100 Jahre Kristallweizen

| Industrie Industrie

Eigentlich gilt Bayern als Geburtsstätte des Weißbiers, doch eine bekannte Weißbiersorte stammt aus einer kleinen Brauerei aus Baden-Württemberg: Farny aus Kißlegg im Allgäu gilt als Urheberin des Kristallweizens. In diesem Sommer feiert die Sorte ihren 100. Geburtstag. Ein Liebesbrief vom 11. Juni 1924 gilt in der Bierbranche als frühester Beleg für die Biersorte, wie Elmar Bentele, Geschäftsführer der Edelweißbrauerei Farny, sagt. Den Brief habe Brauereichef Oskar Farny damals an seine Ehefrau zum siebten Hochzeitstag geschrieben und darin auch sein «glanzhelles Weizenbier» erwähnt: das Kristallweizen. 

Bierfilter als Grundlage 

Einige Jahre zuvor sei ein Bierfilter erfunden worden. Das sei die Grundlage für die damalige Bier-Innovation gewesen. Denn dadurch habe man das Bier kristallklar bekommen. «Die Idee war, ein völlig neues und spritziges Bier zu brauen», sagt Bentele. Die Rezeptur von Farny sei bis heute geheim. Kristall bestehe entsprechend dem deutschen Reinheitsgebot aus den Zutaten: Wasser, Weizen- und Gerstenmalz, Hopfen und Hefe. Die Hefe wird aber in einem weiteren Schritt herausfiltriert. 

Bundesweit ist vor allem das bayerische Hefeweizen ein Begriff. Doch in Süddeutschland, aber etwa auch in Berlin, werde auch Kristallweizen geschätzt, sagt Bentele. Geschmacklich unterscheide es sich deutlich von seinem großen Bruder, dem Hefeweizen.

Großer Unterschied zum Hefeweizen 

«Ein Kristallweizen ist sehr schlank und eher mild gehopft», erklärt Bentele. Es sei leicht säuerlicher wegen der Kohlensäure. Aromen wie Hopfen und Malz spielten nicht die Hauptrolle. Stattdessen seien zitrusartige und florale Aromen typisch. Das Bier passe gut zu Hühnchen, Wiener Schnitzel oder Fisch. 

Oft werde Kristall mit einem Zitronenschnitz getrunken. Um die Schaumkrone bei Produkten mit etwas weniger Kohlensäure zu erhalten, werfe man in manchen Regionen ein Reiskorn ins Glas. Das helfe beim Schäumen, weil sich die Kohlensäure daran entbinden könne.

Glamour-Faktor durch Champagner-Vergleich

Aus dem Jahr 1926 gebe es auch ein Geschmacks-Test von Experten aus dem bayerischen Weihenstephan, bei dem das Kristallweizen bestanden habe und mit Champagner verglichen worden sei, erklärt Bentele. «Der schöne Begriff Champagner-Weizen war geboren.» 

Über viele Jahre hinweg habe man das Bier auch unter diesem Namen vermarkten können. «Bis der Begriff Champagner in den 1960er Jahren geschützt wurde.» Seitdem darf er in diesem Zusammenhang nicht mehr verwendet werden. 

«Dadurch hat das Kristallweizen etwas an Glamour verloren», meint Walter König vom Bayerischen Brauerbund. Auch wegen der Zitrone und dem Reiskorn sei die Sorte bei manchen Menschen verpönt. Zu unrecht, findet König.

Unterschätztes Nischenprodukt? 

«Das Kristallweizen ist eigentlich ein ganz toller Biertyp, der in eine kleine Nische auf dem Biermarkt zurück geschrumpft ist.» Es sei zu unrecht auf dem Abstellgleis gelandet. Das Bier sei ausgereift und bekömmlich, geschmacklich nicht weit weg vom Kölsch.

Weizenbier habe in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch außerhalb von Bayern und Baden-Württemberg an Bekanntheit gewonnen. In den 70er und 80er Jahren habe zunächst das klare Kristallweizen einen Hype erlebt. Im Laufe der 80er habe sich verstärkt naturtrübes Hefeweizen durchgesetzt, das etwas milder und fruchtiger schmecke - im Vergleich zum markanteren Kristallweizen. Heute habe das Bier nur einen kleinen Biermarktanteil.

