinte auch Verkehrsminister Clément Beaune, der die harten Strafen hervorhob, mit der Urheber solcher Drohungen rechnen müssten.

Am Schloss Versailles gibt es enttäuschte Gesichter derweil nicht nur bei den Touristen, die ihren Besuch abbrechen müssen. Wirtschaftliche Auswirkungen haben die ständigen Räumungen auch auf die fliegenden Souvenir-Verkäufer. «Wenn die Polizei den Platz räumt, gehen wir nach Hause, ohne etwas verkauft zu haben», sagte M'Baye der Zeitung «Le Parisien». «Ich habe seit einer Woche nicht einmal einen einzigen Euro verdient.» Deshalb müsse er von seinem Ersparten leben. «Außerdem sieht man viel weniger Touristen, ich habe den Eindruck, dass die Besucherzahlen stark zurückgegangen sind.» (dpa)


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