Radeberger Gruppe: „Ein rabenschwarzes Jahr für den Biermarkt"

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Es war ein düsteres Jahr für die deutschen Brauer: Der monatelange, nahezu ersatzlose Ausfall des Außer-Haus-Geschäftes und aller Formen der Geselligkeit hat im Biermarkt zu massiven Verwerfungen und nie dagewesenen Absatzeinbrüchen geführt, von denen sich die Brauwirtschaft nur sehr langsam erholen wird. 

Der Blick der Radeberger Gruppe auf den Biermarkt fällt entsprechend nüchtern aus: „Die Opfer, die auch die deutschen Brauer seit nun schon nahezu zehn Monaten als Beitrag zur Pandemiebekämpfung bringen, waren und sind enorm“, erklärt Guido Mockel, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe. Als einer von zahlreichen Partnern des Außer-Haus-Marktes leide die Unternehmensgruppe mit ihren Kunden in Gastronomie und Eventgeschäft: „Wenn Menschen nicht mehr zusammenkommen dürfen und alles Gesellige nicht möglich ist, hat das zwangsläufig dramatische Auswirkungen auf den Absatz unserer Produkte. Und auf die wirtschaftliche Substanz aller Unternehmen, die direkt und indirekt im Außer-Haus-Markt tätig sind.“

So wird das vergangene Jahr nach Einschätzung Mockels für die Branche als eines der schmerzhaftesten in die Geschichte eingehen: Seit langer Zeit verliert der deutsche Biermarkt aufgrund des demographischen Wandels und sich ändernder Konsumgewohnheiten jährlich bis zu einer Million Hektoliter Absatz. Guido Mockel: „Schon dieser Absatzverlust trifft die Branche hart. Das Jahr 2020 war allerdings eine Zeitmaschine, die den bestehenden Druck noch einmal dramatisch erhöht.“ Insider rechnen infolge der Corona-Krise mit einem Absatzverlust von mindestens 5 Millionen Hektolitern oder – anschaulicher – 500 Millionen Maßkrügen, die leer blieben. 

„Unsere Branche musste also in zwölf Monaten einen Absatzrückgang verkraften, der organisch erst über einen Zeitraum von schätzungsweise fünf Jahren eingetreten wäre. Das war – und bleibt – ein exogener Schock für die Brauwirtschaft. Es wird einen langen Atem, viel Geduld und ordentlich Kraft benötigen, bis sich die Branche von diesem Einschlag erholt haben wird. Wenn dies denn überhaupt vollumfänglich gelingen kann …“

Radeberger Gruppe liefert, spürt aber Auswirkungen der Krise

Die Radeberger Gruppe hat sich mit einem Absatzrückgang von minus 4,7 Prozent besser als der Markt entwickelt (Gesamt-Umsatz Gruppe: minus 8 Prozent, 1,6 Milliarden Euro) und sogar Marktanteile hinzugewonnen.

„Mit einer starken Mannschaftsleistung und viel Engagement unserer Beschäftigten ist es uns trotz der Krisensituation und massiver Vermarktungsbeschränkungen gelungen, unsere Marktposition zu festigen und sich bietende Marktchancen erfolgreich zu ergreifen“, so Guido Mockel. Im Inland wie im Ausland konnte die Brauereigruppe insbesondere mit regionalen Marken, alkoholfreien Bieren und Neuprodukten punkten. 

„Das war keine Selbstverständlichkeit und zeigt uns: Unsere Entscheidung, auf ein breites Sortiment starker Marken mit attraktiven Sorten zu setzen, bewährt sich auch und gerade jetzt.“ Die Unternehmensgruppe sieht auch in diesem fordernden Umfeld viele Chancen: „Bei allen Schwierigkeiten, mit denen unser Markt konfrontiert ist, gilt: Bier bleibt ein hoch spannendes Produkt, das mit Sortenvielfalt, Trends wie Regionalität und einer Rückbesinnung auf Marke Raum für außerordentliche Entwicklungen bietet“, ist Mockel überzeugt.

Verlorener Fassbierabsatz schmerzt

Dabei sei der Blick auf den Absatz jedoch nur eine Messgröße für Markterfolg, betont Mockel: Während viele Brauer wie auch die Radeberger Gruppe den massiven Einbruch des Fassbierabsatzes durch einen Zuwachs bei Flaschenbier zumindest nominal etwas abfedern konnten, reißt das entfallene margenträchtigere Fassbiergeschäft schmerzhafte Lücken in die Unternehmensergebnisse. „Wir sind einer der größten Fassbiervermarkter in Deutschland und beliefern weit über 40.000 gastronomische Objekte mit unseren Bieren und alkoholfreien Getränken. Entsprechend hart trifft uns deren monatelange Schließung, die zu einer Halbierung unserer Fassbierabsätze geführt hat.“ Doch die Krise im Außer-Haus-Markt beschäftigt die Frankfurter Brauereigruppe nicht nur im Bier- und Getränkeabsatz:

