Sein Rezept ist geheim, sein Produkt sahnig und heiß begehrt und seine Backstube frei von Profis: Stefan Linder hat in den vergangenen Jahren so etwas wie ein Käsekuchen-Imperium erschaffen. Der Unternehmer aus dem Schwarzwald vertreibt unter seinem eigenen Namen «Stefans Käsekuchen». Sein Geschäft ist mittlerweile Millionen wert.
Zwischen 8000 und 9000 Kuchen pro Woche produziert Linders Unternehmen in Ebringen bei Freiburg - Tendenz steigend. Bis zu 13 Euro zahlen die Kunden für den kleinen Klassiker. Mit saisonalen Füllungen können es auch bis zu 17,50 Euro werden, sagt Linder. Dafür bekommt man einen sahnigen Käsekuchen, der im Gedächtnis bleibt.
In einer Hütte fing alles an
Das Rezept stamme aus einer Ausflugsgaststätte im Schwarzwald, die er von seinen Eltern übernommen habe. «Die Rappenecker Hütte am Schauinsland, dem Hausberg von Freiburg.» Sechs Kilometer Feldweg führten zu der Hütte. «Meine Eltern hatten die 1986 übernommen - da war ich 17.» Von der Mutter der Verpächterin habe seine Mutter das Hausrezept für Käsekuchen übernommen. Und das sei die Grundlage für sein heutiges Rezept.
«Von Anfang an hat dieses Rezept abartig funktioniert», sagt Linder. Egal, was für Kuchen er in der Hütte gebacken habe - der Käsekuchen sei immer als Erstes weggekommen. «Zum Schluss habe ich 50 Käsekuchen an einem Sonntag verkauft. 600 Stückle Kuchen sind an dem Rekordtag weggegangen.» Alle seien wegen des Käsekuchens gekommen. Das sei so etwas wie eine erste Marktanalyse gewesen.
Irgendwann sei die Idee entstanden, seinen Käsekuchen auf dem Freiburger Münsterplatz zu verkaufen. Mit den Jahren seien immer mehr Wochenmärkte dazugekommen - bis nach Frankfurt am Main und nach Nürnberg. Ein Netzwerk aus Händlern sei für den Verkauf auf den Märkten zuständig.
Großer Hunger auf Käsekuchen
Zu Beginn habe er befürchtet, dass der Käsekuchen auf dem Markt nicht ganz so gut laufen werde, wie der in der Hütte. «Ich wusste, dass die Menschen auf der Hütte vorher gewandert und Radfahren waren, sie haben den Kinderwagen durch den Wald geschoben: Die hatten Hunger, die waren ausgebrannt.» Seine Befürchtung habe sich zum Glück nicht bestätigt.
Für den Verkaufsstand habe er die Kuchen verkleinert: statt zwölf, acht bis sechs Stückchen. «An dem Tag, an dem ich die ersten Zutaten gekauft habe, habe ich auch kleinere Aluförmchen entdeckt, die Pizzeria-Betreiber für ihre Salate nehmen.» Das habe sehr gut funktioniert. «Die Leute konnten gleich einen ganzen Kuchen mitnehmen und ich musste nichts schneiden.»
Schlaflose Nächte
Am Anfang habe er fünf Euro pro Kuchen verlangt. Angefangen habe er im April 2002. Seit 22 Jahren gebe es seinen Kuchen schon. Der Name und das Marketing rund um die Marke seien aber erst ein paar Jahre alt. «Ich konnte ganz oft nächtelang nicht schlafen, weil mir kein Name einfiel.» Fünf Jahre lang habe er überlegt, sagt Linder. Und dann sei es «Stefans Käsekuchen» geworden.
Mit seiner Idee habe er so viel verdienen wollen, dass er davon Leben könne. «Ich wollte kein großes Geschäft machen. Ich wollte auch lange Zeit keinen Angestellten.» Die Verführung sei aber immer da gewesen, Gas zu geben. «Weil es mir Spaß gemacht hat, Käsekuchen zu backen.»
Keine Profis in der Backstube
Heute hat Linder 16 Festangestellte und 30 Aushilfskräfte. Fünf bis sechs würden in der Backstube arbeiten - kein einziger Profi sei darunter. «Ich habe es tunlichst vermieden, Bäcker einzustellen. Die haben ihren eigenen Kopf.» Auch er selbst sei kein gelernter Bäcker, sondern ausgebildeter Hotelfachmann.»
