Reste als Hochgenuss: Hotel geht gegen Verschwendung von Lebensmitteln vor

| Hotellerie Hotellerie

Auf den ersten Blick könnte das Vier-Gänge-Menü auf jeder x-beliebigen Speisekarte stehen: dreierlei Bruschetta, Fischsuppe, Schnitzel und Roulade, zum Dessert Sorbet und Pudding. Doch was der Küchenchef des Bremerhavener Atlantic Hotels Sail City, Dominik Flettner, an diesem Abend serviert, ist für ein Restaurant kein Standard: Die Speisen werden vor allem aus übrig gebliebenen Lebensmitteln vom Frühstücksbüffet oder vom Tagungsbankett zubereitet.

Das Resteessen steht nicht auf der Speisekarte, es kann von Gruppen gebucht werden. Seit 2017 lädt das Vier-Sterne-Hotel außerdem ausgewählte Gäste einmal im Jahr ein, um das Resteessen an langen Tischreihen zu servieren. «Wir haben mit Absicht den Begriff Resteessen gewählt, um zu polarisieren und zum Nachdenken über Lebensmittelverschwendung anzuregen», sagt Hoteldirektor Tim Oberdieck. «Die Frage ist doch: Was ist überhaupt ein Rest?»

Was bereits auf dem Büffet lag, muss in den Müll, so schreibt es die Lebensmittelhygiene vor. «Aber alles, was die Küche nicht verlassen hat, dürfen wir verwenden», sagt Flettner. Zum Beispiel Möhren- oder Kartoffelschalen: Vorher gut gewaschen, werden sie zu Chips frittiert. «Als Crunch auf Salat ist das total lecker.»
 

Oder Tomaten: «Bei Mozzarella-Tomate wollen die Gäste nur Scheiben aus der Mitte der Tomate. Deshalb stückeln wir die Randstücke und machen daraus Bruschetta.» Als krosse Unterlage dienen in Scheiben geschnittene Brötchen, die fürs Frühstücksbüffet nicht benötigt wurden. Für die Suppe werden ganze Fische verwendet, nicht nur Filets. Die Rouladen sind aus dem Fleisch von Wasserbüffeln, die wenige Kilometer vom Hotel entfernt auf der Weide leben, und das ebenfalls in Gänze für verschiedenste Gerichte verarbeitet wird. Zum Fleisch gibt es Semmelknödel - aus Frühstücksbrötchen. Die Hauptzutat für den Kabinettpudding sind Croissants.

«Das Wort Reste ist negativ besetzt und wird als Abfall verstanden», sagt der Geschäftsführer des Vereins «United Against Waste», Torsten von Borstel, der Einrichtungen dabei berät, wie Müll aus Lebensmitteln eingespart werden kann. Dabei seien Reste keinesfalls von minderer Qualität. Der Verein schaute 2017 in den Küchen von zwei Dutzend Hotels nach: Im Durchschnitt wurden von jeder Mahlzeit hinterher 27 Prozent weggeworfen. «Es wird einfach zu viel produziert», sagt von Borstel. Meist sei ein zu üppiges Frühstücksbuffet für die Abfallmengen verantwortlich. Gäste ließen zudem viel auf ihren Tellern zurück. Dabei könnten Hotels schon mit einfachen Mitteln dagegen steuern. «Das heißt nicht, auf Vielfalt zu verzichten.»

Zwar entstehen nach Berechnungen des Braunschweiger Thünen-Instituts die meisten Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten. Das Verbraucherverhalten sei aber schwer zu ändern, sagt von Borstel: «Das größte Potenzial zur Abfallvermeidung liegt in der Außer-Haus-Verpflegung.» In verschiedenen Studien gehen Experten davon aus, das dort rund zwei Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen werden - zu viel, findet von Borstel. «Wir haben über 40 000 Hotels in Deutschland. Wir haben längst noch nicht alle mit unserer Initiative erreicht», sagt er.

Der Bremerhavener Küchenchef weiß, wovon von Borstel spricht: «Ich habe früher in Küchen gearbeitet, da hat sich keiner Gedanken gemacht. Die haben alles weggeworfen», sagt Dominik Flettner. Beim Frühstücksbüffet im Bremerhavener Sail City Hotel werden kleinere Brötchen, Wurstscheiben und Platten angeboten, selbst die Löffelgröße in den Schalen wurde verkleinert. «Wir arbeiten auch mit Psychologie», sagt Flettner. Sei weniger auf dem Teller, werde eher auch alles verzehrt.

