Wucherpreis für Wiesntisch – Ochsenbraterei-Wirtin klagt gegen Online-Portal

| Gastronomie Gastronomie

Vierstellige Summen für einen Tisch im Bierzelt auf dem Münchner Oktoberfest: Wiesnwirte kämpfen seit Jahren gegen den Zweitverkauf von Platzreservierungen über Online-Händler. Erstmals wehrt sich eine Wirtin vor Gericht. Antje Schneider von der Ochsenbraterei klagt gegen ein Portal, das schon jetzt Plätze für 2022 anbietet. Am nächsten Freitag will das Landgericht München I eine Entscheidung verkünden.

«Diese Plattformen haben niemals Reservierungen von uns bekommen. Wir geben ganz bewusst keinem Zwischenhändler Reservierungen, da es bei diesen nicht um einen Mehrwert für die Kunden geht», sagt die Wirtin und Chefin der Haberl Gastronomie, die mehrere Gaststätten betreibt, darunter den Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten. Zudem sei die Weitergabe von Reservierungen mit Gewinnerzielungsabsicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. «Damit das Oktoberfest ein Volksfest bleibt, gibt es für Zeltbetreiber für die Tischreservierungen offizielle Regeln.»

Der Online-Anbieter verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes von 2008 zu Bundesligakarten. Demnach sei grundsätzlich der Erwerb von Dritten erlaubt. Er könne nur in Ausnahmefällen untersagt werden, wenn ein sogenannter Schleichbezug vorliege, «also wir Personen «vorschicken» würden, die Karten kaufen mit dem Ziel, sie an uns weiterzuverkaufen», heißt es in einer Stellungnahme. Das sei aber hier nicht der Fall.

Zweitverkäufe der begehrten Wiesn-Plätze auf verschiedenen Portalen sind Wirten und Stadt seit Jahren ein Dorn im Auge. Die Klage sei der richtige Schritt, sagt der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). «Die Wiesn ist für alle da - unabhängig davon, wie groß der Geldbeutel ist.»

Wiesnwirte-Sprecher Peter Inselkammer spricht von «Wucherpreisen». «Moralisch finde ich es nicht gut, dass mit etwas gehandelt wird, das bei uns nichts kostet.» Zur Klage von Wirtin Schneider sagt Inselkammer: «Es ist richtig, dass die Kollegin da durchgreift.»

Bei den Wirten müssen Gäste nur Verzehrgutscheine kaufen. Die Reservierung ist im Kern kostenfrei. Auf den Plattformen kostet ein Platz meist ein Vielfaches der Gutscheine. Bei manchen Portalen - nicht so beim Beklagten - bekommt der Kunde diese nicht einmal.

Inselkammer warnt Käufer: Die Wirte stornierten gemäß den AGBs bei Kenntnis jeden Tisch, der weiterverkauft wurde. Immer wieder einmal stünden Kunden dann im Zelt - und hätten bezahlt, aber keinen Tisch. «Wir können nur dazu aufrufen, nicht zu kaufen.»

Für 2022 haben die Wirte noch keine Bewerbungen abgegeben, die Stadt hat nicht über Zulassungen entschieden. Bestätigte Reservierungen für Plätze gibt es folglich bisher nicht. Baumgärtner: «Seriös kann man jetzt keine Tisch-Reservierungen für das nächste Jahr erwarten.»

Ob es eine Wiesn 2022 gibt, ist nicht sicher. Zum zweiten Mal fiel in diesem Jahr das Volksfest wegen der Pandemie aus. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) möchte nächstes Jahr eine Wiesn haben. Man arbeite an Konzepten, «wie die Wiesn 2022 stattfinden kann und die Besucherinnen und Besucher so sicher wie irgend möglich Spaß haben können». Doch noch ist das nicht entschieden.

Immer wieder haben sich Gerichte bundesweit mit Ticket-Zweitverkäufen auseinandergesetzt. Mal ging es um Karten für Fußballspiele, mal für die Passionsspiele in Oberammergau, mal für Konzerte, etwa mit Sopran-Star Anna Netrebko in der Hamburger Elbphilharmonie.