Mittlerweile kooperiert der 55-Jährige mit 70 Edeka-Märkten in Süddeutschland. Das sei eigentlich nie der Plan gewesen, sagt er. «Weil ich dachte, der Käsekuchen sollte eigentlich eher in Feinkostläden und Märkten vertrieben werden.» Auch andere Märkte seien auf ihn zugekommen. «Vor acht Jahren etwa ist mir klar geworden: jetzt hast du eine Firma und bist auf dem Radar.» Sein Unternehmen habe heute einen Millionenwert.
Käsekuchen-Hype im Netz
Linder ist nicht der Einzige, der mit Käsekuchen ein gutes Geschäft macht. Auch immer mehr Influencer setzen auf den Kuchenklassiker. Zig Rezepte etwa für den spanischen San Sebastian Cheesecake, der mit verschiedenen Toppings serviert werden kann, gibt es im Netz. Food-Influencer verkaufen die Variante in ihren eigenen Cafés. In der Hauptstadt Berlin etwa ist die Auswahl besonders groß. Eine Kette, die sich komplett auf den Käsekuchen spezialisiert hat, ist die US-amerikanische Cheesecake-Faktory.
Aber wieso kommt Käsekuchen so gut an? «Weil er schmeckt», sagt Gerhard Schenk vom Deutschen Konditorenbund. Der Klassiker sei sehr gefällig und dadurch für die breite Masse geeignet. Er bestehe nicht aus Früchten, Nüssen oder Alkohol - man mache nichts falsch mit einem Käsekuchen. «Der geht immer», so der Verbandspräsident.
Experte: «Käsekuchen nie kalt essen»
Käsekuchen sei eigentlich etwas, was nie ausgehen dürfe. «Er gehört zu den Top-Sellern.» Er sei für Jung und für Alt geeignet. Käsekuchen gehe schnell, brauche keinen Belag und sei lange Haltbar. Er müsse nicht gekühlt werden und - auch wenn viele ihn vermutlich eher kalt genießen - schmecke am besten bei Zimmertemperatur. So könne er seine Aromen entfalten. «Käsekuchen nie kalt essen, so schmeckt er nicht.» Schenk geht sogar noch weiter: Warm schmecke er besonders gut. «Wie ein Soufflé», sagt der Experte. Vom Rezept her sei Käsekuchen auch nichts anderes als ein Quark-Soufflé.
Der klassische Käsekuchen in Deutschland bestehe immer aus Quark. Das amerikanische Pendant, der Cheesecake, werde dagegen aus Frischkäse gemacht. Bei Käsekuchen gebe es regionale Unterschiede. Es gebe sahnige Varianten, leicht körnige oder etwa den rheinischen Käsekuchen mit Rosinen. Er sei kombinierbar mit allen möglichen Obstsorten - mit oder ohne Streusel. «15 Sorten finde ich allein in meinem Karteikasten - und ich weiß, dass ich noch nicht am Ende bin.»
Alle Rezepte hätten aber eine Prise Salz, frische Zitrone und Vanille gemeinsam. Für einen kräftigen Quark-Geschmack empfiehlt der Experte Magerquark. Wer den klassischen Käsegeschmack nicht mag, kann es auch mit Ricotta versuchen, wie Schenk erklärt.
Einfachheit als Erfolgsgeheimnis
Das Geheimnis am Erfolg von «Stefans Käsekuchen», so sagt der Inhaber, sei die Einfachheit. «Ich mache nicht mal Backpulver in den Kuchen und auch kein Salz in den Mürbeteig.» Sahne, Quark, gekochter Pudding: Das seien so die Zutaten für die Creme. 3000 Liter Sahne verbrauche er die Woche. Weil der Kuchen nicht so schaumig aufgeblasen werde, sei er auch nicht gefährdet «einzustürzen». Der ultimative Käsekuchen-Backtipp sei, den Kuchen nicht zu heiß zu backen, sondern sich etwas mehr Zeit zu lassen. «Und nicht gleich aus dem Ofen nehmen.» (dpa)