Parkhotel Adler – warum auch in einem Luxushotel Mirabellenbäume keine Kirschen tragen

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Im Interview: Katja Newman, seit über 20 Jahren Geschäftsführerin im Hotel, das ihrer Familie seit 577 Jahren gehört

Ist Luxus bewertbar? Welche Tests sind für mein Hotel wirklich bedeutend? Und was macht Luxushotellerie überhaupt aus? Mit Fragestellungen wie diesen setzt sich Katja Newman (56) nahezu täglich auseinander. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin des Parkhotel Adler im Hochschwarzwald – in der sage und schreibe 16. Familiengeneration. Seit 1446 werden hier Gäste bewirtet und beherbergt. Der Sprung in die 5-Sterne-Hotelliga war bereits vor Jahrzehnten geschafft. In den letzten Jahren ließ die Designliebhaberin das schon etwas angestaubte Grandhotel zu einem elegant-stylischen Boutique-Resort-Hotel umwandeln – und gleichzeitig die Klassifizierung auslaufen. „Zugunsten eines nach meinem ganz persönlichen Verständnis zeitgemäßen Hotelkonzepts, das zum einen die Bedürfnisse meiner Gäste erfüllt und zum anderen Gäste anzieht, die explizit nach diesem Angebot suchen.

Die Mindestkriterien für diese Kategorie konnte und wollte ich nicht mehr umsetzen. Ich habe meine eigenen Erfahrungen und Vorstellungen!“ Seit Sommer 2021 ist das Parkhotel Adler offiziell nicht mehr klassifiziert, schon vor drei Jahren verschwanden die fünf Sterne aus Texten und dem Logo. Am schwierigsten sei die Erwartungshaltung derjenigen, die die Umstellung des Konzepts noch nicht wahrgenommen haben und sich bei Reklamationen oder Bewertungen auf Fünf-Sterne-Standards beziehen. Ein Gastbeitrag.


 


Luxus im Test

Als Flaggschiffhotel in der Region und dotiert mit zahlreichen Auszeichnungen sitzt der Betrieb ohne eigenes Zutun beständig auf dem Präsentierteller. Das nutzt einerseits natürlich, andererseits stellt es die Geschäftsführung vor manche Herausforderung, zum Beispiel wenn Testerinnen und Tester das Hotel besuchen. „Die meisten geben sich Mühe, alles zu erfassen und aus einer neutral-fachlichen statt aus einer subjektiven Sicht zu beschreiben. Für konstruktive Kritik sind wir sehr dankbar. Andere wiederum kommen für ein paar Stunden und schreiben leider drauflos, ohne sich mit dem Angebot und der Strategie beschäftigt zu haben. Beziehen sich auf fehlende Fünf-Sterne-Hotelleistungen, die wir weder vor noch nach Aufgabe der Klassifizierung angeboten haben. Das ist so, als ob man unserem Mirabellenbaum im Park vorwirft, dass er keine Kirschen trägt“, sagt Katja Newman erstaunt. „Gewollt reißerische Berichte nutzen vielleicht dem Verlag, aber was es mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern macht, die sich jeden Tag sehr darum bemühen, das Bestmögliche zu geben, das wird oft nicht gesehen.“

