Ditsch baut Produktion aus: Brezeln gehen weg wie warme Semmeln

| Industrie Industrie

Von Franziska Höhnl, dpa

Sie liegt inzwischen fast überall: Pur am Kinotresen, beim Bäcker oder im Supermarkt; mit Butter am Bahnhofsimbiss oder mit Käse überbacken an der Tankstelle: die Brezel. Für nicht wenige Besucher des anstehenden Oktoberfests in München - oder einem seiner zahlreichen Ableger in der ganzen Republik - gehört sie zu einer Maß Bier einfach dazu.

Die Brezel hat Hochkonjunktur, sagt zumindest einer, der davon Millionen im Jahr herstellt - Tendenz steigend. Dieser Jemand ist der Branchenriese Ditsch, der die Brezel auch im Logo führt. Der Traditionsbäcker mit Sitz in Mainz feiert dieses Jahr nicht nur 100. Firmenjubiläum, sondern freut sich auch über volle Auftragsbücher. Vergangenes Jahr produzierte er 635 Millionen Stück Backwaren, das waren 65 Millionen Stück mehr als ein Jahr zuvor. Mit 44 Prozent entfällt fast die Hälfte der Produktion auf Brezeln.

Passend zum Jubiläum sind die Auftragsbücher so gefüllt, dass der Mainzer Traditionsbäcker am größten Standort im sachsen-anhaltischen Oranienbaum-Wörlitz eine neue Werkshalle baute. An diesem Montag ging eine Linie im neuen Werk regulär in Betrieb. Sie soll pro Stunde 20 000 Brezeln liefern. Eine weitere Linie soll nächstes Jahr folgen. Statt 500 sollen dann 550 Menschen in dem Werk arbeiten. In Mainz sind nach Firmenangaben rund 230 Beschäftigte tätig.

Ditsch ist vielen durch Verkaufsfilialen in Innenstädten und an Bahnhöfen bekannt. Das Unternehmen liefert aber auch im großen Stil Backwaren an Großkunden, inklusive Einzelhandel. «Unser Ziel ist es, die Laugen-Champions in Deutschland zu bleiben; in Europa und den USA weiter zu wachsen», kündigte Geschäftsführer Sebastian Gooding an.

Veränderte Ernährungsgewohnheiten spielen Ditsch in die Karten, sowohl im Großkunden-Geschäft als auch für Imbiss-Filialen. Viele Deutsche essen gern etwas Schnelles «auf die Hand», zum Mitnehmen, für unterwegs, vom Frühstück über das Mittagessen bis zum Snack.

Das Geschäft mit Tiefkühlbackwaren, die in Back-Shops, Supermärkten oder Imbissen frisch aufgebacken werden, ist seit Jahren der Wachstumstreiber der gesamten Tiefkühlindustrie. Das geht aus Zahlen des Branchenverbands hervor, der sich Deutsches Tiefkühlinstitut nennt. Zwischen 2007 und 2018 stieg der Absatz für klassische Backwaren um 57 Prozent. Bei Snacks lag das Plus bei 41 Prozent.

Pro Kopf isst jeder Deutsche rechnerisch 11 Kilo Tiefkühl-Backwaren im Jahr. Das sind 3,6 Kilo mehr als vor zehn Jahren und das Neunfache des Pro-Kopf-Verbrauchs von 1990. Welchen Anteil daran Laugengebäck und Aufback-Brezel haben, lässt sich laut Verband nicht ermitteln.

Die Familie Ditsch und ihr gleichnamiges Unternehmen setzten früh auf den Trend zum Unterwegs-Essen. In der Jubiläumschronik ist zu lesen, dass die Familie ihre klassische Bäckerei in den 1960er Jahren spezialisierte. Die Laugenbrezeln und Salzsticks verkauften sie damals nicht nur an die Gastronomie, sondern auch auf Volksfesten. Auch der Preis ist überliefert: Zehn Pfennige kostete eine Brezel.

