Heiko Antoniewicz: Kochen und Würzen mit Kaffee

| Gastronomie Gastronomie

Wenn Kaffee auf dem Teller landet, klingt das erstmal nach einem tollpatschigem Unfall. Doch weit gefehlt: Man kann mit Espressobohnen kochen. Und das richtig lecker, sagt einer, der die geröstete Bohne als Geschmacksträger nutzt: Heiko Antoniewicz.

Kaffee kann man nicht nur in unzähligen Varianten trinken. Kaffee kann man auch essen. Und damit ist nicht nur der italienische Dessert-Klassiker Tiramisu gemeint.

Wie wär's mit Kaffee im Kartoffelpüree, in der Suppe oder auf dem Steak? Schwer vorstellbar, wie das schmeckt? «Sogar umwerfend gut», sagt einer, der die geröstete Bohne als Geschmacksträger nutzt: Heiko Antoniewicz, Koch und Kochbuchautor aus Werne (NRW). Der gebürtige Westfale gilt als der Geschmackstüftler und Impulsgeber unter deutschen Spitzenköchen.

Frage: Wie kommt man auf die Idee, mit Kaffee zu kochen?

Heiko Antoniewicz: Damit habe ich schon 2005 angefangen. Zu einem Kochwettbewerb, an dem ich teilgenommen habe, musste ein 4-Gänge-Menü komplett mit Kaffee kreiert werden. Ein Dessert ist ja noch einfach. Aber Vorspeisen und Hauptgerichte? Da habe ich begonnen, mit Kaffee zu experimentieren und zu forschen - nicht nur mit gebrühtem Kaffee, sondern mit der ganzen Kaffeebohne. Etwa, um sie im Fond und weiteren Flüssigkeiten zu extrahieren.

Ich habe festgestellt, dass die über 1000 verschiedenen Kaffeearomen im positiven Sinne ein richtiger Geschmacksverstärker sind. Er gibt jedem Lebensmittel einen geschmacklichen Körper.

Das lässt sich nutzen, um Kaffeeöl herzustellen. Dazu werden ganze Kaffeebohnen in Rapsöl zunächst im Kochtopf auf 60 Grad erhitzt. Nach einer halben Stunde wird der Topf an die Seite gestellt. Dann ziehen die Bohnen zwei weitere Tage im Öl. Heraus kommen wunderbare Umami-Noten.

Frage: Wofür lässt sich das Kaffeeöl verwenden?

Antoniewicz: Es ist perfekt etwa für eine Marinade zu Fischgerichten. Keine Sorge: Das Öl ist nicht dunkel, wie man annehmen könnte, sondern nur ganz leicht goldgelb. Wir nutzen es auch, um Schwarzwurzel oder Chicorée zu braten. Das hat den Vorteil, dass bei den bitteren Gemüsen die Bitternote reduziert wird.

Frage: In welcher Form kommt Kaffee noch zum Einsatz?

Antoniewicz: Ein extrahierter Espresso kann ganz zum Schluss viele Speisen veredeln. Etwa Rotkohl. Man kocht den Kohl - wie er immer gemacht worden ist - und zum Schluss kommen auf 100 Gramm 10 Gramm Zartbitter-Schokolade und ein Espresso ran - wie in Italien üblich etwa eine halbe Mundfüllung voll. Wer sich unsicher ist, sollte es erstmal mit 10 Gramm - das sind etwa zwei Espressolöffel - ausprobieren. Das bringt einen unglaublichen Umami-Effekt, ohne dass der Rotkohl nach Kaffee schmeckt.

Und da wäre noch Kaffee als Gewürz, etwa in Rubs für Wildgerichte. Dafür muss man nur löslichen Kaffee mit Salz mischen - etwa ein gehäufter Teelöffel auf 100 Gramm Salz. Damit wird das Wild eingerieben. Das Kaffeearoma verfliegt, aber der Duft von frisch gemahlenem Kaffee bleibt.

