Bund-Länder-Gipfel zu Corona am Dienstag - Rufe nach neuen Maßnahmen

| Politik Politik

Die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus könnte schon bald schärfere Maßnahmen zum Infektionsschutz nach sich ziehen. Noch vor Weihnachten beraten Bund und Länder am Dienstag über das weitere Vorgehen - darauf verständigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz am Sonntagabend. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen brachte einen Lockdown nach den Feiertagen ins Spiel.

«Wir müssen mit unseren Maßnahmen vor die Omikron-Welle kommen. Unser heutiges Handeln bestimmt die morgige Pandemie-Lage», sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. «Angesichts der äußerst hohen Übertragbarkeit von Omikron werden wir um einen Lockdown nach Weihnachten vermutlich nicht herumkommen. Ein mögliches Szenario wäre ein gut geplanter Lockdown Anfang Januar.»

Einen Lockdown vor Weihnachten hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Sonntag ausgeschlossen. Auf die Frage, was mit der Zeit nach den Festtagen sei, sagte der SPD-Politiker in der Bild-Sendung «Die richtigen Fragen»: «Ich glaube, auch da werden wir keinen harten Lockdown haben.» Er schrieb aber auf Twitter, man müsse eine offensive Booster-Impfkampagne fahren und «die Maßnahmen der Kontaktreduktion verschärfen».

Der neue Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte am Sonntag gewarnt, Omikron bringe eine «neue Dimension» in das Pandemiegeschehen. Die Experten sehen «Handlungsbedarf» bereits für die kommenden Tage. «Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen», heißt es in der Stellungnahme. Die aktuell geltenden Maßnahmen müssten darüber hinaus «noch stringenter» fortgeführt werden.

Omikron zeichne sich durch eine wesentlich stärkere Übertragbarkeit und Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus, so die Experten. Die Variante infiziere in kürzester Zeit deutlich mehr Menschen und beziehe auch Genesene und Geimpfte stärker in das Infektionsgeschehen ein: «Dies kann zu einer explosionsartigen Verbreitung führen.»

Der Expertenrat warnte zudem: «Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne. Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet.» Hierzu gehörten unter anderem Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung und die entsprechende Logistik.

Bei den Bund-Länder-Beratungen am Dienstag soll es um vorbereitende Maßnahmen zum Schutz der kritischen Infrastruktur gehen - aber auch um weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zum Schutz des Gesundheitssystems vor einer drohenden Überlastung infolge der Omikron-Welle. Das teilten nach der Absprache von Scholz und Wüst beide Seiten mit.

Die Entwicklung der Omikron-Variante zeige, «dass wir uns auch hierzulande große Sorgen machen müssen hinsichtlich einer Überlastung unseres Gesundheitssystems und der Sicherstellung grundlegender öffentlicher Aufgaben», sagte die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Marie Klein-Schmeink, der «Welt». «Deshalb müssen dringend weitere Vorkehrungen getroffen werden, um so gut wie möglich gegenzusteuern.» Sollte es Verschärfungen brauchen, stehe die SPD-Fraktion im Bundestag bereit, kurzfristig Entscheidungen zu treffen, sagt die stellvertretende Vorsitzende Dagmar Schmidt der Zeitung.

«Jeder zusätzliche, nicht notwendige Kontakt ist einer zu viel. Im schlimmsten Fall erwarten wir bis zu 700 000 Neuinfektionen pro Tag», sagte Unions-Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) der «Welt». Deswegen brauche es jetzt «eine gesetzliche Grundlage auch für einen nationalen Lockdown». AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte der Zeitung dagegen: «Lockdowns bringen nichts und sind kontraproduktiv, das haben die bisherigen Versuche hinlänglich gezeigt.»

Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, sagte der «Augsburger Allgemeinen» (Montag), er sehe «leider einen Lockdown auf uns zukommen, der uns alle betreffen wird». «Die ersten Berichte weisen darauf hin, dass selbst nach dem Boostern der Schutz vor einer Omikron-Infektion nur bei rund 75 Prozent liegen könnte, während er bei Delta nach der dritten Impfung bei weit über 90 Prozent liegt.» Das würde bedeuten, dass sich viel mehr geimpfte Menschen mit Omikron anstecken könnten, betonte er. «Wir werden die bei Omikron hochschießenden Inzidenzen sehr stark runterbringen müssen, und das wird uns nicht jetzt wie in dieser vierten Welle mit Booster-Impfungen gelingen, sondern dann nur wieder mit Abstand und Kontaktbeschränkungen», sagte Watzl.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte dem «Tagesspiegel»: «Die Gefahr besteht, dass wir in einen neuen Lockdown müssen.» Wenn sich die Omikron-Variante in Deutschland trotz der Booster-Kampagne so schnell ausbreite wie gerade in England oder den Niederlanden, «werden weitere Kontaktbeschränkungen wahrscheinlich kaum zu vermeiden sein».

Wegen der massiven Ausbreitung der Omikron-Variante in Großbritannien gilt das Land seit der Nacht zum Montag als Virusvariantengebiet. Die Einreise aus solchen Gebieten nach Deutschland ist mit starken Einschränkungen möglich. Fluggesellschaften dürfen nun im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von Großbritannien nach Deutschland befördern. Für Einreisende gilt zudem eine zweiwöchige Quarantänepflicht - auch für Geimpfte und Genesene.

Omikron breitet sich auch, aber nicht nur in europäischen Ländern rasend schnell aus. In den Niederlanden gilt deswegen seit Sonntag ein neuer strenger Lockdown, auch Dänemark fährt große Teile des öffentlichen Lebens wieder herunter. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine türkische Erzeugergruppe setzt sich für einen einheitlichen EU-Döner ein, was zu höheren Preisen führen könnte. Würde ihr Antrag angenommen, gäbe es EU-weit festgelegte Zutaten und Zubereitungsweisen für Döner.

Der DEHOGA-Branchentag findet in diesem Jahr am 12. November 2024 in Berlin statt. Auf LinkedIn gab der Verband jetzt erste Redner bekannt: Drei prominente Politiker haben bereits zugesagt.

Eine Kampagne des Sozialunternehmens Social-Bee erhitzt die Gemüter in Hotellerie und Gastronomie. Eigentlich will das Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass viele gutausgebildete Geflüchtete keine passenden Jobs bekommen. Bei der Kampagne würden jedoch Berufsbilder aus dem Gastgewerbe herabgewürdigt, lautet die Kritik.

Der Meldeschein soll künftig nicht mehr von Gästen mit deutscher Staatsangehörigkeit ausgefüllt und unterschrieben werden. Der Deutsche Tourismusverband und der Deutsche Heilbäderverband fordern jedoch eine angemessene Übergangsfrist.

Die Bundesregierung hat einen Vorschlag der Ampel-Fraktionen aufgegriffen, der den bürokratischen Aufwand für Arbeitgeber etwas reduzieren soll. So sollen etwa Arbeitsverträge künftig vollständig digital abgeschlossen werden können.

Nach dem Beschluss des Rates der Stadt Hildesheim zur Einführung einer Bettensteuer ab 2025 zeigt sich die Hildesheimer Hotellerie tief enttäuscht: Hier werde eine einzelne Branche zum Stopfen von Haushaltslöchern herangezogen, so der Dehoga.

Berlin (dpa) - Zuckerhaltige Limonaden sollen nach dem Willen mehrerer Bundesländer teurer werden. 9 von 16 Bundesländern setzen sich für eine sogenannte Softdrink-Steuer ein, wie «Bild» unter Berufung auf eine Protokollerklärung zur Verbraucherschutzministerkonferenz berichtet.

Nach Willen der EU-Länder soll in der EU weniger Essen weggeworfen werden. Bis 2030 sollen Lebensmittelabfälle, die im Einzelhandel und beim Verbrauch - etwa zuhause oder in Restaurants - entstehen, um 30 Prozent pro Kopf reduziert werden.

Die Firmen in Sachsen-Anhalt suchen dringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Weil viele Stellen nicht besetzt werden können, sucht das Land jetzt im Ausland. Vor allem Vietnam ist im Fokus.

Die Länder-Wirtschaftsminister wenden sich gegen Kürzungen bei der Deutschen Tourismus-Zentrale. Alle Länder seien bei der Wirtschaftsministerkonferenz dem Antrag von MV und anderen beigetreten.