Gastgewerbe kämpft auch im ersten Halbjahr mit sinkenden Umsätzen und hohen Kosten

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland beklagen massive Umsatzeinbußen und Gewinnrückgänge. Die Sorgen sind groß, die Aussichten getrübt. Von der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land konnten nur wenige Betriebe direkt profitieren. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) hervor, die der Verband am Donnerstag veröffentlicht hat. DEHOGA-Präsident Guido Zöllick drängt mit Blick auf die schlechten Umfrageergebnisse auf bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen.

Weiter massive Umsatz- und Gewinnrückgänge

Laut der Verbandsumfrage setzten die Hoteliers und Gastronomen im ersten Halbjahr nominal 10,9 Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Noch dramatischer sind die Gewinne zurückgegangen. Von Januar bis Juni beträgt das Minus 22,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023. Auch im Juni lagen die nominalen Umsatzverluste bei 11,1 Prozent. „Die aktuellen Umfrageergebnisse verdeutlichen die weiter sehr angespannte Lage im Gastgewerbe“, sagt Zöllick. Überdurchschnittlich hoch seien die Umsatz- und Gewinneinbußen bei Gasthöfen, speisengeprägten Gastronomiebetrieben sowie Clubs und Discotheken.

Gute EM-Stimmung in vielen Kneipen und Biergärten

Durch die Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land verzeichneten die meisten Betriebe erwartungsgemäß keine Umsatzzuwächse. Laut der aktuellen DEHOGA-Umfrage melden 88,0 Prozent der Umfrageteilnehmer keine positiven Effekte durch die EM. Nur für 8,1 Prozent ergaben sich positive Impulse durch das sportliche Großevent. Dabei gab es deutliche standort- und konzeptabhängige Unterschiede. Nicht überraschend ist, dass in den Austragungsorten wie Berlin und Hamburg mit 17,5 Prozent mehr als doppelt so viele Betriebe von der EM profitierten. Eine besonders gute Resonanz melden mit 32,1 Prozent Kneipen, Bars und Biergärten.

„Etwas getrübt wurde die Feierlaune insbesondere durch das wechselhafte Wetter und das Ausscheiden unserer Mannschaft im Viertelfinale“, berichtet Zöllick, zeigt sich insgesamt indes zufrieden: „Die Stimmung war gut. Unsere Betriebe präsentierten sich als tolle Gastgeber mit kreativen Angeboten für die Fußballfans aus ganz Europa. Die EM ist auf jeden Fall ein wichtiger Impulsgeber zur Stärkung des Deutschlandtourismus.“

Getrübte Aussichten auf das dritte Quartal

Die Geschäftsaussichten auf die kommenden drei Monate sind getrübt. Nur 18,0 Prozent melden „gute“ und 4,4 Prozent „sehr gute“ Vorbuchungszahlen für die Monate Juli, August und September. Jeder Dritte beurteilt seine Buchungs- beziehungsweise Reservierungslage als „schlecht“ (32,2%), 8,8 Prozent bezeichnen die Aussichten auf das dritte Quartal sogar mit „sehr schlecht“. Rund ein weiteres Drittel der Befragten bewertet seine Buchungslage mit „befriedigend“ (36,6%).

Mehrwertsteuererhöhung verschärft Lage der Gastronomie

Die speisengeprägten Betriebe beklagen insbesondere die dramatischen Folgen der Erhöhung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie zum Jahresanfang. 66,1 Prozent melden Ertragsrückgänge, 63,3 Prozent zählen weniger Gäste, 62,4 Prozent berichten von sinkenden Umsätzen und 41,7 Prozent von niedrigeren Durchschnittsbons.

Aufgrund der Mehrwertsteuerheraufsetzung um zwölf Prozentpunkte sahen sich laut der DEHOGA-Umfrage 87,0 Prozent der Betriebe gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. „Nach vier Verlustjahren ließen die massiv gestiegenen Kosten den Betrieben keine andere Wahl, als die Preise anzupassen“, erklärt Zöllick. Zudem versuchen die Betriebe, ihre Kosten in den Griff zu kriegen. Sie fahren geplante Investitionen zurück (77,8%), passen ihr Angebot an (62,0%) und haben ihre Öffnungszeiten reduziert (40,5%).

Aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung sehen sich 5,7 Prozent der befragten Unternehmer gezwungen, ihren Betrieb aufgeben zu müssen. 23,5 Prozent ziehen eine Betriebsaufgabe in Erwägung.

