Insolvenz der Lindner Hotels AG – Restrukturierung folgt auf Restrukturierung

| Hotellerie Hotellerie

Die finanzielle Lage der Lindner Hotels AG wurde zuletzt so schwierig, dass das Unternehmen ein Insolvenzverfahren beantragte (Tageskarte berichtete). Noch im Sommer hatte die Lindner Hotel Group verkündet, dass das Unternehmen erfolgreich durch eine umfassende Restrukturierung geführt worden sei. Man wollte sich langfristig als „führende international ausgerichtete Hotelgruppe aus dem deutschsprachigen Raum“ etablieren. Jetzt sind die Gläubiger am Zuge.

Wenige Wochen vor dem Gang zum Amtsgericht hatte die Gesellschaft noch versucht, Geld über ein Crowd-Funding zu organisieren. Hier wurde das Bild eines Unternehmens gezeichnet, das in der Lage sei, „langfristig stabile Einnahmen zu sichern“.

Seit dieser Woche ist die Rede von einer Insolvenz, für die Rezessionseffekte sowie Kosten für Mieten, Material, Energie und Zinsen angegeben werden. Die Restrukturierungsmaßnahmen der vergangenen Monate und Jahre hätten dies nicht länger kompensieren können.

Die genaue Beurteilung der Lage der Gesellschaften fällt schwer, da Lindner in Pressemitteilungen, zuweilen von der Lindner Hotel Group spricht oder von einer Lindner Hotels AG. Beide Begriffe werden auch synonym verwendet.

In einem Pressetext aus diesem Sommer sagt Lindner, dass die Lindner Hotels AG als Lindner Hotel Group 36 Hotels in neun europäischen Ländern und in den USA führe. Von der aktuellen Insolvenz betroffen sind aber nur 13 Häuser.  Das liegt auch daran, dass Hotels in anderen Gesellschaften stecken, wie ein Schaubild der Gesellschaft verdeutlicht. Eine Lindner Hotel Group taucht hier allerdings nicht auf.
 

Martin Rinck ist doch nicht CEO

Als Vorstände der Lindner Hotels AG operieren scheinbar weiter Frank Lindner und Christoph Scherk. Erst im August hatte Lindner Martin Rinck als neuen Chief Executive Officer und Vorstandsvorsitzenden angekündigt. Rinck sollte am ersten Oktober auf Arno Schwalie folgen. Wie sich jetzt herausstellt, hat Martin Rinck dieses Amt aber gar nicht angetreten. Vielmehr sei er ein externer Berater in der Position des Chief Advisors, so ein Sprecher des Unternehmens gegenüber Tageskarte. Rinck habe sich aus persönlichen Gründen, entgegen Veröffentlichungen der AG, nicht in die Vorstandsfunktion bestellen lassen.

Schwalie wurde seinerzeit mit blumigen Worten verabschiedet: „Arno Schwalie hat mit seiner Expertise, seinem unternehmerischen Mut und seinem Tatendrang die Weiterentwicklung der Lindner Hotel Group nach der Covid-Pandemie geprägt. Wir haben die Basis geschaffen, um uns langfristig als führende international ausgerichtete Hotelgruppe aus dem deutschsprachigen Raum zu etablieren. Für die ausgezeichnete Zusammenarbeit danke ich und wünsche ihm für seine zukünftigen Herausforderungen alles Gute“, so Jörg Lindner, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Lindner Hotel Group damals.

Der Hotelier und Unternehmer Marco Nussbaum schätzt die Lage in einem LinkedIn-Post anders ein. „Mir stellt sich die Frage, ob durch die strategischen Entscheidungen während des Generationswechsels wirklich die richtige Richtung eingeschlagen wurde. Ein Punkt, der in diesem Zusammenhang besonders interessiert, ist der Deal mit Hyatt. 2022 wurde Lindner Hotels Teil von „JdV by Hyatt“, ein Schritt, der als Meilenstein für Internationalität und Wachstum angekündigt wurde. Doch hat dieser Schritt tatsächlich den erhofften Mehrwert gebracht? Statt einer klaren Markterweiterung gab es in meiner Wahrnehmung anschließend vor allem Verwirrung unter Mitarbeitern und Gästen, und die Kooperation führte angeblich zu hohen Gebühren und erhöhten Kosten, die die Margen belasteten. Ich bezweifle, dass es gerade in der Distribution nennenswerte Vorteile gegeben hat. Hat der Hyatt-Deal wirklich das versprochene Wachstum und den Erfolg gebracht, oder hat er die Situation eher verkompliziert und zu mehr Bürokratie geführt?“

Jetzt geht es also bei Lindner mit den Vorständen Frank Lindner und Christoph Scherk weiter. Dr. Frank Kebekus unterstützt als Generalbevollmächtigter, und Prof. Dr. Dirk Andres wurde als vorläufiger Sachwalter für die insolvente Lindner Hotels AG bestellt.

