Ex-Vapiano-Vorstand kauft 30 Restaurants der insolventen Gastro-Kette

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Die Restaurantkette Vapiano hat zwei Monate nach ihrem Insolvenzantrag einen Käufer für Dutzende Restaurants in Deutschland gefunden. «Der Gläubigerausschuss hat heute dem Verkauf des wesentlichen Teils des Geschäfts der Vapiano SE und ihrer Tochtergesellschaften in Deutschland zugestimmt», teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit.

Bei dem Käufer handelt es sich demnach um ein Konsortium unter Führung des ehemaligen Vapiano-Vorstandsmitglieds Mario C. Bauer. Der Kaufpreis liege bei insgesamt 15 Millionen Euro und die Transaktion beinhalte 30 von Vapiano betriebene Restaurants in Deutschland, hieß es weiter. Die übrigen Teile des Unternehmens seien künftig noch zu «verwerten».  Mario C. Bauer hatte vergangene Woche mit Investoren alle Restaurants in Frankreich und Luxemburg gekauft. Der ehemalige Vapiano-Vorstand Bauer zeichnete über ein Jahrzehnt lang für die weltweite Erfolgsgeschichte des „Deutschen Italieners“ mitverantwortlich. Er will das einstige Unternehmensmotto „All we do we do with love“ wiederbeleben: „Wir werden Vapiano zurück zu seinen Werten und seiner emotional-partnerschaftlichen Unternehmenskultur führen.“

„Der Wiederaufbau von Vapiano in Deutschland ist eine große Aufgabe. Es erscheint uns deshalb sinnvoll, auf die Unterstützung von Unternehmern zu setzen, die lokale Besonderheiten des hiesigen Marktes, die Marke Vapiano und die Gästepsyche sehr gut kennen“, sagt Bauer. „Die Franchisenehmer prägen Vapiano seit seinen Anfängen. Sie sind die richtigen Partner für die Zukunft.“

An Bauers Seite stehen beim Neustart für Vapiano namhafte Vertreter der europäischen Gastronomie-Branche: Die Familie Van der Valk gehört in den Niederlanden zu den großen Hospitality-Dynastien und war einer der ersten internationalen Franchisepartner von Vapiano. Henry McGovern, Gründer und 26 Jahre lang Chief Emotional Officer von AmRest, Europas größtem Multi-Konzept-Restaurantbetreiber. Sinclair Beecham, Gründer von Pret A Manger, der die britische Fast Casual- und Sandwich-Szene revolutionierte. Ebenfalls mit im Boot ist mit Gregor Gerlach einer der Gründer von Vapiano.

Für die operative Leitung der Holding will Bauer aus seinem weitverzweigten Branchennetzwerk ein Team renommierter Experten zusammenstellen, die sich ebenso sehr wie die neuen Eigentümer für die Marke Vapiano begeistern: „Ich freue mich sehr, als CEO die Gelegenheit zu haben, ein Team aufzubauen, das auf starken Werten und einer starken Kultur basiert, und gemeinsam mit unseren Gästen und unseren Teams dieses neue Kapitel für Vapiano zu schreiben. Wir wünschen uns, dass die Mitarbeiter, die in den vergangenen Jahrzehnten für den Erfolg des Unternehmens unverzichtbar waren, weiterhin ein wichtiger Teil der Vapiano-Familie bleiben beziehungsweise zurückkehren.“

Die Vapiano SE hatte Anfang April beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Das Verfahren sei mit Wirkung zum 1. Juni eröffnet worden, hieß es nun in der Mitteilung. Die Auswirkungen der Corona-Krise waren für das ohnehin rote Zahlen schreibende Unternehmen zu viel.

Von der Unternehmenskultur und Begeisterung, die Vapiano seit seiner Gründung 2002 zum weltweiten gastronomischen Exportschlager aus Deutschland machten, ist derzeit nicht viel übrig. Mitte März verkündete das einstige Vorzeigeunternehmen seine Insolvenz, die Eigentümer suchten einen Käufer. „Es ist viel schiefgelaufen in den vergangenen Jahren“, analysiert Mario C. Bauer. „Man hat sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt und die Kritikpunkte der Gäste ignoriert. Hinzu kam die weltweite Schließung aller Restaurants wegen Covid-19.“ Die angeschlagene Firma, aber trotzdem starke Marke Vapiano war das erste große deutsche Gastronomie-Unternehmen hierzulande, dessen Ende mit dem Corona-Lockdown besiegelt schien.

Doch Bauer und seine Partner glauben fest an die Relevanz des Konzepts in und vor allem nach dieser Krise. „Deshalb wollen wir alles tun, damit Vapiano fortbesteht. Dazu sollen die Kernwerte, mit denen die Marke groß wurde, wieder in den Fokus rücken“, werben die neuen Eigentümer um das Vertrauen von Partnern und Gästen. „Es geht uns nicht darum, die Filetstücke zu sichern oder einen Flickenteppich verschiedener Gesellschaften zu hinterlassen, sondern Vapiano so weit wie möglich in seiner Gesamtheit zu erhalten.

