Ampel ringt um Öffnungskurs - FDP pocht auf «Normalität»

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Im Ringen um die künftigen Corona-Maßnahmen pocht die FDP auf «Normalität» ab 20. März. Sinnvoll könnten aber weiter das Tragen von Masken oder Testungen in Pflegeheimen sein, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Sonntag auf Twitter vor einem zu schnellen Öffnen jenseits der jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse.

In der Debatte über die künftige Corona-Politik hat FDP-Chef Christian Lindner die Grenzen für staatliche Eingriffe in Grundrechte hervorgehoben. «Freiheitseinschränkungen sind nur so lange gerechtfertigt, wie sie wirklich notwendig sind», sagte der Bundesfinanzminister am Sonntag in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin».

«Das Wort Basisschutzmaßnahme verwende ich deshalb nicht gerne - es gilt unsere verfassungsmäßige Ordnung. Und da gilt zunächst und zumeist, dass die Grundrechte zu achten sind und dass der Staat nur dort eingreift, wo es wirklich notwendig ist, wo wirklich eine Gefahr besteht.» Lindner ergänzte, darüber werde man «gemeinsam genau beraten: Was ist noch erforderlich, was ist nicht erforderlich?»

Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, dass die allermeisten Corona-Einschränkungen bis 20. März fallen sollen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länderregierungschefs hatten sich aber für «niedrigschwellige Basisschutzmaßnahmen» über das Datum hinaus ausgesprochen. Was dies umfassen soll, wird zurzeit diskutiert. Die Rede ist unter anderem von der Möglichkeit für die Länder, weiterhin eine Maskenpflicht anordnen zu können.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr lehnte es erneut ab, noch einmal breitere Grundrechtsbeschränkungen zu ermöglichen. Die FDP sei durchaus offen für einen Grundschutz beispielsweise für Alten- und Pflegeeinrichtungen, sagte er in der ZDF-Sendung «Berlin direkt». «Ich habe nur bei manchen CDU- und CSU-Ministerpräsidenten das Gefühl, dass sie den sogenannten Basisschutz durch die Hintertür in Wahrheit mit starken Corona-Schutzmaßnahmen erneut verbinden wollen. Und wir haben uns ja darauf geeinigt, dass wir in Deutschland nach dem 19. März zur Normalität zurückkehren. Und das würde sich nicht miteinander vertragen.»

  Damit zeichnen sich mögliche Konflikte in der Ampel bei der «schnellen Anpassung im Infektionsschutzgesetz» ab, die jetzt laut der Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann ansteht. Teststrategien und der Nachweis des Impf- und Genesenenstatus würden in besonderen Bereichen weiter Berechtigung haben, sagte Haßelmann in den Funke-Zeitungen. Neben Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege und Behindertenhilfe nannte Haßelmann auch Schulen und Kitas.

Auf absehbare Zeit weiter zum Alltag in Geschäften oder in Bussen und Bahnen werden laut der Grünen-Politikerin FFP2-Masken gehören. «Auch Abstandsgebote und Hygienevorgaben haben sich bewährt.» Haßelmann betonte: «Die Pandemie endet nicht an einem Stichtag.» Die Länder müssten kurzfristig auf mögliche Verschlechterungen reagieren können. «Uns ist wichtig, dass Kommunen, Städte und Bundesländer beim Pandemiemanagement handlungsfähig bleiben, um Öffnungen abzusichern.»

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte FFP2-Masken und Testungen als Bausteine des geplanten Basisschutzes. «Und wir brauchen Regeln für Hotspots, damit die Länder angemessen auf einen plötzlichen Ausbruch reagieren können.» Beim geplanten gemeinsamen Gesetzentwurf werde die Ampel auch die Vorschläge des Expertenrats aufgreifen.

Der Expertenrat der Regierung hatte sich für vorausschauende Öffnungsstrategien ausgesprochen und betont: «Die Dauer dieser neuen Phase der Pandemie ist von zahlreichen Faktoren abhängig, wie der Impfquote und der Verbreitung neuer Virusvarianten, und kann daher nicht präzise vorhergesagt werden.» Spätestens im Herbst bestehe das Risiko erneuter Infektionswellen. Bund und Länder hatten den Wegfall aller tiefgreifenden Corona-Auflagen zum 20. März beschlossen, sich aber für einen «Basisschutz» über dieses Datum hinaus ausgesprochen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte insbesondere Schutz für Schulen. «Nur Tests und Masken ermöglichen unseren Schülerinnen und Schüler einen sicheren Präsenzunterricht», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Unsere Kinder sollen das Schuljahr und die Abschlussprüfungen ohne Sorgen und Druck absolvieren können.» In Bereichen, in denen Kontakte unausweichlich sind, müsse der Staat die richtige Balance beim Basisschutz garantieren. Für bundesweit einheitliche Masken-Regeln im Fernverkehr warte er «auf Vorschläge vom Bundesverkehrsminister», so Söder an die Adresse des FDP-Politikers Volker Wissing.

Unklar ist weiter, ob es zu einer allgemeinen Impfpflicht kommt. Mützenich warb erneut dafür. «Die Impfpflicht ist ein geeignetes Mittel, um Freiheitseinschränkungen im nächsten Winter zu vermeiden», sagte er. Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) sagte der «Bild am Sonntag»: «Wir haben viel versucht, die Menschen über Impfkampagnen und niedrigschwellige Angebote zu erreichen.» Aber da sei man am Ende der Fahnenstange angekommen. «Um die Impfquote weiter zu steigern, brauchen wir die Impfpflicht ab 18.»

Derzeit gibt es mehrere Anträge im Bundestag zum Thema Impfpflicht - eine Mehrheit für einen Antrag zeichnet sich derzeit aber noch nicht ab. Während die Ampel auf Gruppenanträge aus der Mitte des Parlaments setzt, hatte die Union eigene Vorschläge vorgelegt. Auf die Frage, ob er sich mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) verständigen wolle, sagte Mützenich: «Ich suche eine breite Mehrheit. In der Tat bin ich auch mit dem neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU dazu im Gespräch.»


 

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