So unterschiedlich wie die Anlässe waren die Entscheidungen. In einem Fall sah ein Gericht als Grenze einen 25-prozentigen Aufschlag auf den Ursprungspreis als legitim an, ein andermal durfte nur nicht damit geworben werden, dass die Veranstaltung fast ausverkauft sei.

Vergebens wehrte sich Oberammergau gegen den Verkauf von begehrten Premieren-Karten, die Ehrengästen vorbehalten und im freien Handel gar nicht zu haben sind. Dennoch dürften Premierengäste, die nicht kommen wollen, ihre Plätze über eine Plattform anbieten, entschied das Oberlandesgericht München 2019. Wenige Monate später obsiegte vor diesem Gericht der FC Bayern im Streit mit einem Tickethändler.

Im Streit mit der Ochsenbraterei sieht der Anbieter der Wiesn-Plätze 2022 Klärungsbedarf in Karlsruhe und erinnert an das Urteil von 2008: «Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit vom Bundesgerichtshof entschieden werden muss, und zwar mit der Frage, ob eine Abkehr von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgt.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit zehn ausverkauften Abenden, über 300 Gästen und begeistertem Feedback feierte das Future Lab Anima von Alexander Herrmann und Tobias Bätz im Februar 2025 seine erste eigene Pop-Up-Reihe. Nun wird das Konzept fortgeführt.

Die Roboterfirma Circus und REWE kochen demnächst zusammen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wird der Küchenroboter CA-1 gemeinsam in mehreren REWE-Supermärkten in Deutschland eingesetzt. Der Pilot startet im Herbst 2025 und ist das weltweit erste Projekt dieser Art.

Rekord auf dem Cannstatter Wasen: Rund 2,2 Millionen Menschen haben das Stuttgarter Frühlingsfest besucht. Noch nie zuvor seien so viele Besucherinnen und Besucher gekommen, teilte der Veranstalter mit.

Vieles, was in Jinok Kims Restaurant in Kreuzberg auf dem Teller landet, baut die Köchin selbst in Potsdam an. Manche Kräuter kann man nirgends kaufen. Auch andere haben das Konzept für sich entdeckt.

Für viele gastronomische Betriebe in Hessen ist der grassierende Personalmangel nicht mehr das größte Problem. Vielmehr stellen laut Dehoga die steigenden Personalkosten die größte Herausforderung dar.

Für viele gehört ein Krabbenbrötchen zu einem sonnigen Tag am Meer. Doch in diesem Frühjahr sind Nordseegarnelen knapp. In einigen Orten werden zweistellige Preise aufgerufen, an anderen werden Krabbenbrötchen zum Tagespreis angeboten.

In Berlin eröffnet heute, im ehemaligen IMAX-Kino im Center am Potsdamer Platz, der aus London stammende Gastro-Inkubator KERB einen Food-Court, der sich im Londoner Ausgehviertel West End einen Namen gemacht hat. Elf Lokale aus der Berliner Food-Szene sind hier unter einem Dach vereint. Mit dabei sind viele bekannte kulinarische Highlights.

Zahlreiche Gastronomen hatten sich um die verfügbaren Flächen auf dem Maschseefest in Hannover beworben. Nun steht fest, welche kulinarischen Angebote die Besucher von 2025 bis 2027 bei Deutschlands größtem Seefest erwarten dürfen.

Auf ins Bierzelt: Der Wettlauf zu den Plätzen gehört zu den Phänomenen der Wiesn. Für Münchner gibt es nun bessere Chancen. Und auch bei den Zelten gibt es Entscheidungen.

In der Restaurant-Weltrangliste 2025 von Restaurant-Ranglisten.de bestätigt das Restaurant Plénitude den ersten Platz. Das Pariser Restaurant von Arnaud Donckele hatte den Spitzenrang erstmals im Jahr 2023 übernommen. Bereits auf dem zweiten Platz folgt das erste deutsche Restaurant.