Das Konsortium hatte bereits vor zwei Wochen ein unwiderrufliches Angebot für das Frankreich-Geschäft abgegeben, hieß es am Dienstag weiter. Der Kaufpreis für dieses Geschäft sei nun um 3 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro erhöht worden. «Die Annahme des Angebots wird voraussichtlich in den nächsten Tagen erfolgen.» Hier übernimmt sie die Anteile der Vapiano SE an 29 Restaurants und plant weitere sechs Eröffnungen noch in diesem Jahr.

Ende April hatte Vapiano das Geschäft zum Verkauf gestellt. Dabei wurde sowohl ein Verkauf des gesamten weltweiten Geschäfts der Vapiano-Gruppe als auch nur einzelner Restaurant-Portfolios und Vermögenswerte in Erwägung gezogen. Die Verhandlungen mit interessierten Investoren sollten demnach bis Ende Mai 2020 erfolgen.

Insgesamt sind bei der Vapiano SE und den ebenfalls in vorläufigen Insolvenzverfahren befindlichen operativen Tochtergesellschaften in Deutschland mehr als 2500 Mitarbeiter beschäftigt. Die Vapiano-Tochtergesellschaften in Frankreich und Luxemburg befinden sich nicht in einem Insolvenzverfahren.

Mario C. Bauer, Amsterdam

Mario C. Bauer war bei Vapiano fast eine Dekade lang verantwortlich für die nationale und internationale Expansion. Gemeinsam mit seinem Team eröffnete er 200 Restaurants in 33 Ländern. Nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand gründete er mit Partnern die Bio-Ketchup Marke Curtice Brothers, die er auch weiterhin als Geschäftsführer mit seinem Team führt.

Familie Van der Valk, Niederlande

Im Jahre 1929 legten Martinus und Riet Van der Valk den Grundstein für den Familienkonzern. Heute gehören mehr als 100 Hotels und Restaurants weltweit zum Unternehmen, in dem seit jeher jedes Geschäft von einem Familienmitglied geführt wird. Das erste Hotel in Deutschland wurde 1986 in Moers eröffnet. Seit 2008 ist Van der Valk International Franchisenehmer von Vapiano in den Niederlanden.

Sinclair Beecham, London

Sinclair Beecham eröffnete 1986 mit Julian Metcalfe den ersten Shop der Sandwich-Marke Pret A Manger in London und veränderte damit die Art, wie Büroarbeiter in der Finanzmetropole zu Mittag essen. Die Marke ist berühmt für ihren Frische- und Nachhaltigkeitsanspruch, ihre Mitarbeiterkultur und ihr soziales Engagement. Heute sind die über 500 Filialen weltweit Teil des JAB Holding. Sinclair Beecham gründete 2006 außerdem das Hoxton Hotel in London, das er 2012 erfolgreich an Ennismore verkaufte.

Henry McGovern, Prag

Der Amerikaner Henry McGovern kam nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den Neunziger Jahren nach Polen und gründete das Unternehmen AmRest, welches unter seiner Führung zu einem der expansionsstärksten Systemgastronomen Europas wurde. Zum Portfolio zählen Weltmarken wie KFC, Pizza Hut, Burger King ebenso wie Starbucks, das spanische Konzept La Tagliatella und die in Frankreich geborene Kette Sushishop. 2019 wuchs die Zahl der Restaurants auf gut 2.300. Der Umsatz erreichte knapp 2 Mrd. Euro. McGovern verließ das Unternehmen 2019, um sich neuen Projekten zu widmen.

Gregor Gerlach, Hamburg

Gregor Gerlach ist ein ‚Vapianist‘ der ersten Stunde und der Marke seit ihrer Gründung 2002 verbunden. Er lancierte außerdem die Fast-Casual-Konzepte Bagel Brothers und Burgerlich. Darüber hinaus gehören die Steakhouse-Formel meatery sowie zahlreiche Hotels (u.a. Seaside) zu seinem Portfolio.

Falk Johne, Leipzig

Der Leipziger Falk Johne führt mit seiner Frau seit 2006 über die gemeinsame FamJo Holding GmbH mehrere Firmen im Bereich Event- und Golfplatzcatering sowie Betriebs- und Schulverpflegung. Täglich werden durch dazugehörigen 35 Küchen in Mitteldeutschland bis zu 30.000 Gäste bewirtet. Neben dem Opernball in Leipzig führen sie im Jahr über 400 Veranstaltungen in eigenen und fremden Locations von zwei bis 5.000 Besuchern durch.

Bernd Ehret, SKYLAND Gruppe, Berlin

Bernd Ehret ist seit mittlerweile 25 Jahren in der Immobilienbranche bundesweit im Bereich Projektentwicklung aktiv. Er ist Inhaber der SKYLAND Gruppe mit Niederlassungen in Berlin, Leipzig und München. Die erfolgreiche Realisierung von mehr als 300 Gewerbe- und Wohnanlagen mit einem Volumen von über 550 Mio. Euro spricht für sich.

Rechtsberater/ Renzenbrink & Partner

Die Investorengruppe wurde von einem Team um Ulf Renzenbrink von Renzenbrink & Partner, Hamburg, in allen rechtlichen Aspekten der Transaktion beraten.

(Mit Material der dpa)


 

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