Auf Gläubiger und Vermieter kommt es an

Aus dem Unternehmen hieß es, dass man jetzt mit den Gläubigern über deren Sanierungsbeiträge sprechen wolle. Nach Agentur-Informationen soll es dabei unter anderem um die Höhe der Mieten gehen. Bis zum Sommer soll ein Insolvenzplan stehen, über den die Gläubiger dann abstimmen.

Vor allem wegen der Verpflichtungen der AG aus der Vergangenheit sei es geboten gewesen, ein Eigenverwaltungsverfahren zu beantragen, sagte der Restrukturierungsexperte Frank Kebekus.

Nach Einschätzung von Prof. Clemens Engelhardt kommt es jetzt entscheidend darauf an, wie die Seite der Vermieter sowie Investoren und Entwickler reagiere. „Hier gilt es, Panikmache zu verhindern“, schrieb der Rechtsanwalt auf LinkedIn. „Zwar gelten bestimmte rechtliche Schutzmechanismen (sog. Kündigungssperre, § 112 InsO); wenden sich aber die Vermieter geschlossen von einem Hotelbetreiber ab, hilft das Recht zumeist wenig.“

Die Zahlungsunfähigkeit betrifft nicht alle Hotels der Gruppe. Es geht um 13 Hotelbetriebe unter anderem in Frankfurt, am Nürburgring, in Köln, Düsseldorf, Hamburg und auf Sylt. Die AG beschäftigt derzeit knapp 650 Angestellte, 96 Auszubildende und bis zu 100 Aushilfen.

So hatte die Lindner Hotel Group erst in diesem Frühjahr den Betrieb von fünf Häusern, die bislang von der 12.18. Group geführt wurden, übernommen. Diese Häuser sind von dem für die Lindner Hotels AG beantragten Verfahren nicht unmittelbar betroffen. Gleiches gilt für die ‚me and all hotels‘.  Die Lindner Hotels AG ist zwar das zentrale operative Unternehmen der Gruppe und betreibt direkt oder über Beteiligungen 39 Hotels in Deutschland und Europa. In der Lindner International GmbH sind die internationalen Beteiligungen/Hotelbetriebe gebündelt, in der LHG Management GmbH werden die Boutique-Hotelbetriebe gebündelt. Zwischen der Lindner Hotels AG und der Lindner Unternehmensgruppe GmbH & Co. KG sowie der LHG Management GmbH bestehen Ergebnisabführungsverträge.

Letzter Akt: Geld über Crowdfunding

Noch wenige Woche vor der Insolvenz, Anfang November 2024, hatte die Linder Hotels AG versucht, sich Millionen über eine Crowd-Investing-Kampagne zu sichern. Bereits 2019 war das Unternehmen diesen Schritt schon einmal gegangen.

In der digitalen Bewerbung der Schuldverschreibung wurde noch vor sechs Wochen das Bild eines Unternehmens gezeichnet, das in der Lage sei „langfristig stabile Einnahmen zu sichern“. Linder sei ein „etabliertes Unternehmen mit Zukunftspotenzial“, so die Sprache in der „Investorenbroschüre“. Das nachhaltige Geschäftsmodell „überzeuge umweltbewusste Gäste und Investoren gleichermaßen“. Der Umsatz würde die hohe Nachfrage bestätigen, pries sich das Unternehmen selbst.

Nach Verlusten in den letzten Jahren rechnete Lindner bei seinen Planzahlen für die AG, schon im Jahr 2025 wieder mit einem Jahresüberschuss nach Steuern von 2.539.000 Euro. 2026 plante das Unternehmen mit einem Überschuss von 5.909.000 Euro. Für das aktuelle Jahr lässt sich in vielen dargestellten Bereichen eine Verringerung der Kosten und Anstieg der Erlöse erkennen.