In den 1980ern sicherten sich die Ditschs auf einer Fachmesse einen kleinen Backautomaten. Von da an konnten die Brezeln auf den Volksfesten frisch aufgebacken und noch warm verkauft werden. «Der Erfolg war grandios», erinnert sich Peter Ditsch, der das Geschäft in den 1970ern von seinem Vater übernahm und 2012 als weiterhin eigenständigen Betrieb an den Schweizer Konzern Valora verkaufte.

Den Reiz frischer Brezeln nennt Ditsch «Marketing by Duft». Er erinnert sich, dass der Betrieb mit den vor Ort frisch aufgebackenen Brezeln schnell über die Mainzer Stadtgrenzen expandierte.

Und woher kommt die echte Brezel, oder Breze, wie der Süddeutsche sagt? «Hier werden sich die Geister scheiden», sagt Heinz Hoffmann, Obermeister der Bäcker-Innung München. Schließlich beanspruche auch Baden-Württemberg den Titel für sich. Aber Hoffmann ist Diplomat: «Wichtig ist, dass sie dem Kunden schmeckt. Und aus was und von wem sie ist, das ist dann fast egal.»

Auch wenn er wie seine klassischen Bäckerkollegen den Laugenteig frisch mache, direkt backe und auch frisch verkaufe, spreche nichts gegen die industrielle Aufback-Variante. Der Kunde entscheide letztlich, was er wolle. «Das Schöne an der Brezen ist: Wenn sie frisch und warm ist, schmeckt fast alles, was Breze heißt.»


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Menge im Handel ist noch klein, der Wettbewerb zu alkoholfreien Bieren sowie Bier-Mixgetränken groß. Die Branche setzt aber große Hoffnungen auf eine Ausweitung der Marktanteile.

In Katalonien verdorren Weinreben - es ist zu trocken. Freixenet, liiert mit der Wiesbadener Traditionskellerei Henkell, verliert die Grundlage für Schaumwein. Nun gibt es Konsequenzen.

Ob Veggie-Burger, Tofuwurst oder Seitanmortadella – die Nachfrage nach vegetarischen oder veganen Fleischersatzprodukten nimmt weiter zu. Mit der steigenden Nachfrage nach Fleischersatz geht ein Rückgang beim Fleischkonsum einher.

Der Winzerberuf zieht in Deutschland immer mehr Frauen an. Und es gibt mehr Wein-Hersteller, die nicht aus einem Familienbetrieb kommen und das Handwerk ganz neu lernen.

Die Winzer in Franken und im Anbaugebiet Saale-Unstrut sind im April von frostigen Nächten heimgesucht worden. Der fränkische Weinbauverband geht davon aus, dass 50 Prozent der Flächen geschädigt sind. Anderswo ist bereits die Rede von einem «Totalausfall».

Deutschlands letzter Warenhauskonzern macht erneut zahlreiche Filialen und seine Zentrale dicht. Viele Stellen werden gestrichen. Handelsexperten und die Gewerkschaft vermissen ein Zukunftskonzept.

Die deutschen Spitzenweingüter müssen mit den Folgen des Klimawandels und einem veränderten Konsumverhalten umgehen. Verbandspräsident Christmann sieht die Prädikatsweinbetriebe aber gut aufgestellt. Die Produzenten deutscher Spitzenweine spüren den Absatzrückgang beim Wein kaum.

Kalte Nächte haben den Obstbäumen und Reben im Land Schäden zugefügt. Durch den Klimawandel könnte das noch öfter passieren. Die Bauern und Winzer kämpfen dagegen an - mit Feuer und Wasser.

Ohne Olivenöl geht in den Mittelmeerländern nichts. Fast nichts. Zumindest nicht in der Küche. Und das zu Recht. Vor allem natives Olivenöl extra hat einen einzigartigen Geschmack, der viele Gerichte verfeinert, ohne sie zu dominieren. Immer mehr Deutsche wissen die geschmacklichen und gesundheitlichen Vorzüge von Olivenöl zu schätzen.

Jahrelange Trockenheit lässt in Spanien Weinreben verdorren. Freixenet, liiert mit der Wiesbadener Traditionskellerei Henkell, verliert so den wichtigsten Rohstoff für Schaumwein.