„Team Wallraff“ dokumentiert „dreckige Methoden“ bei deutschen Reinigungsfirmen / auch Hotel betroffen

| Hotellerie Hotellerie

Zeit ist Geld – das bekommen die „Team Wallraff“-Reporter bei ihren neuesten Einsätzen am eigenen Leib zu spüren. RTL berichtet in seinem Investigativ -Format über die Reinigungsbranche. Das „Team Wallraff“ nimmt auch ein Hotel in Hamburg unter die Lupe.

Die Informanten der Reporter, oft ehemalige Reinigungskräfte, berichten in der Reportage nicht nur von Mindestlohnverstößen und Leistungsdruck, sondern auch von Einschüchterungsversuchen. Darüber hinaus stößt Undercover-Reporter Alex auf „dubiose Geschäftspraktiken“ (Zitat „Team Wallraff“) bei der Berliner Reinigungsfirma „Capital Infradienst“ und fürchtet dabei erstmals in seiner „Team Wallraff“-Karriere um seine Sicherheit. „Wird sich hier über öffentliche Reinigungsaufträge an Steuergeldern bereichert?“, fragen die Reporter.

Insgesamt vier Reinigungsfirmen geraten in das Visier von Günter Wallraff und seinem Team. Zur Kundschaft gehören auch öffentliche Träger wie Schulen, Universitäten und Krankenhäuser. Wie weit manche Unternehmen gehen, um Gewinne zu maximieren, erlebt Undercover-Reporter Alex bei dem Berliner Gebäudereinigungsservice „Capital Infradienst“. Zwei Informanten behaupten, dass die Firma sogar Mitarbeiter bedrohe und sich angeblich auch an Steuergeldern bereichert haben sollen, so „Team Wallraff“.

Um das zu überprüfen, fängt Alex bei „Capital Infradienst“ als Reinigungskraft an und putzt fortan für einen großen Kunden, die Freie Universität Berlin (FU). Für alle zu reinigenden Räume, darunter über zehn Büros, mehr als 30 Toiletten und Waschbecken, über zehn große Seminarräume sowie sämtliche Flure, darf der Reporter laut seiner Vorarbeiterin lediglich vier Stunden benötigen. Dieser immense Zeitdruck führt wiederum zu einer mangelhaften Hygiene, wie Alex bei seiner Einarbeitung feststellt. Statt mit Reinigungsmittel und frischem Lappen putzt sein Kollege teilweise nur mit einigen Spritzern Wasser. Dabei ist es im Leistungsverzeichnis mit der Universität anders festgehalten. Über acht Stunden tägliche Reinigung verlangt die FU von „Capital Infradienst“, so „Team Wallraff“. Dafür bekomme der Dienstleister vom Staat jährlich mehr als 50.000 Euro. Anscheinend leisten sie aber nur die Hälfte ihrer Arbeit, so die Reporter. Wohin fließen die restlichen rund 28.000 Euro?

Über eine Anwaltskanzlei äußert sich „Capital Infradienst“ wie folgt zu den Vorwürfen gegenüber „Team Wallraff“: „Soweit Sie unterstellen, es würden Arbeitsstunden gegenüber der FU abgerechnet, die nicht geleistet wurden, ist dies falsch. Falsch ist auch, es würden gegenüber der FU Leistungen im Gegenwert von 28.000,00 Euro abgerechnet, die tatsächlich nicht erbracht werden. Die vertraglich mit der FU per Leistungsverzeichnis vereinbarten Arbeitsstunden pro Tag werden erbracht und gegenüber der FU auch regelmäßig abgerechnet.“

Undercover-Reporter Alex ist der Reinigungsfirma mit seinen Recherchen scheinbar zu nahe gekommen, glaubt „Team Wallraff“ Denn nach Beendigung der Dreharbeiten parkt vor seiner privaten Haustür eine schwarze Limousine mit dem „Capital Infradienst“-Logo. Dieselbe Limousine findet Alex später auch vor der Unternehmenszentrale vor. Ein Zufall? Eine Situation, die bei dem Reporter noch lange ein mulmiges Gefühl hinterlässt.