Ganze Kaffeebohnen landen bei mir auch in Soßen, um diese nach Gefallen zu aromatisieren. Fein passiert servieren wir die Jus zum Schweinefleisch. Das Maß hierfür ist der eigene Geschmack. Dafür braucht es nicht viel. Viele Bohnen in der Soße müssen nur kurz ziehen und sind sehr ausdrucksstark im Geschmack.

Wenige Bohnen geben jedem Gericht den geschmacklichen Halt beziehungsweise das gewisse Etwas. Auch helle Soßen zu Schellfisch oder Kabeljau schmecken mit Kaffeebohnen wirklich umwerfend. Dafür nehme ich etwa 15 Bohnen und lasse sie 5 bis 8 Minuten in der fertigen Soße ziehen.

Zur Person: Heiko Antoniewicz ist Autor des Buches «Aromen. Das Kochbuch.» Es ist im DK Verlag erschienen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Anlässlich der Berlin Food Week Anfang Oktober besucht Ferran Adrià die deutsche Hauptstadt. Am 9. Oktober wird er einen Vortrag vor geladenen Gästen mit dem Titel "Der Einfluss der katalanischen Haute-Cuisine auf die Gastronomie" halten.

Pommes mit einer kompostierbaren Gabel essen und dabei Livemusik hören, die zu 100 Prozent mit Öko-Feststrom produziert wird: Fans der Band Die Ärzte, die am 23., 24. und 25. August 2024 eines ihrer Konzerte auf dem Tempelhofer Feld in Berlin besuchen, werden wahrscheinlich die nachhaltigste Großveranstaltung erleben, die die Branche aktuell zu bieten hat.

Etwas weniger Besucher sind in diesem Jahr zum Gäubodenvolksfest in Straubing gekommen. Erst war es sehr heiß - doch zum Schluss gab es kräftigen Regen. Die Wirte schenkten in diesem Jahr rund 700.000 Liter Festbier aus.

Nach Umbauarbeiten eröffnete Marché am 17. August das Zoorestaurant im Allwetterzoo Münster wieder und bietet den Besuchern eine frische Marktküche im neuen Look. Zoodirektorin Dr. Simone Schehka und Marché-Betriebsleiter Jasper Boeck bereiteten gemeinsam die erste Pasta zu. 

Er trug zur Erneuerung der französischen Küche bei und galt als ausgezeichneter Feinbäcker. Nun ist der berühmte französische Sternekoch Michel Guérard tot. Er starb im Alter von 91 Jahren.

San Francisco hat die zweithöchste Dichte an Sternerestaurants in den USA. Insgesamt gibt es in der Stadt 28 Restaurants mit einem Stern. Drei Restaurants erhielten drei Sterne, sechs Restaurants wurden mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.

Profitieren Restaurants mit Michelin-Stern auch wirtschaftlich von der Auszeichnung? Eine Studie aus den USA kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Demnach erhöht ein Michelin-Stern die Wahrscheinlichkeit, dass ein Restaurant in den folgenden Jahren schließen muss.

In den Niederlanden gibt es das preisgekrönte Gastrokonzept Pesca Theatre of Fish. Jetzt kommt das Fischtheater auch nach Deutschland und feiert mit dem Westfield Hamburg Überseequartier im Oktober 2024 Premiere. Pesca beteiligt Mitarbeiter an den Gewinnen des Unternehmens.

Ab sofort akzeptiert das Horváth in Berlin als erstes 2-Sterne-Restaurant weltweit Bitcoin als Zahlungsmittel. Für Küchenchef Sebastian Frank bedeutet die Kryptowährung vor allem eins: “Freiheit & Eigenverantwortung”.

Daniel Gottschlich, der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Koch im Kölner Restaurant Ox&Klee, bringt seine Leidenschaft für Geschmack jetzt auf die Straße. Mit der „Krassen Curry Vurst“ präsentiert Gottschlich eine vegane Currywurst. Die neue Marke setzt auf handgemachte Soßen, gesunde Zutaten und punkiges Design.