Was Gastronomen vor der Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer tun müssen

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Um die Gastronomie in der Corona-Krise zu unterstützen, wurde 2020 der Mehrwertsteuersatz für Speisen auf 7 Prozent gesenkt. Damit ist höchstwahrscheinlich Schluss: Für die Abgabe von Speisen im Restaurant soll ab 1. Januar 2024 wieder der ursprüngliche Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gelten. Der Dehoga warnt angesichts dessen gar vor einem „Preisschock“ und damit einhergehenden Existenznöten (Tageskarte berichtete). Was Gastronomen jetzt tun müssen, weiß Erich Nagl, Leiter von ETL ADHOGA.

„In der Tat wird das Frühjahr 2024, ähnlich wie die Frühjahre, die man aus der Corona-Zeit kennt, eine große Herausforderung“, resümiert Erich Nagl. Da der Gast voraussichtlich Konsumverzicht üben werde, bis er sich an die neuen, notwendigerweise höheren Preise gewöhnt hat, müsse der Gastronom seine Finanzen stärker im Blick behalten. Nagls Tipp: „Die anstehende Hochsaison im Dezember dafür unbedingt nutzen, um Liquidität aufzubauen.“ Dazu gehört aus seiner Sicht auch, jetzt schon die Preise zu erhöhen und das Angebot anzupassen.

Wie gut diese Preiserhöhungen dann vom Kunden aufgenommen werden, steht auf einem anderen Blatt. Hier wird sich laut Erich Nagl einmal mehr die besondere Bedeutung der Gastronomie als Wohnzimmer der Gesellschaft zeigen: „Ein Gastronom, der zu niedrige Preise nimmt, kann zwar kurzfristig den Gast erfreuen. Er weiß aber, dass er auf lange Sicht nicht überleben können wird.“

Wer aber ein ansprechendes Angebot mit dem Gefühl eines besonderen Erlebnisses verbinden könne, der werde auch zukünftig Gäste von sich begeistern, betont der Branchenexperte. Darüber hinaus müsse der Gastronom kaufmännischer denken und seine internen Prozesse stets hinterfragen. „So eine Krise ist ja immer ein Anlass, nochmal jeden Stein umzudrehen. Also Abstand zu nehmen von: ‚Das haben wir immer schon so gemacht.‘ Vor dem aktuellen Hintergrund kann der Gastronom sich fragen, ob Konzept, Produkte, Beschaffung und Preisbereitschaft des Gastes wirklich zueinander passen.“ Diese Entscheidung sollte man nicht aus dem Bauch heraus treffen, sondern auf Basis einer vernünftigen Kalkulation. „Ein Unternehmen nach Bauchgefühl und Kontostand zu führen, ist per se zum Scheitern verurteilt, weil es nicht reicht, um dann vernünftig zu wirtschaften.“

Dennoch, in die lauter werdenden Kassandrarufe möchte Nagl ausdrücklich nicht einstimmen: „In der Tat ist die Gastronomie in den letzten vier Jahren Nackenschläge gewohnt, und immer wieder hat die Branche bewiesen, dass sie damit umgehen und sich anpassen kann.“

Die Professionalisierung der Branche, die während der Corona-Pandemie und mit der Digitalisierung enorm an Schwung gewonnen habe, bekäme durch den Druck der auslaufenden Mehrwertsteuer-Senkung noch einmal Auftrieb und beschleunige sich weiter. Was jedoch mit der geplanten Rückkehr zum höheren Mehrwertsteuersatz einhergeht, sei der bittere Beigeschmack einer wenig verständlichen Steuerauslegung. „Ob Essen auf Pappe oder Porzellan daherkommt, sollte nicht die Rolle spielen. Auch andere Absurditäten unseres Steuersystems, resultierend aus der Differenzierung zwischen 7 und 19 Prozent, sind kaum noch vermittelbar und aus der Zeit gefallen. Es bleibt die ketzerische Frage, ob nicht der Verwaltungsaufwand für unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gar größer ist als der volkswirtschaftliche Nutzen.“

Am 19. Dezember 2023 um 10:30 Uhr widmen die Experten von ETL ADHOGA der geplanten Rückkehr zur 19-Prozent-Mehrwertsteuer-Regelung eine eigene Folge in ihrem branchenspezifischen Update „GASTRObriefing“. Hier finden der Anmeldelink für das Online-Seminar.


 

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