Hotelier Haakon Herbst über Kontrollverlust, Ratlosigkeit und den Scherbenhaufen eines Lebenswerks

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In einem emotionalen Facebook-Post wendet sich der Hotelier Haakon Herbst an die Öffentlichkeit. Der Unternehmer beschreibt, mit welchen Konsequenzen sein einst gesundes Unternehmen derzeit durch das Raster der Hilfsmaßnahmen rausche. Der Beitrag wurde inzwischen über 500 Mal geteilt und dutzendfach kommentiert.

Herbst, der von seinen ehemals fünf „friends hotels“ bereits eines aufgegeben hat schreibt: „Nach 56 Jahren bin ich nun zum ersten Mal in meinem Leben nahezu ratlos. In sieben Tagen ist die Pandemie neun Monate alt. Seit dem 16. März 2020 haben Irene Bakker und ich knapp zwei Millionen Euro minus erwirtschaftet. 75.000 Euro haben wir an Soforthilfe bekommen. Über knapp 800.0000 Euro haben wir ein KfW-Darlehn aufgenommen. Zirka 650.000 schulden wir unseren Verpächtern. 500.000 Liquidität sind aufgezehrt. Wenn die Pandemie nun schlagartig am 1. Januar aufhören würde, bräuchten wir zehn Jahre, um diese ganzen aufgehäuften Schulden zurück zu zahlen. Das heißt: 10 Jahre mit hundert Stundenwochen für nichts - nur für die Begleichung von Schulden für eine unverhältnismäßig von der Regierung angeordnete Betriebsschließung und für eine Menge handwerklicher Fehler bei den Förderprogrammen.“

 

Herbst beschreibt im Detail, dass sein Unternehmen von den angekündigten Hilfen bislang weniger erhalten habe, als zum Überleben notwendig wäre: Weil wir abgesicherte Kredite aufgenommen haben, bekommen wir bis dato keine Überbrückungshilfe (weder 1 noch 2) - weil man sich mit Europa noch nicht einig ist, wurde unsere maximale „Fördersumme“ auf 800.000 begrenzt. Weil alle unsere eigenen GmbH´s am langen Ende mir gehören, bekommt nicht jeder Betrieb eine Einzelbehandlung, sondern alles wird zusammengefasst und weil der § 313 (Wegfall der Geschäftsgrundlage) noch nicht final geklärt wurde, haben unsere Verpächter das Recht auf die volle Pachtsumme.... und jetzt habe ich nicht einmal über den in Europa recht seltenen Strafbestand der Insolvenzverschleppung geschrieben (gibt es nur in 6 Ländern) - auch hier warten alle Betroffenen auf klare Aussagen aus dem Justizministerium.“

Herbst beklagt, dass der „Kollege“ Dirk Iserlohe, der Inhaber der Dorint Hotels, inzwischen 26 Briefe an die Kanzlerin, die Ministerpräsidenten der Länder und die Minister der betreffenden Ministerien geschrieben, aber keinerlei Reaktion erhalten haben. Herbst fragt, dass wenn einer der größten deutschen Arbeitgeber der Hotellerie mit 4000 Mitarbeitern kein Gehör finde, wie soll es dann ihm und den anderen kleineren Kollegen gelingen?
 

Ausdrücklich lobt Herbst die Initiativen von Rolf Seelige-Steinhoff von den Seetel-Hotels oder den unermüdlichen medialen Einsatz von Caroline von Kretschmann vom Heidelberger Hof. Auch der DEHOGA Nordrhein kämpfe zwar bis zum Umfallen, komme aber auch nur sehr mühsam voran. Und am Ende lande man immer wieder in Warteschleifen. Keiner scheine in der Lage zu sein, etwas zu bewegen oder etwas final zu entscheiden. 

Er selbst schwanke täglich zwischen Kontrollverlust und suizidalen Gedanken, werde davon zum Glück aber von seiner Frau und seiner Tochter abgehalten. Herbst stellt die Frage, was er, stellvertretend für kleine Hoteliers noch tun müsse, um endlich Aufmerksamkeit in Berlin zu erlangen? Der Unternehmer hofft, nun in eine der vielen TV-Talksendungen eingeladen zu werden, um auf die Situation kleinerer Unternehmen aufmerksam machen zu können. 

Mit seinem Post trifft Herbst den Nerv der Branche. Caroline von Kretschmann schreibt in einem Kommentar: „Lieber Haakon Herbst, es ist, wie Sie schreiben, ein absolutes Desaster. Und hinter all den Zahlen stecken tausende Einzelschicksale. Es ist wirklich zum verzweifeln. Im Tal des Jammers breite deine Flügel aus, hat Susan Sontag einmal geschrieben. Wir müssen wohl tapfer weiter kämpfen und auf ein Ende dieser Phase hoffen.“

Hotelier Johannes Lohmeyer schreibt: „Lieber Haakon, Du hast mir aus der Seele geschrieben. Ich verspüre eine unfassbare Wut auf diese Politikdarsteller, die ihr ganzes Leben auf meine Kosten verbringen. Und da tröstet mich der Gedanke, dass sie das mangels Steuern die nächsten Jahre nicht tun werden.“

Florian Lambrich vom Hotel Weinberg-Schlößchen schreibt: „Ich hoffe Du hältst durch. Wer Dich kennt, der weiß, dass solche Töne von Dir normal nie kommen. Ich hoffe auch, dass die November Dezemberhilfe Dir etwas bringt. Anschließend muss nachverhandelt werden.“

Eventveranstaltuner Günter Mainka kommentiert: „Du hast Recht und die zentrale Frage ist: Warum verhält sich die Regierung uns gegenüber so? Warum werden 26 Briefe nicht beantwortet und warum sind Hilfsprogramme nicht den Namen wert? Warum bewegt sich nichts und wieso passen viele Maßnahmen nicht zusammen? Ich bin seit 9 Monaten auf der Suche nach Antworten, denn ich habe mich in fast jedem Satz von Dir wiedergefunden. Meine Erkenntnisse und Antworten auf die obigen Fragen sind letztendlich sehr simpel. Wenn man es als Politiker nicht gewohnt ist jeden Tag wirtschaftliche und unternehmerische Entscheidungen zu treffen, dann ist das Verständnis für unsere Lage auf politischer Seite nur in Homöopathischen Dosen zu beziffern.“


 

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