Kurz vor Ende der Frühstückszeit werden leere Platten nicht mehr aufgefüllt, auf Wunsch wird die Ware direkt zum Gast gebracht. In der Küche wurden zudem durchsichtige Abfallbehälter aufgestellt, um das Küchenteam dafür zu sensibilisieren, was alles im Müll landet. «Das hatte einen großen Effekt», erzählt Flettner. Im Frühstückbereich sei über 32 Prozent der ausgegebenen Lebensmittel eingespart worden. «Viel mehr geht nicht», sagt Direktor Oberdieck. Er gebe jährlich bis zu 15 000 Euro weniger im Einkauf aus.

Auch beim jährlichen Resteessen fallen Reste an: Vor allem die satt machenden Semmelknödel bleiben auf den Tellern liegen. Trotzdem ist Flettner zufrieden, nachdem er die Speiseabfälle am Ende gewogen hat: «87 Gramm pro Nase. Das ist ein Spitzenwert.»

(dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Leonardo Hotels übernimmt zum 1. Mai 2025 im Rahmen eines Pachtvertrags das Hotel Badischer Hof in Baden-Baden. Das Haus wird derzeit renoviert, um danach Teil der Leonardo Limited Edition zu werden.

Die Aspire Hotel Gruppe verstärkt ihre Präsenz in Oldenburg mit der Übernahme des bisherigen City Club Hotel Oldenburg. Künftig wird das Haus unter dem Namen Aspire Oldenburg, Trademark Collection by Wyndham geführt.

IHG treibt das Wachstum in Großbritannien und Irland weiter voran und hat acht neue Hotels mit insgesamt 900 zusätzlichen Zimmern unter Vertrag genommen. Die neuen Häuser verteilen sich auf verschiedene Marken des Unternehmens, darunter Hotel Indigo, Crowne Plaza, voco und Garner Hotels.

Neues Fünf-Sterne-Hotel in Bayern: Der DEHOGA hat das Neumühle Resort & Spa als Luxus-Herberge ausgezeichnet. Das Haus an den Ufern der Saale ist derzeit das einzige Fünf-Sterne-Hotel in Unterfranken.

Die Adina-Hotels untersuchen derzeit einen Cyber-Vorfall, der die Netzwerke des Unternehmens betrifft. Was genau vorgefallen ist, sagt das Unternehmen nicht. Auch wird die Sicherheit der Kundendaten in den Statements nicht thematisiert. Mitte der Woche war es in einem Hotel der Marke in Berlin nicht möglich, eine Rechnung zu erhalten.

Die GCH Hotel Group startet die neue Leadership Academy, die sich an Mitarbeiter innerhalb der Gruppe richtet. Diese ist darauf ausgelegt, die Teilnehmenden über einen Zeitraum von einem Jahr auf zukünftige Führungspositionen vorzubereiten.

Mit der Neuauflage seines Kompendiums legt der Hotelverband Informationen über die in Deutschland aktiven Hotelgesellschaften und Kooperationen vor. In den letzten Jahren treiben internationale Ketten mit neuen Marken und Strategien die Transformation der Branche voran und wachsen bevorzugt über Franchisemodelle und Multi-Development-Agreements. Jetzt Exemplar sichern und profitieren.

Erst vor wenigen Tagen hatte die HR-Group auch die Übernahme des Intercity-Hotel in Kassel verkündet. Jetzt steht fest, dass die Herberge schließen wird, da der Pachtvertrag ausläuft. Die Zukunft des Hauses scheint ungewiss.

„Sämtliche Ziele erreicht und teils übertroffen“, so lautet die Bilanz des Geschäftsjahres 2024 der Maritim Hotelgruppe. Besonders gut seien Jahresstart und Jahresende gelaufen, aber auch im 2. und 3. Quartal wurden laut Unternehmen zufriedenstellende Umsätze erzielt.

Die maledivische Hotelgruppe Atmosphere Core​​​​​​​ setzt ihren Expansionskurs fort und wird 2026 ihr erstes Hotel in Europa eröffnen. Das Borgo Monchiero Heritage by Atmosphere entsteht in einem historischen Kloster in der norditalienischen Weinregion Piemont.