Wunderliches aus dem (Test-)Alltag

Die Geschäftsführerin erzählt mit einem Kopfschütteln weiter: „Die Öffentlichkeit kennt die Hintergründe oft gar nicht. Ein Beispiel: Eine Institution und ihre Kooperationspartner nahmen uns als Hotel in einem Jahr ungetestet in eine hochgestellte Riege auf. Etwa 18 Monate nach der Auszeichnung reiste der führende Kopf der Institution für eine Nacht an, um einen Hoteltest durchzuführen – allerdings kam er erst am Abend, konnte das Haus also nicht mal richtig kennenlernen. Was in den Medien dann erschien, war seine ganz eigene konservative Ansicht von dem, wie ein exklusives Hotel sein sollte – und nicht das, was wir sind. Das ist für mich kein ehrlicher Test, sondern eine schnelle, wenig durchdachte Momentaufnahme. Und warum eigentlich zeichnet man einen Betrieb zunächst aus und schreibt ihn dann doch runter? Damit widerspricht man sich doch selbst.“ Um ein Hotel tatsächlich zu spüren, bedarf es ein wenig mehr Zeit, davon ist Katja Newman überzeugt und berichtet von einem anderen Fall, der sich über Jahre zog: „Ein Wellnesshotel-Guide schrieb so viele inhaltliche Fehler bezogen auf die Ausstattung in den jährlich neuen Text und ließ kurioserweise gleichzeitig essenzielle Informationen über den Spa-Bereich weg, sodass das Hotelteam jedes Mal stundenlang mit Richtigstellungen beschäftigt war.“

Wer legt fest, was der Gast braucht?

Die Hotelchefin reflektiert beständig, was dem Gast wichtig ist und was ihr als Hotelière. Awards an der Wand, Sterne an der Tür und Autoputzen als Basisleistung oder das Ambiente, die gute Küche, das liebenswerte Personal und ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis? Katja Newman fasst zusammen: „Ich lege größten Wert auf eine Fachmeinung und bin dankbar, wenn ich auf faire Weise damit konfrontiert werde. Wir feilen ständig an unserer Qualität, das liegt in der Natur der Dinge, wenn man ein Haus unserer Klasse führt. Bedeutend für mich ist allerdings vor allem, wie Gäste das Parkhotel Adler empfinden und uns bewerten.“ Sehr nützlich für ihr Hotel sowie für die Leser findet Katja Newman Auszeichnungen, die auf den Ergebnissen echter Kritiken auf Bewertungsportalen basieren. „Kürzlich erst rankten wir auf einer der bekanntesten Plattformen anhand von 600 Bewertungen des Parkhotel Adler unter den 25 beliebtesten Hotels in Deutschland. Es gibt immerhin über 10.000 Hotelbetriebe national. Generell schneiden wir da beständig sehr gut bis hervorragend ab. Publikumsvotings durch den offiziellen Trust You Score oder Votings von Travel-Clubs mit zig Tausenden von Mitgliedern, initiiert von Verlagen, finde ich ebenfalls sinnvoll.“

Was macht denn eigentlich ein Luxushotel aus?

Was trotz neuer Hotelstrategie blieb, war die Positionierung des Parkhotel Adler als Luxushotel. Der Begriff hat für Katja Newman viel mit Wertigkeit zu tun: „Hochwertige Materialien, ausgefallenes Design, Großzügigkeit sowie die Aufmerksamkeit und Präsenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei uns kommt hinzu, dass die unterschiedlichen eindrucksvollen, geschichtsträchtigen Bauten Exklusivität ausstrahlen. Doch egal wie hochwertig ein Hotel ausgestattet ist, sein Erfolg steht und fällt mit der Seele des Hauses, repräsentiert durch das Team sowie – speziell bei uns – durch die Eigentümerfamilie.“ Für manchen Gast und manche Testperson im Parkhotel Adler ist ‚Luxushotel‘ dennoch ein Reizbegriff, da die Sterne ja nun weg sind. „Dabei haben wir uns insgesamt gesehen sogar verbessert“, erklärt Katja Newman, die 2019 vom Land Baden-Württemberg mit der Wirtschaftsmedaille ausgezeichnet wurde. „Ich ließ 80 Prozent der Gebäude renovieren. Das verbliebene Fünftel bleibt, wie es ist, da es sich um historische Bereiche handelt, die zum individuellen Charme des Hauses beitragen und sehr beliebt sind. Zudem wurde das Genusskonzept umgestellt. Für uns ein ‚betriebswirtschaftlicher Luxus‘.“ Nicht nur das Frühstück, sondern drei weitere Mahlzeiten sowie einige Getränke und noch andere Extras sind jetzt im Übernachtungspreis für Erwachsene inkludiert. „Die Gäste finden das großartig!“, so Katja Newman. „Als Hotel mit sehr hohem Niveau haben wir selbstverständlich Besonderheiten eingebaut wie die Tea Time am Nachmittag bei Live-Musik am Piano. Am Abend sind verschiedene Menüvorschläge im Restaurant ‚Adler Stuben‘ geboten, die Erwachsenen dürfen sich ihre Speisenfolge auch aus den Gerichten der gesamten Karte selbst zusammenstellen – der Luxus der freien Wahl vor Ort im Restaurant.“ Kinder bis sechs Jahre übernachten kostenfrei im Parkhotel Adler. Das Frühstück, einige Speisen und Getränke sind ebenfalls für sie frei. Lohnt sich das? Dazu sagt die Inhaberin: „Diesen Luxus der Freigiebigkeit erlaube ich mir als Unternehmerin. Ebenso die Entscheidung, dass wir die große Fläche von vier Hektar Park baulich bisher nicht genutzt haben. Die Gäste sollen sich an Spaziergängen erfreuen und die Kinder autofrei spielen können. Die Weitläufigkeit des insgesamt 70.000 Quadratmeter großen Anwesens wird sehr geschätzt! Freier Raum ist heute mehr denn je der Inbegriff von Luxus.“