Fragwürdige Methoden konnten Günter Wallraff und sein Team, nach eigenen Angaben, auch in anderen Reinigungsfirmen dokumentieren. Das Personal stamme mehrheitlich aus dem Ausland, vorwiegend aus der Ukraine, Rumänien, Russland und Afghanistan. Geworben werde oft mit dem Branchenmindestlohn von 13 Euro pro Stunde und in einigen Fällen sogar mit der Vermittlung von Unterkünften. So soll auch Undercover-Reporterin Jana bei der Hamburger Firma „Astrein Exzellent“ laut Vertrag stündlich 13 Euro verdienen. An ihrem ersten Arbeitstag im Vier-Sterne-Hotel „Jufa“ werde ihr jedoch mitgeteilt, dass sie nicht pro Stunde, sondern pro Hotelzimmer bezahlt würde. Insgesamt 4,75 Euro bekämen die Reinigungskräfte für jedes gereinigte Standard-Doppelzimme, so „Team Wallraff“. Um den branchenüblichen Mindestlohn zu verdienen, müsste Jana also etwa drei solcher Zimmer pro Stunde reinigen. Selbst für erfahrene Reinigungskräfte sei das zeitlich kaum zu schaffen, sagen die Reporter. Über eine Anwaltskanzlei bezieht „Astrein Exzellent“ gegenüber RTL wie folgt Stellung: „Die Zimmermädchen werden tariflich bezahlt. […]. Es ist [...] nicht richtig, dass bei der Reinigung [...] eines Standard-Doppelzimmers tatsächlich nur 4,75 Euro an das Personal gezahlt werden.“

Wie Janas Erfahrungen zeigen, scheint es unter diesen Arbeitsbedingungen kaum möglich zu sein, den branchenüblichen Mindestlohn zu erreichen, so „Team Wallraff“. Nach über acht Stunden Arbeit konnte sich die „Team Wallraff“-Reporterin insgesamt zehn gereinigte Zimmer anrechnen lassen - und das auch nur, weil ihr zwei Kolleginnen unter die Arme gegriffen haben. So komme Jana nach acht Stunden Arbeit schließlich auf einen Tagesverdienst von gerade einmal 47,50 Euro und einen Stundenlohn von 5,94 Euro – und se damit kein Einzelfall, so „Team Wallraff“

Neben der Akkordarbeit belastet die Angestellten auch das raue Arbeitsklima, so „Team Wallraff“. Fänden die Vorarbeiter bei der Zimmerkontrolle nur den kleinsten Fehler, wie leichte Schmierstreifen an der Duschwand, folgen einschüchternde WhatsApp-Nachrichten – von angedrohten Kündigungen bis hin zu Kollektivstrafen, berichten die Reporter. So seien Jana und ihren Kollegen beispielsweise an einem Tag gleich drei Zimmer vom Gehalt abgezogen, weil jemand vermutlich versehentlich eine Pfandflasche sowie eine Klopapierrolle in einem Korb mit Dreckwäsche vergessen habe, „Team Wallraff“. Ein Fehler, den die Angestellten mit je 15 Euro Verdienstverlust bezahlt hätten. Die Anwaltskanzlei von „Astrein Exzellent“ schreibt dazu gegenüber „Team Wallraff“: „Es gibt bei der Mandantin kein Bestrafungssystem. Auch keines in Form einer Kollektivstrafe [...]. Die Zimmermädchen werden tariflich bezahlt. [...] Unsere Mandantin bewertet das Arbeitsklima vor Ort als sehr gut.”

Im Zuge der Recherchen haben sich die Undercover-Reporter auch die Hygienebedingungen in Schulen und Krankenhäusern angeschaut. Gerade in Kliniken sollte Sauberkeit eine besondere Rolle spielen, um das Risiko für Keiminfektionen so gering wie möglich zu halten. Doch ist das Reinigungspersonal der Fremdfirmen tatsächlich angemessen geschult, um die notwendige Sauberkeit in diesem hochsensiblen Bereich zu gewährleisten? Oder wird auch hier teilweise auf Kosten der Sauberkeit gespart?, fragen die Reporter von „Team Wallraff“.

