2G, 2G plus, 3G in NRW: Wüst will schärfere Corona-Maßnahmen schnell umsetzen

| Politik Politik

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sollen die schärferen Corona-Maßnahmen nächste Woche in Kraft treten. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte nach einer Videoschalte mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände des Landes am Freitag: «Bereits in der kommenden Woche werden wir die Regelungen in der Corona-Schutzverordnung umsetzen.»

Die Einhaltung der Regeln werde mit regelmäßigen Stichproben kontrolliert. Verstöße würden künftig höher und schmerzhaft bestraft. «Mit der Einführung der 2G-Regel flächendeckend im Kultur- und Freizeitbereich sind wir vorangegangen, die neue 3G-Regel am Arbeitsplatz, im ÖPNV und Fernverkehr gibt weiteren Schutz», betonte der Regierungschef.

Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Lage hatten Bund und Länder am Donnerstag beschlossen, dass Ungeimpfte künftig überall da keinen Zutritt zu Freizeitveranstaltungen, Gastronomie, Hotels sowie auch körpernahen Dienstleistungen mehr bekommen, wo ein bestimmter Schwellenwert an Einweisungen von Corona-Patienten in Krankenhäuser überschritten wird. Hier soll 2G gelten, also eine Teilnahme nur für Geimpfte und Genesene. Ausschlaggebend ist laut Bund-Länder-Beschluss die Hospitalisierungsrate. Der Wert gibt an, wie viele Corona-Fälle pro 100 000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen. Liegt die Rate über drei, soll in dem Bundesland 2G gelten.

Steigt die Krankenhaus-Rate auf mehr als sechs, soll 2G plus gelten. Dort, wo das Infektionsrisiko besonders hoch ist - etwa in Diskotheken, Clubs und bei Karnevalssitzungen - müssen dann auch Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Corona-Test vorlegen. Spätestens bei Überschreiten des Schwellenwerts von 9 sollen die Länder dann von weitergehenden Beschränkungen Gebrauch machen. In NRW lag die Hospitalisierungsinzidenz am Freitag bei 4,03.

Wüst betonte, dass es beim Gesundheitsschutz um Vorsicht, Impfen und Testen geht. «Mit den kostenlosen Schnelltests setzen wir auf zusätzliche Vorsicht und Vorsorge. Der Schlüssel zu Bewältigung der Pandemie ist und bleibt die Impfung», bekräftigte er. Um die vierte Welle zu brechen, brauche man insbesondere beim Impfen jetzt erneut einen Kraftakt, um allen Bürgerinnen und Bürgern spätestens sechs Monate nach der Zweitimpfung eine Booster-Impfung anbieten zu können. Die Kosten für den Ausbau der Impfungen trügen Bund und Land.

Der Städtetag NRW sprach von riesigen Bedarf für Auffrischungen und die bald möglichen Impfungen für Kinder unter 12 Jahren. Hier müsse das Land klar entscheiden, ob Impfzentren wieder notwendig seien, mahnte der Verbandsvorsitzende, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen. Dazu müsse das Land sicherstellen, dass das erforderliche medizinische Personal bereitgestellt werde. Flächendeckende 2G-Regeln für den Freizeit- und Kulturbereich müssten jetzt sofort und ohne die Schwellenwerte bei der Hospitalisierungsrate in Kraft gesetzt werden. Man habe die Sorge, die Hospitalisierungsrate könnte zu träge sein.

Auch der Städte- und Gemeindebund NRW forderte glasklare Regelungen, die konsequent angewendet werden müssten, wie Hauptgeschäftsführer Christof Sommer deutlich machte. Die Ordnungsdienste der Kommunen leisteten mit der Polizei ihren Beitrag dazu. Die Belastung sei seit Monaten immens. «Umso dringender müssen wir jetzt schnell aus dieser Welle herauskommen. Das Arbeiten im Ausnahmezustand lässt sich nicht dauerhaft leisten.» Der Schlüssel aus der Krise bleibe das Impfen.

Für alle geimpften oder genesenen Menschen bedeuteten die neuen Maßnahmen «erst einmal keine nennenswerten weiteren Einschränkungen», verdeutlichte Wüst vor der Videoschalte mit den Kommunalvertretern im WDR. «Wir haben ja eine Pandemie der Nichtgeimpften». Der ganz überwiegende Teil der der neuen Corona-Fälle betreffe nicht geimpfte Menschen. Diese müssten geschützt werden. Sie sollten durch die neuen Auflagen aber auch einen «Impuls» bekommen, sich impfen zu lassen, «um aus dieser schwierigen Situation herauszukommen».