 


Luxus in der Kalkulation

Manche Hotelleistungen, die früher Grundvoraussetzung waren, um überhaupt mit fünf Sternen klassifiziert zu werden, sind dafür weggefallen. Dazu zählen der abendliche Abdeckservice, Valid Parking oder der Koffer-Service. „Auf Anfrage parken wir dennoch weiterhin die Autos und bringen das Gepäck aufs Zimmer. Warum aber sollen wir den Zimmerpreis hochschrauben für eine kalkulierte Serviceleistung, die von der Mehrheit der Gäste einfach nicht mehr in Anspruch genommen wird? Unser Ziel war es, so viel wie möglich für so wenig Geld wie möglich anzubieten. Und darüber hinaus: den Personalmangel in der Branche brauche ich in einem Fachportal nicht zu erwähnen.“ Zum Frühstück gibt es eben nicht mehr servierten Kaffee, sondern die Gäste bedienen sich an der Maschine – so oft sie möchten. „Das finden viele sogar besser,“ stellt Katja Newman fest. „Auf Wunsch bringen wir die Heißgetränke jedoch natürlich an den Tisch. Was wir weiterhin beim Frühstück anbieten, ist eine große Auswahl an Eierspeisen, die am Tisch aus einer Extrakarte bestellt werden können – das wird durchaus von den Gästen, vor allem den jüngeren, als Luxus empfunden.“

Wenn Katja reist

„Umgesetzte Liebe zum Detail ist für mein Gefühl Luxus. Ich sehe sofort, ob sich jemand mit dem Hotelspirit auseinandergesetzt hat – und ob man tagtäglich hinterher ist, ihn zu leben. Es reicht nicht, renommierte Architekten zu beauftragen und sich dann nicht mehr um die unzähligen Einzelheiten zu kümmern, die die persönliche Note ausmachen. Nur hier und da Akzente zu setzen genügt nicht – das Gesamtbild muss eine Einheit bilden, das Konzept schlüssig sein“, so schließt Katja Newman, die mit der Luxushotellerie aufgewachsen ist, das Interview im Parkhotel Adler ab.


 


Kontakt Parkhotel Adler

Hochschwarzwald Hotelbetriebs GmbH
Parkhotel Adler
Adlerplatz 3
79856 Hinterzarten

Telefon: +49 (0) 76 52 / 127-0, Telefax: +49 (0) 76 52 / 127-717
E-Mail: reservierung@parkhoteladler.de
www.parkhoteladler.de


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