Längst mehr als eine Brauereigruppe

Ihre Engagements im gastronomieorientierten Getränkefachgroßhandel oder bei Plattformen für die Gastronomie spüren die Krise noch deutlicher. Doch Guido Mockel bestätigt die Unternehmensstrategie: „Natürlich vergrößert eine breitere Aufstellung in einem Marktsegment in einer außerordentlichen, nicht vorhersehbaren Krisensituation wie dieser auch punktuell das Risiko. Da wir aber mit vielen Standbeinen an verschiedenen wesentlichen Schaltzentralen des Marktes aktiv sind, greift hier unsere diversifizierte Aufstellung: Einerseits spüren wir die Breitseiten der Krise, aber wir können gleichzeitig über einige unserer Tochtergesellschaften profitieren und somit Verluste teilweise ausgleichen. Eine aussagefähigere Belastungs- und Bewährungsprobe für unsere Strategie könnte es also gar nicht geben.“

Entsprechend unterschiedlich fällt die Bewertung der Sparten aus: Während die zugehörigen gastronomieorientierten Getränkefachgroßhandlungen unter dem monatelangen Entzug ihrer Geschäftsgrundlage leiden und sich auf ein mittelfristig reduziertes Geschäftsvolumen einstellen müssen, konnten sich andere Töchter und Beteiligungen der Radeberger Gruppe erfreulich entwickeln. So hat insbesondere die zugehörige größte deutsche Getränkefachmarktkette, Getränke Hoffmann, die verstärkte Verbrauchernachfrage genutzt. Zudem konnte das Liefergeschäft mit Getränken, das die Radeberger Gruppe vor gut drei Jahren unter der Marke Durstexpress auf- und ausgebaut hat, in der Krise von dem verstärkten Trend zu E-Commerce profitieren.

Auch das Streckengeschäft der Unternehmensgruppe, insbesondere unter dem Dach der Deutsche Getränke Logistik (ein Joint Venture mit der Brauerei C. & A. Veltins) profitiert von einer gestiegenen Flaschenbier-Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel und in Getränkeabholmärkten, während der führende deutsche Leergutlogistiker H. Leiter sich auch in der Krise als wichtiger Pfeiler eines funktionierenden Mehrwegsystems erweist.

Branche muss sich auf ein weiteres schwieriges Jahr einstellen

„Wir arbeiten also mit Licht und Schatten, atmen sprichwörtlich mit den Maßnahmen der Bundesregierung zur Pandemiebekämpfung, wissen aber auch: Selbst, wenn wir diese Phase als Unternehmensgruppe durchstehen können – jeder Tag mehr, an dem der Außer-Haus-Markt geschlossen bleibt, zieht strukturelle Veränderungen, kaum aufholbare Absatzverluste sowie langfristig reduzierte Geschäftsvolumina für alle Akteure dieses Marktes nach sich“, so Guido Mockel.

Ausblick

Der Blick des Marktführers auf das Jahr 2021 bleibt daher zurückhaltend, wird doch immer deutlicher: Eine Wiedereröffnung des Außer-Haus-Marktes ist kurzfristig nicht absehbar, sogar eine Ausdehnung des Lockdowns bis in die Saison kann heute nicht mehr ausgeschlossen werden. 

„2020 war bereits ein rabenschwarzes Jahr für die Brauer – und das Jahr 2021 startet ebenfalls unter schwierigen Vorzeichen“, so Guido Mockel. Nun gelte es, die Zeit, bis es wieder möglich sein wird, Freunde in der Gastronomie zu treffen, Konzerte, Feste oder Sportereignisse zu besuchen und Geselligkeit zu erleben, in der Branche bestmöglich zu nutzen.

„Auch, wenn es schwerfällt, das derzeit im Blick zu behalten: Diese Krise wird vorübergehen. Dann werden wir uns auch in unserer Branche die Wunden lecken – und mit unseren Partnern in der Gastronomie wieder kraftvoll durchstarten“, prognostiziert der Unternehmenschef. Die Radeberger Gruppe werde ihre breite Aufstellung optimal ausspielen – und Marktchancen weiterhin beherzt ergreifen: „Wir stehen in allen Teilen unserer Unternehmensgruppe bereit und planen weiterhin mit Zuversicht, Mut und frischen Impulsen, im vollen Bewusstsein, dass sich der Biermarkt in einem dynamischen Veränderungsprozess befindet – und dies nicht nur wegen Corona“, betont Guido Mockel. Und ergänzt: „Klar ist: Das wird kein Spaziergang, das wird ein Marathon mit vielen Härten. Aber wir haben einen langen Atem und viel Kondition.“


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