Begleitend zur TV-Ausstrahlung erscheint zudem eine neue Folge von „Team Wallraff – Der Podcast“ bei „RTL+ Musik“ und überall sonst, wo es Podcasts gibt. Darin sprechen die Undercover-Reporter Jana, Michelle und Alex über ihre Erfahrungen in der Reinigungsbranche und über die Dinge, die im TV nicht zu sehen waren.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Dieter Müller, Gründer der Hotelkette Motel One, zieht sich weiter aus dem operativen Geschäft zurück – aber nicht ohne klare Worte. Im Interview mit der WirtschaftsWoche sprach der 70-Jährige über den geplanten Verkauf und über seine Haltung zur Eigenständigkeit von Hotelmarken.

In der Apartment-Branche scheint der Haussegen schief zu hängen. Das Unternehmen Apartmentservice spricht in einem Schreiben davon, eine einstweilige Verfügung gegen die Apartmenthelden erwirkt zu haben. Die Apartmenthelden bestreiten unlautere Praktiken angewendet oder unberechtigt Daten verwendet zu haben und legten Widerspruch vor Gericht ein.

Direkt am Ufer des Bodensees ist ein umstrittenes Luxusresort offiziell eröffnet worden – trotz jahrelanger Proteste von Anwohnern, Umweltverbänden und Teilen der Politik. Das Buff Medical Resort​​​​​​​ des Schweizer Investors Hans Jürg Buff umfasst 118 Zimmer und Suiten sowie medizinische Angebote im Hochpreissegment.

In Frankreich und Spanien haben sich zahlreiche Hotels zu einer rechtlichen Offensive gegen Booking.com zusammengeschlossen. Der Vorwurf: Die Plattform habe durch sogenannte Bestpreisklauseln die unternehmerische Freiheit der Hotels eingeschränkt und zugleich über Jahre hinweg überhöhte Provisionen verlangt.

Zwei Ikonen der Luxushotellerie, das Mandarin Oriental in Hongkong und das Mandarin Oriental in Bangkok, bereiten sich auf umfangreiche Renovierungen vor. Die Hotelgruppe investiert mehrere Millionen Euro, um ihre beiden Gründungshotels zu erneuern.

Die Chocolate on the Pillow Group setzt ihren Wachstumskurs mit der Übernahme von sechs weiteren Moxy Hotels in Deutschland fort. Die Hotels befinden sich in Frankfurt Eschborn und am Frankfurter Flughafen, an der Messe und Flughafen München, in Stuttgart und Ludwigshafen.

Die Johannesbad Gruppe hat das Verwaltungsgericht Regensburg um die Wiederaufnahme der Verfahren gegen den Freistaat Bayern gebeten. Anlass der Auseinandersetzung ist die unterschiedliche, wettbewerbsfeindliche Behandlung privater und öffentlicher Thermen durch die staatliche und kommunale Verwaltung.

Hyatt gibt die Eröffnung des Hyatt Place Gothenburg Central bekannt und setzt damit den Ausbau der Markenpräsenz von Hyatt in Skandinavien fort. Das Hotel mit 300 Zimmern befindet sich in Göteborg am Hauptbahnhof.

Hotel-Treueprogramme spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der globalen Hotellerie. Laut einer Analyse von CBRE verzeichneten die fünf größten US-Hotelketten Marriott, Hilton, Hyatt, Wyndham und Choice im Jahr 2023 einen Anstieg der Mitgliederzahlen.

Der geplante Umbau des früheren US-Generalkonsulats am Alsterufer in Hamburg verzögert sich. Das „Weiße Haus an der Alster“ soll in ein Hotel mit Gastronomie und Veranstaltungsflächen umgewandelt werden. Der Start der Bauarbeiten ist nun jedoch nicht vor 2026 zu erwarten.