Sarah Wiener: Die politische Köchin wird 60

| Gastronomie Gastronomie

Sarah Wiener hat sich in ihrem Leben mehrmals neu erfunden. Die Gastronomie-Unternehmerin wurde zu einer berühmten Fernsehköchin, und seit drei Jahren ist sie vor allem als Abgeordnete der Grünen im Europaparlament tätig. «In die Politik zu gehen, ist ein kleiner, einfacher Schritt. Politik zu lernen und zu machen, ist dann noch mal eine ganz andere Dimension», gibt Wiener im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur unumwunden zu. Am Samstag feiert das in Westfalen geborene und in Wien aufgewachsene Multitalent seinen 60. Geburtstag.

Als «große Kraftanstrengung» bezeichnet Wiener ihren Quereinstieg in die EU-Politik, für die sie aber «Feuer gefangen» habe. Es sei schwierig, die Systeme, die unnötig komplizierte Fachsprache, die Rituale, die Akteure und die Hierarchien zu durchschauen - besonders, wenn man so wie sie nicht auf politische Netzwerke zurückgreifen könne. Während der Corona-Pandemie habe sie jedoch Zeit gefunden, sich viel Wissen anzueignen, erzählt sie.

Die Vielfalt an Interessen wurden Wiener in die Wiege gelegt. Sie wurde 1962 in Halle (Westfalen) als Tochter der Grafikerin und Zeichnerin Lore Heuermann geboren. Ihr Vater Oswald Wiener war ein bekannter Literat, Jazzmusiker, Informatiker und Gastronom.

Als Jugendliche brach sie die Schulausbildung ab, trampte durch Europa und kam schließlich in den 80er Jahren nach West-Berlin, wo sie ihren Sohn zur Welt brachte und ihre gastronomische Laufbahn begann: erst als Küchenhilfe und Konditorin im «Exil», dem Szene-Restaurant ihres Vater in Kreuzberg, dann als Catering-Unternehmerin für Filmproduktionen und als eigenständige Restaurant-Betreiberin.

Nach ein paar Talkshow-Auftritten Anfang der 2000er landete Wiener mit ihrer Rolle als Mamsell in der ARD-Zeitreise-Doku «Abenteuer 1900 - Leben im Gutshaus» im Jahr 2004 endgültig in der Welt des Fernsehens. Es folgten viele Kochsendungen, darunter «Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener», bei der sie verschiedene Länder bereiste und regionale Speisen nachkochte - sozusagen als Wegbereiterin für Tim Mälzer, der später mit «Kitchen Impossible» eine testosterongeladene Version des Formats präsentierte. «Das Fernsehen geht mir auch ab und zu ab», sagt die Politikerin Wiener heute. «Ich tröste mich damit, dass ich ja noch jung bin. Das kann ja wiederkommen.»

In der Doku-Serie «Sarah und die Küchenkinder» widmete sich Wiener dem gesunden und lustvollen Kochen mit Kindern - ein Anliegen, das auch die von ihr ins Leben gerufene Stiftung mit verschiedenen Projekten verfolgt. «Kochen ist politisch», sagte die Star-Köchin und Mutter eines Sohnes schon einige Jahre, bevor sie 2019 für Österreichs Grüne zur Wahl antrat. Der Kampf gegen industrielle Lebensmittelproduktion und für lokale, nachhaltige Landwirtschaft gehören zu ihren Kernthemen.

Doch Wieners Leben besteht nicht nur aus TV- und Wahlerfolgen. Im Jahr 2014 trennten sich Schauspieler Peter Lohmeyer und sie im siebten Jahr ihrer Beziehung. 2020 meldete sie während der Corona-Pandemie Insolvenz für ihre Berliner Restaurants und ihren Catering-Service an. «Die Gastronomie selber vermisse ich nicht so sehr wie den Akt des Kochens», sagt Wiener, die viel Zeit in Straßburg und Brüssel verbringt. Ihre anderen Unternehmen laufen weiter, darunter eine Bäckerei und ein Bio-Bauernhof in ihrer Wahlheimat in der Uckermark.

An ihrem runden Geburtstag lässt sich Sarah Wiener bekochen und feiert mit Familie und engen Freunden. Danach folgt eine Tour durch Österreich, um mit Wählerinnen und Wählern zu diskutieren und zu essen. «Es kann sein, dass ich bei diesen Veranstaltungen auch das eine oder andere Mal den Kochlöffel in die Hand nehme», erzählt sie. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

17 Tage Bier, Brathähnchen, Karusselle und Achterbahnen: Am Freitag beginnt auf dem Cannstatter Wasen das - nach dem Münchner Oktoberfest - zweitgrößte Volksfest der Welt. Den Auftakt des Festtreibens bildet der Fassanstich durch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper.

Drei von vier Festzeltbedienungen auf dem Oktoberfest haben bereits sexuelle Belästigung erlebt – so das Umfrageergebnis von Maren Schulze-Velmede von der Hochschule München. Ihre Forschungsergebnisse flossen nun in Maßnahmen in der Schottenhamel Festhalle ein. 

Im November 2023 ist das erste, neue Wienerwald-Restaurant in Torfhaus im Harz eröffnet worden. Dass es bei einem Restaurant nicht bleiben sollte, wurde schon damals deutlich. Auf einen Schlag gibt es nun zwölf neue Wienerwald Restaurants - verteilt über Deutschland, an den Maxi-Autohöfen.

Millionen Gäste kommen zum Oktoberfest. Nach den Anschlägen in Solingen und München ist die Sicherheit einmal mehr Thema. Innenminister und Justizminister sind zufrieden mit den Maßnahmen.

Es ist eines der Oktoberfest-Gesetze: Auf der Wiesn gibt es nur sechs Münchner Biere. Doch eine kleine Brauerei aus Giesing rüttelt nun am mutmaßlichen Bier-Kartell.

Riesenandrang auf dem Oktoberfest: Hunderttausende feiern in München bei wolkenlosem Himmel. Die Festleitung spricht in einer Schätzung von einer Million Wiesn-Besuchern.

Das britische Pub-Sterben hat sich im ersten Halbjahr fortgesetzt. Zwischen Januar und Juni schlossen in England und Wales etwa 50 pro Monat. Aus den ehemaligen Kneipen werden vor allem Wohnungen, Büros oder sogar Kindergärten.

Es sind die Erinnerungen an die Geschmäcker und Gerichte ihrer Kindheit in Vietnam, die Thi Ba Nguyen ab sofort im Restaurant VINA in Graz auftischt. In einem fünfgängigen Menü führt die mit 83 Jahren älteste Spitzenköchin Österreichs durch die vielfältige Aromenwelt Vietnams.

München ist wieder im Ausnahmezustand: Am ersten Wiesntag kamen nach ersten Schätzungen der Festleitung rund eine halbe Million Menschen auf die Theresienwiese. Die verschärften Sicherheitsvorkehrungen schreckten die Gäste offensichtlich nicht. 

Ab Samstag herrscht in München wieder Ausnahmezustand: Oktoberfest. Nicht nur Neulinge haben Fragen: Was kostet das Bier, darf man kiffen, wie bekommt man einen Tisch - und: Ist die Wiesn sicher?