Dass sich daran groß etwas ändern werde, bezweifelt der Experte. «Biere, die Charakter haben, ecken bei vielen Leuten an und haben es schwer aus, ihrer Nische zu kommen und zu einer großen Welle zu werden.»

Steigende Nachfrage

Brauereichef Bentele sagt, das Bier werde aktuell wieder mehr nachgefragt als noch vor zehn Jahren etwa. Rund zehn Millionen Liter werden ihm zufolge in Kißlegg pro Jahr produziert. «Bis heute ist das Kristall unsere wichtigste Biersorte.» In der Region sei der Mittelständler mit zwei Braumeistern und rund 50 Mitarbeitern Marktführer. Man habe Baden-Württembergs Bierspezialität erfunden, sagt Bentele. Der Liebesbrief von 1924 sei eine Art Geburtsurkunde des Kristallweizens. «Wenn jemand morgen mit einem älteren Beleg kommt, dann müssen wir den Pokal weitergeben. So lange tragen wir ihn aber mit Stolz.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Feiernde Fußballfans sind für Brauereien ja eigentlich gern gesehene Kunden, entsprechend hoch waren die Erwartungen an die aktuelle Fußball-Europameisterschaft. Doch nun gibt es lange Gesichter.

Als Durstlöscher gerade an heißen Tagen sind hierzulande auch zuckerhaltige Erfrischungsgetränke beliebt. 7,76 Milliarden Liter wurden davon im Jahr 2023 in Deutschland produziert. Das waren rund 93 Liter pro Kopf.

Trotz höherer Preise hat der Kräuterschnaps-Hersteller Underberg weniger Geld in die Kasse bekommen. In dem Ende März ausgelaufenen Geschäftsjahr 2023/24 habe der Umsatz 142 Millionen Euro betragen und damit 3 Millionen weniger als im Jahr zuvor.

Das Deutsche Weininstitut (DWI) hat auf Basis der Rebflächenerhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2023 ausgewertet, wodurch sich die 13 deutschen Weinanbaugebiete besonders auszeichnen.

Block Menü steckt 27 Millionen Euro in den Ausbau seiner Kapazitäten. Gerade feierte das Unternehmen Richtfest für einen Neubau in Zarrentin am Schaalsee in Mecklenburg-Vorpommern. Die Produktionsfläche wird um 4.800 auf 13.500 Quadratmeter erweitert.

Kabellose intelligente Energiemanagement-Lösungen von Betterspace werden zukünftig auch von der Deutschen Telekom angeboten. Dies gaben jetzt Vertreter beider Unternehmen bekannt. Die Partnerschaft soll, mit vereinten Kräften, die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz von Gebäuden vorantreiben.

Der frühere Präsident des Deutschen Tennis Bundes, Claus Stauder, ist tot. Stauder starb am vergangenen Freitag im Alter von 86 Jahren. Der Brauereiinhaber aus Essen engagierte sich auch über Jahrzehnte als Vorsitzender des Initiativkreises Gastgewerbe im DEHOGA Bundesverband.

Der Anbau der neuen robusten Rebsorten schreitet hierzulande weiter voran. Wie das Deutsche Weininstitut nach einer Auswertung der bundesweiten Rebflächenerhebung für das Jahr 2023 mitteilt, haben sie im vergangenen Jahr um gut 300 Hektar zugelegt.

Der Anbau der neuen robusten Rebsorten schreitet hierzulande weiter voran. Wie das Deutsche Weininstitut (DWI) mitteilt, haben sie im vergangenen Jahr um gut 300 Hektar zugelegt. Der Riesling stand im vergangenen Jahr unangefochten an der Spitze der Rebsortenstatistik.

Mit dem Johannistag am 24. Juni geht die Spargelernte traditionell zu Ende. Für Sachsens Spargelbauern lief die Saison gut - trotz zwischenzeitigem Frost - und dem zu Jahresbeginn angehobenen Mindestlohn.