Die geplante Schuldverschreibung, über die die AG Geld einnehmen wollte, ist, so das Unternehmen, dann allerdings nicht umgesetzt worden. Bekannt ist, dass 154 Anleger schon mehr als 800.000 Euro investieren wollten. Sämtliche Gelder wurden aber am 17.12.2024 vollständig an die Anleger zurücküberwiesen.

Nur wenige Wochen nach Veröffentlichung der Planzahlen mit gemutmaßten zukünftigen Jahresüberschüssen nach Steuern in Millionenhöhe, erfolgte dann der Gang zum Amtsgericht in Düsseldorf um das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu beantragen.

Marco Nussbaum schreibt dazu auf LinkedIn: „Die Insolvenz ist ein harter Rückschlag, aber sie sollte auch als Gelegenheit zur Neuausrichtung dienen. Es bleibt zu hoffen, dass die Lindner Hotels AG die möglichen Fehler erkennt und sich wieder auf die Werte besinnt, die Otto Lindner zum Erfolg geführt haben. Denn die Mitarbeiter, die die Vision und Klarheit von Otto Lindner kannten, verdienen mehr als das gefühlte Durcheinander der Führung der letzten Jahre.“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

AccorInvest, die Eigentümergesellschaft, die 2017 von der französischen Hotelgesellschaft Accor ausgegliedert wurde, hat sich in Essendi umbenannt. Essendi ist der größte Hoteleigentümer und -betreiber in Europa, der bis Ende 2024 Immobilien im Wert von 7,8 Mrd. Euro (8,87 Mrd. US-Dollar) in seinem Portfolio hatte.

Das nachhaltig wirtschaftende "Hotel 1601" mit barrierefreien Zimmern am Werratal-Radwanderweg in Treffurt (Wartburgkreis), ist Sieger des diesjährigen Thüringer Inklusionspreises.

Die Hospitality Sales & Marketing Association Deutschland setzt ihren Wettbewerb fort und vergibt 2025 bereits zum fünften Mal in Folge die Social Media Awards. Zeitgleich wird im Rahmen des HSMAday 2025 auch der Green Sleeping Award verliehen.

Die Aspire Group wird im Juni 2025 das ehemalige Hotel Kaiserhof in Wuppertal, übernehmen. Das Hotel wird künftig unter dem Namen Spark by Hilton Wuppertal City Centre betrieben und ist das zweite Hotel der Premium-Economy-Marke Spark by Hilton in Deutschland.

Die Berliner Dormero-Gruppe hat zum 1. Mai das 83-Zimmer-Hotel am Fuße der Zugspitze im Tiroler Biberwier übernommen. Das damals als Cube konzipierte Hotel hat einen direkten Zugang zu den Skipisten der Tiroler Zugspitzarena und wird das dritte Hotel der Gruppe in der Alpenrepublik. Das Hotel wird in Zukunft unter dem Namen Dormero BeHo Zugspitze firmieren.

Die österreichische Hotelbetreiberin Alpin Family GmbH hat beim Handelsgericht Wien Insolvenz angemeldet. Wie die Gläubiger- und Kreditschutzverbände berichten, belaufen sich die Schulden auf rund 17 Millionen Euro. Betroffen sind etwa 135 Gläubiger sowie 73 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hilton und Middle East For Nile Cruisers haben die Unterzeichnung der "Waldorf Astoria Nile River Experience" bekanntgegeben. Das Projekt bietet eine Route mit vier oder sechs Übernachtungen auf dem längsten und berühmtesten Fluss Afrikas.

Die Motel One Group blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 zurück: Mit einem Umsatzwachstum von 15 Prozent auf 980 Millionen Euro setzt das Unternehmen ein starkes Zeichen in einem herausfordernden Marktumfeld.

Die Marke Zleep Hotels feiert ihren Markteintritt in Deutschland: Gäste können jetzt in das Zleep Hotel Frankfurt Airport Kelsterbach einchecken. Weitere Zleep Hotels in Europa sind in Planung. Das Wachstum der Marke wird insbesondere im Franchise-Segment vorangetrieben.

In einer feierlichen Veranstaltung hat das Studierendenwerk Frankfurt am Main das Hostel „HOME“ in der Nähe des Frankfurter Westbahnhofs eröffnet. Bei der Eröffnung staunte auch der ehemalige ESA-Astronaut Thomas Reiter über das aufwendig im Weltraum-Look gestaltete Hostel.