Während der Guide Michelin am 4. April die Spitzenköche des Landes mit den Sternen ehrt (Tageskarte berichtete), kürt die Initiative Food & Health mit dem Kantinentest 2023 bereits zum fünften Mal die besten Vertreter der Gemeinschaftsverpflegung. Die Gesamtwertung der Top-Kantinen mit bis zu 400 Essen pro Tag führt 2023 das Bauunternehmen Josef Rädlinger (Cham /Oberpfalz) an. Spitzenreiter in der Gruppe der Großkantinen mit über 400 Essen pro Tag ist die Betriebsgastronomie der Fondsgesellschaft Union Investment am Hauptsitz in Frankfurt am Main.
Der seit 2018 durchgeführte Kantinentest bewertet das Angebot der Betriebsgastronomie hinsichtlich der Faktoren Verantwortung, Gesundheit und Genuss. Hinzu kommt eine jährlich wechselnde Sonderkategorie. Das Schwerpunktthema 2023 lautete „Nachhaltige Betriebsgastronomie in Zeiten von Klimawandel und New Work“ – welche Lösungen entwickeln Kantinen, um Klima und Betriebsklima gleichermaßen gerecht zu werden?
Mehr als „nur“ Essen: Die Kantine als zentrale Plattform im Unternehmen „Lebensmittelknappheit, Preissteigerungen und Klimawandel – das Spannungsfeld, in dem Kantinen täglich agieren, hat sich 2022 noch einmal verschärft“, sagt Theresa Geisel, Vorsitzende der Initiative Food & Health. „Hinzu kommt die Herausforderung, sich als attraktiven Ort zu präsentieren, an dem Mitarbeitende die Wertschätzung des Unternehmens ganz direkt erleben können.“ Angesichts des Fachkräftemangels in fast allen Branchen entwickle sich die Betriebsgastronomie zu einem Stützpfeiler des Employer Brandings. „Kantinen müssen sich zu multifunktionalen Marktplätzen entwickeln, an denen Menschen nach der Corona-Pandemie gerne wieder zusammenkommen“, so Prof. Dr. Nicole Graf, Jury-Mitglied.
Von kulinarischer Exzellenz und gesunder Vielfalt über Kochschule und Afterwork-BBQ bis hin zu Shopping- und Wellness-Angeboten: Die Betriebsgastronomie will und kann sehr viel mehr sein als der tägliche Sättigungsort.
„Seit Start des Kantinentests haben wir mehr als 150 Betriebsrestaurants vor Ort besucht und mehr als 300 Interviews mit den Verantwortlichen im Unternehmen geführt“, sagt Food & Health-Gründerin und Jury-Mitglied Theresa Geisel. „Jedes Jahr sehen wir neue hochkreative und engagierte Ansätze, mit denen die Betriebsgastronomien ihrem wachsenden Aufgabenfeld gerecht werden und die Mitarbeiter*innen-Verpflegung auf das nächste Level heben“, so Prof. Dr. Volkmar Nüssler, Jury-Mitglied.
Gemeinschaftsgastronomie als wichtiger Hebel der nationalen Ernährungsstrategie
Sechs Millionen Menschen werden täglich in Deutschland in Kantinen, Mensen oder Restaurants verpflegt, rechnete das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jüngst in einer Pressemitteilung vor. Das mache die Gemeinschaftsgastronomie zu einem wichtigen Hebel für die Verbreitung einer gesunden, Ressourcen schonenden und pflanzenbetonten Ernährung, betont Bundesminister Cem Özdemir (Bündnis 90 / Die Grünen) und benennt die Branche als einen entscheidenden Player in der notwendigen Transformation des Ernährungssystems. Die Ernährungswirtschaft zeichnet verantwortlich für ein Fünftel der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen in Deutschland.
„Mehr Transparenz in der Produktherkunft, mehr Bio-Lebensmittel, eine größere Relevanz des Tierwohls durch Verwendung von weniger, aber dafür qualitativ hochwertigem Fleisch sowie eine Ausweitung des Angebots von klimafreundlichen Gerichten und Verpackungen: Immer wieder sind wir Juroren beeindruckt von der Kreativität, mit der die Betriebsgastronomie Nachhaltigkeit erlebbar macht und mit Genuss zum besser Essen verführt“, sagt Theresa Geisel. Die Palette der Möglichkeiten, mit denen Unternehmen das gesellschaftliche Bewusstsein für eine gesunde und klimafreundliche Ernährung stärken und schärfen, wachse beständig.