Massive Kritik: „Booking trifft Hotellerie ins Mark“

| Hotellerie Hotellerie

Mit der erneuten Änderung seiner Stornierungsbedingungen zieht Booking immer stärker den Unmut der Hotellerie auf sich. Führende Hoteliers finden drastische Worte. Die europäischen Hotelverbände haben sich mit einem Schreiben gegen das Vorgehen von Booking verwahrt.

Zuvor hatte die Buchungsplattform erneut die Stornierungsbedingungen und den Zugriff auf die virtuellen Kreditkarten für Hotelier eingeschränkt. Demnach stuft Booking die aktuellen Beeinträchtigungen bei Reisen durch das Coronavirus offiziell als höhere Gewalt ein und ermöglicht damit die kostenfreie Stornierung für Gäste, auch wenn die Raten rechtlich eigentlich nicht stornierbar sind. Reisenden wird das Geld von Booking einfach zurückerstattet. Hotels sind aufgefordert, dieses Geld auf die virtuellen Kreditkarten von booking.com umgehend zurück zu belasten. Den Zugriff auf die virtuellen Kreditkarten hat Booking ebenso eingeschränkt. Hoteliers können fortan lediglich ab einen Tag nach der offiziellen Abreise des Gastes auf die virtuelle Kreditkarte von booking.com zugreifen. Hoteliers kritisieren, dass Booking mit dieser Handhabung erneut in die Geschäftspolitik des Hotels und Handhabung der aktuellen Situationen eingreift.

In einem aktuellen Blogpost schreibt Markus Luthe vom Hotelverband: „Im Zeichen der Corona-Epidemie ist Liquidität auch für die Hotellerie das mit Abstand wichtigste Gut. Deshalb trifft es die Hotellerie ins Mark, wenn mit Booking.com ausgerechnet der wichtigste Vertriebspartner jetzt die rechtlichen Grenzen seines Vermittlerstatus bei weitem überdehnt und seit Wochen einseitig Fälle „höherer Gewalt“ ausruft. Er nutzt seine Marktmacht aus und greift zu Lasten der Hotels eigenmächtig in deren Kundenbeziehung ein. Nicht-stornierbare Raten sind plötzlich vom Mittler (!) als „stornierbar“ deklariert worden. Und das zu einem Zeitpunkt, wo die ‚lieben Hotelpartner‘ angesichts des kompletten Einbruchs der Neubuchungen hinsichtlich ihrer Liquidität besonders verwundbar sind.“ In einem Schreiben hat sich der Verband bei Booking.com gegen dieses Vorgehen verwahrt und ein partnerschaftlicheres und verantwortungsbewussteres Verhalten angemahnt. Sicherheitshalber wurde die Europäische Kommission gleich in Kopie gesetzt.

Neben Booking hat auch Expedia seine Stornierungsregeln geändert. Auch Expedia beruft sich auf höhere Gewalt für Stornierungen und hat in der letzten Woche eine globale Handhabung zum Verzicht auf Stornierungsgebühren, auch für nicht erstattbare Buchungen aus ausgerollt, der Hotels hätten wiedersprechen können. Da die Frist inzwischen zum Ausstieg aus dem  „Cancellation Waiver Program“ inzwischen verstrichen ist, können sich Hoteliers nun noch per Mitteilung an den zuständigen Expedia Market Manager wenden. Dann storniert Expedia nicht, sondern gibt Gutscheine an Reisende aus.

Im Video-Interview mit Tageskarte spricht Romantik-Vorstand Thomas Edelkamp davon, dass er die größte Chance in der Neuordnung der Distribution sehe, bei der derzeit alles „auf Null stehe“. Booking tue sich keinen Gefallen mit dem, was gerade kommunizierte werde. Alle Hoteliers sollten sich grundlegend Gedanken darüber machen, wie sie zukünftig mit Third-Partys umgehen und welche Regeln sie dafür aufstellen.
 

Marco Nussbaum von prizeotel wird noch deutlicher: „Wo die Macht ist, da ist auch immer die Ausnutzung der Macht. Während die Hotellerie an einem nie dagewesene Abgrund steht und täglich um ihr Überleben kämpft, während viele Partner diesen Kampf unterstützen und Rechnungen stunden, Zahlungsziele verschieben nutzt booking.com diese Situation brutal für seine eigenen Zwecke aus. Unter dem Deckmantel des Gästewohls und damit zur Stärkung der Marke booking.com, hebelt das Unternehmen die aktuelle Gesetzeslage aus und definiert seine eigenen Gesetzte. Es ist eine aktive Schwächung der Hotellerie und welches Hotel soll derzeit juristisch oder verhandlungstechnisch darauf reagieren? Bis heute hat booking.com sich nicht an der Rettung der Hotels beteiligt und stundet weder die Kommissionen noch werden diese überhaupt reduziert. Im Gegenteil. booking.com definiert was höhere Gewalt ist, storniert Buchungen ohne Rückfragen, ändert die Zahlungsbedingungen ihrer virtuellen Kreditkarte und entzieht dem Hotel so überlebenswichtige Liquidität. Eine Partnerschaft sieht anders aus. Es scheint, als sei es für booking.com nun die beste Gelegenheit zusätzliche Marktanteile zu gewinnen, indem den Hotelgästen das Gefühl vermittelt wird, eine Buchung über booking.com sei ohnehin der günstigste Preis und sogar besser abgesichert. Zu Lasten der Hotellerie ist Kundenservice immer einfach.