„Trotz größter Anstrengungen wird es für unsere Betriebe immer schwerer, wirtschaftlich zu arbeiten“, schlägt Zöllick Alarm. „Wenn sich nichts ändert, stehen weitere Tausende Betriebe vor dem Aus.“

Bürokratieabbau und fairer Wettbewerb gefordert

Neben der Anhebung der Mehrwertsteuer für Speisen (71,4%) gehören die steigenden Personalkosten (79,6%), die sinkenden Gewinne (72,9%), die höheren Kosten bei Lebensmitteln und Getränken (72,0%) und die zunehmende Bürokratie (66,6%) zu den größten Herausforderungen, so die DEHOGA-Umfrage.

Mehr denn je käme es angesichts der gewaltigen Herausforderungen für die Branche auf die politischen Rahmenbedingungen an, betont Zöllick und bekräftigt die zentrale Branchenforderung: „Die einheitliche Besteuerung von Essen mit 7% ist für die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer von elementarer Bedeutung.“ Es könne nicht sein, dass Restaurants und Cafés im Wettbewerb gegenüber Lieferdiensten und Mitnahmeangeboten aus dem Lebensmitteleinzelhandel weiter benachteiligt würden. Die Politik sei gefordert, jetzt konsequent Bürokratie abzubauen und insbesondere drohende Neuregelungen zu stoppen. „Unsere Betriebe haben eine hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz in den Städten wie im ländlichen Raum. Dies gilt es durch konkretes politisches Handeln anzuerkennen und zu fördern.“

An der aktuellen DEHOGA-Umfrage zur wirtschaftlichen Lage nahmen vom 2. bis 10. Juli 2.730 gastgewerbliche Unternehmen aus ganz Deutschland teil. 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bald gibt es immer mehr Rentnerinnen und Rentner - und weniger Einzahler. Trotzdem sollen die Renten auch in Zukunft mit den Löhnen Schritt halten. Noch ist das letzte Wort aber nicht gesprochen.

Die Stimmung in der Tourismusbranche ist nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Niedersachsen weiter getrübt. Die Gastronomie zeigte sich besonders pessimistisch.

Auch für das 1. Quartal 2024 hat der DEHOGA die wichtigsten wirtschaftlichen Kennzahlen aus Hotellerie und Gastronomie in seinem aktuellen Zahlenspiegel zusammengestellt. Interessierte finden darin zahlreiche Informationen rund um Umsatz- und Beschäftigtenzahlen, Ausbildung, Gewerbean- und -abmeldungen und vieles mehr.

Eine Auswertung von 70 000 verkauften Grills bei «Grillfürst» im vergangenen Jahr spricht eine klare Sprache: Kunden geben im Schnitt zwischen 1000 und 2000 Euro für eine neuen Grill aus. Gasgrills machen in Fachgeschäften 90 Prozent der verkauften Geräte aus.

Kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft hat auch der Bundesrat den Weg für das Public Viewing freigemacht. Die Länderkammer stimmte in ihrer Plenarsitzung am 17. Mai 2024 einer Verordnung zu, die öffentliche TV-Übertragungen der Fußballspiele auch zu späteren Anstoßzeiten möglich macht.

Was in anderen Ländern bereits normal ist, bleibt in Deutschland die Ausnahme: Verträge oder Kündigungen digital zu unterschreiben. Doch was steht der digitalen Unterschrift noch im Weg?

Nicht nur Geschlecht oder Religion - auch das Alter kann Anlass für Diskriminierung im Job sein. Das Gefühl, davon betroffen zu sein, haben einer Umfrage zufolge nicht wenige Menschen in Deutschland.

Jahrzehntelang hatte Milch in Deutschland einen guten Ruf. Im Vergleich zu den 1990er-Jahren ist der Verbrauch bei Kuhmilch aber deutlich gesunken. Forschende sehen in dieser Entwicklung einen Trend.

Die deutsche Wirtschaft hat zu Jahresbeginn wieder etwas Tritt gefasst. Gestützt vom Export und gestiegenen Bauinvestitionen wuchs das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal leicht um 0,2 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft scheint das Gröbste überstanden zu haben. Nach einem leichten Wachstum zu Jahresbeginn könnte die Wirtschaftsleistung erneut etwas zulegen. Davon könnte auch das Gastgewerbe profitieren.