SPD-Landeschef Thomas Kutschaty forderte mehr Tempo bei der Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse. Er verlangte eine Kabinettssitzung noch am Freitag, um die neue Corona-Schutzverordnung in Kraft zu setzen. «Wir dürfen das Wochenende nicht mehr verstreichen lassen, da finden Veranstaltungen statt, da finden Fußballspiele statt», sagte er im WDR5. Die Grünen sehen das ähnlich: «Jeder Tag, den Ministerpräsident Wüst nun weiter verstreichen lässt – sei es aus Mutlosigkeit oder aus parteitaktischen Erwägungen – ist ein verlorener Tag im Kampf gegen das Virus zulasten der Bürgerinnen und Bürger.»

Die Corona-Inzidenz in NRW erreichte unterdessen einen Rekordwert. Laut Robert Koch-Institut lag die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche am Freitag bei 200,9. Jedoch liegt NRW weiter deutlich unter dem Bundeswert von mehr als 340 am Freitag.

 

2G, 2G plus, 3G - Was auf die Menschen in NRW zukommt

Auch Nordrhein-Westfalen wird von der vierten Welle der Corona-Pandemie erfasst. Die Landesregierung sowie die Bund-Länder-Konferenz haben sich auf schärfere Maßnahmen verständigt. Diese betreffen vor allem ungeimpfte Menschen.

Wann treten die neuen Regeln in NRW in Kraft?

Die verschärften Corona-Regeln sollen in NRW ab nächster Woche umgesetzt werden, kündigte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitag an. Es wird damit gerechnet, dass die neue Corona-Schutzverordnung für NRW etwa Mitte der Woche in Kraft treten könnte.

Was dürfen ungeimpfte und geimpfte Menschen künftig noch?

Flächendeckend soll die sogenannte 2G-Regel umgesetzt werden. Nur geimpfte oder genesene Menschen haben laut Bund-Länder-Beschluss dann noch Zutritt zu Freizeitveranstaltungen, Gastronomie, Hotels sowie zu körpernahen Dienstleistungen und Weihnachtsmärkten. Dort, wo das Infektionsrisiko besonders hoch ist - etwa in Diskotheken, Clubs und auch bei Karnevalssitzungen - soll 2G plus gelten. Dann müssen Geimpfte und Genesene zusätzlich einen aktuellen negativen Corona-Test vorlegen.

Bund und Länder hatten am Donnerstag beschlossen, die neuen Regeln an Schwellenwerte bei der Hospitalisierungsrate zu koppeln. Der Wert gibt an, wie viele Corona-Infizierte pro 100 000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen. Liegt die Rate über drei, tritt 2G in Kraft, bei über sechs kommt 2G plus. In NRW lag die Hospitalisierungsinzidenz am Freitag nach Angaben des Landes bei 4,03.

Die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung hatte sich allerdings schon vor der Bund-Länder-Runde auf die Einführung der flächendeckenden 2G- und 2G plus-Regeln verständigt - und zwar ohne Schwellenwerte. Noch ist offen, ob die Maßnahmen in NRW an die Hospitalisierungsrate gekoppelt werden oder unabhängig davon in Kraft treten.

Wird es Einschränkungen auch für Kinder und Jugendliche geben?

Nein, für Kinder und Jugendliche unter 18 soll die 2G-Regel entfallen, hatte Wüst angekündigt. Ausnahmen soll es laut Bund-Länder-Beschluss auch für Menschen geben, die nicht geimpft werden können und für Menschen, für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt. In NRW bleibt es vorerst auch beim Wegfall der Maskenpflicht im Unterricht. Das Schulministerium beobachtet die Lage.

Was gilt in Bussen, Bahnen und am Arbeitsplatz?

In Bussen und Bahnen soll künftig 3G gelten - befördert werden dürfen nur geimpfte, genesene oder getestete Menschen. Wüst kündigte stichprobenartige, aber regelmäßige Kontrollen an. Das heiße, jeder müsse jederzeit damit rechnen, dass kontrolliert werde.

Auch am Arbeitsplatz soll die 3G-Regel gelten. Die Arbeitgeber sollen laut Bund-Länder-Beschluss weiterhin mindestens zweimal pro Woche eine kostenlose Testmöglichkeit anbieten. Die Einhaltung der 3G-Regel soll vom Arbeitgeber täglich kontrolliert und dokumentiert werden. Das Handwerk bezweifelt bereits, dass die Vorgaben überall umzusetzen sind. Probleme könnte es etwa bei der Gebäudereinigung oder im Bau geben, wo die meisten Beschäftigten direkt zu den Baustellen fahren.

Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Wer gegen die Maskenpflicht verstößt, muss künftig mit 150 Euro Strafe rechnen. Bei gefälschten Corona-Testnachweisen wird das Bußgeld auf bis zu 5000 Euro verfünffacht. Werden Corona-Tests oder Impfnachweise bei Veranstaltungen oder in Restaurants nicht ordentlich kontrolliert, sind künftig 2000 Euro fällig.

Wo gibt es Auffrischungsimpfungen?

Das Land will die Booster-Impfungen massiv beschleunigen. Die Impfzentren wurden allerdings geschlossen. Das Land NRW forderte die die Kommunen stattdessen zur Einrichtung fester Impfstellen auf. Städte und Kreise sollten möglichst wohnortnahe Angebote sicherstellen, die sowohl für Erst- und Zweitimpfungen als auch für Auffrischungsimpfungen aufgesucht werden können. Orte könnten Turnhallen oder auch leerstehende Ladenlokale sein. Der Kreis derjenigen, die impfen dürfen, könnte ausgeweitet werden. Im Gespräch sind etwa Apotheken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt inzwischen allen Personen ab 18 Jahren die Covid-19-Auffrischimpfung.

Drohen wieder generelle Lockdowns und Schulschließungen?

In NRW ist die Corona-Lage noch nicht so dramatisch wie etwa in Bayern, wo Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Schließungen von Clubs, Diskotheken und Bars ankündigte und auch Weihnachtsmärkte ausfallen müssen. Mit Blick auf die in NRW geplanten Maßnahmen sagte Wüst bei RTL: «Das ist ein erstes Paket, das vermeiden soll, dass es wieder einen Lockdown gibt.» Das novellierte Infektionsschutzgesetz des Bundes sieht zudem vorerst keine Ausgangsbeschränkungen und flächendeckenden Schulschließungen mehr vor. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz war sich einig, dass weitere Belastungen für Kinder und Jugendliche vermieden werden sollen. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Der DEHOGA sagt: Das reicht noch lange nicht. Der Verband sagt, dass insgesamt immer noch viel zu wenig Bürokratieentlastung im Betriebsalltag der Unternehmen ankomme.

Bund und Länder haben sich, wie insbesondere von den Steuerberatern gefordert und vom DEHOGA unterstützt, auf eine letztmalige Fristverlängerung für die Schlussabrechnung bei den Coronahilfen bis Ende September 2024 geeinigt, sofern eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 beantragt und bewilligt wurde.

In Berlin arbeiten viele Menschen unter prekären Bedingungen, sagen Fachleute. Häufig nutzen ihre Chefs schamlos aus, dass sie kein Deutsch sprechen oder sich illegal hier aufhalten. Einen Schwerpunkt dabei bilde laut Hauptzollamt das Gastgewerbe.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Die Wirtschaft sagt: Das reicht noch lange nicht. Zu dem Paket gehört auch der Wegfall der Meldebescheinigung für inländische Übernachtungsgäste.

In Frankreich dürfen pflanzliche Alternativen zu Fleischprodukten nicht mehr mit traditionellen Fleischbegriffen beworben werden. Schnitzel, Steak und Schinken müssen jetzt eindeutig tierischen Ursprungs sein und dürfen nicht aus pflanzlichen Proteinen bestehen.

Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der anhaltend hohe Kostendruck, fehlende Mitarbeiter, dazu wachsende Ansprüche an das gastronomische Angebot: Die Contract Caterer in Deutschland stehen vor vielfältigen Herausforderungen.

Am Hessischen Landesarbeitsgericht wollte die Bahn den Lokführerstreik stoppen - und hat auch in zweiter Instanz verloren. Damit geht der Ausstand der GDL weiter.

Millionen Lieferdienst- und Taxifahrer großer Online-Plattformen können auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen. Die EU-Staaten sprachen sich für neue Vorgaben aus, um etwa Scheinselbstständigkeit besser zu verhindern, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Die Lokführergewerkschaft GDL will ab Dienstagmorgen im Personenverkehr streiken, im Güterverkehr schon ab Montagabend. Der Konzern versucht, den Arbeitskampf im letzten Augenblick noch zu verhindern.

Der nächste GDL-Streik bei der Bahn startet schon an diesem Montag im Güterverkehr. Ab Dienstagfrüh trifft es auch Reisende und Pendler - und Fluggäste der Lufthansa.