Nachdem wir nun lange Jahre beobachten konnten, dass booking.com sich Raten, Verfügbarkeiten und den Content der Hotellerie gesichert hat, greifen sie jetzt auch in die AGBs ein. Die Hotellerie sollte sich in diesen Zeiten sehr wohl überlegen wer ihr Partner ist und wer nicht. Die Branche täte gut daran ihre Partnerschaften neu zu bewerten und sich für die Zeit nach der Krise zu positionieren. Für mich steht jedenfalls fest, dass wir die Partnerschaft mit booking.com völlig neu bewerten und aufsetzen werden und ich hoffe nach wie vor auf die Unterstützung der Hotelverbände in ganz Europa, sowie auch auf die großen Hotelgesellschaften. Es ist an der Zeit die Spielregeln zu ändern und die Abhängigkeiten zu beenden. Jetzt oder nie!“


Zurück

Vielleicht auch interessant

Nachhaltigkeit zeigt sich in jeder Facette unseres Lebens. Besonders Reisen geraten durch den hohen Ausstoß von CO₂ und den Überkonsum immer wieder ins Kreuzfeuer. Doch dabei kann man hier selbst anpacken und bewusste Entscheidungen für nachhaltiges Reisen treffen.

Marriott verkündet das Wachstum seines Portfolios an Markenresidenzen in Europa, dem Nahen Osten und in Afrika. Das aktuelle Portfolio umfasst 70 Projekte, wobei 27 Objekte bereits geöffnet sind und sich 43 weitere Projekte in der Pipeline befinden.

Airbnb hat Barcelonas Bürgermeister aufgefordert, die verschärften Maßnahmen gegen Kurzzeitvermietungen zu überdenken. Diese würden lediglich der Hotelbranche nutzen und die Probleme des Massentourismus sowie der Wohnraumknappheit nicht lösen.  

Patrick Junge, Gründer und Inhaber der Burger-Kette Peter Pane betreibt auch ein Hotel. Peter’s Resort befindet sich auf dem historischen Landgestüt Redefin in Mecklenburg-Vorpommern. Die Sanierung des Ortes wurde vom Land mit 50 Millionen Euro gefördert.

Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat die Erhöhung der Übernachtungssteuer von fünf auf 7,5 Prozent beschlossen. Der DEHOGA Berlin zeigte sich enttäuscht und sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Hauptstadt als Tourismus- und Kongressstandort gefährdet.

Hyatt hat diese Woche Expansionspläne für Hyatt Regency auf dem Balkan bekanntgegeben. Nach Markteintritten in Kroatien und Albanien stärkt das neue Projekt in Rumänien die Position der Marke in der Region. Bis 2027 sollen fünf neue Hyatt Regency Hotels und Resorts entstehen.

Vor einem Jahr ist das Moxy Karlsruhe in der badischen Fächerstadt vor Anker gegangen und zieht nun nach 45.057 Übernachtungsgästen im ersten Jahr Bilanz. General Manager Hagen Müller hat noch Großes vor.

Ein Sensationsfund sorgt für Aufregung auf der Baustelle von Karls Erlebnisdorf in Sachsen. Archäologen haben eine riesige Siedlung aus der Stein- und Bronzezeit entdeckt. Genau hier soll jedoch in wenigen Monaten ein neues Hotel entstehen.

Im Rahmen des Verkaufs von Unternehmensbeteiligungen des insolventen Reiseveranstalters FTI gibt es weitere Fortschritte: Die Insolvenzverwalter haben das Vier-Sterne-Hotel Labranda Marine Aquapark auf der griechischen Insel Kos an White Olive Hotels verkauft.

Mit dem Premier Inn Köln City Centre eröffnet das Hospitality-Unternehmen sein drittes Hotel in der Domstadt. Damit betreibt die rasant wachsende Hotelkette, Tochter des britischen Traditionskonzerns Whitbread PLC, inzwischen bundesweit 58 Häuser unter dem lila Logo.