Kampagne für Chancengleichheit von Geflüchteten „diskreditiert andere Branchen“

| Politik Politik

Eine Kampagne des Sozialunternehmens Social-Bee erhitzt die Gemüter in Hotellerie und Gastronomie. Eigentlich will das Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass viele gutausgebildete Geflüchtete keine passenden Jobs bekommen. Bei der Kampagne würden jedoch Berufsbilder aus dem Gastgewerbe herabgewürdigt, lautet die Kritik.

Die Kampagne zeigt die Unternehmerinnen Sara Nuru als Systemgastronomin und Judith Williams als Eisverkäuferin. Die Motive wurden von der Agentur Jung von Matt mit Künstlicher Intelligenz erstellt. Die Kampagnenmotive sind untertitelt mit „Sarah Nou als Systemgastronomin? Für viele undenkbar. Für viele gut ausgebildete Flüchtlinge als Hilfsarbeiter*innen Alltag.“ Ein vergleichbares Motiv existiert mit der Beauty Unternehmerin Judith Williams als Eisverkäuferin.

In dem Socialen Netzwerk LinkedIn bekommt die Kampagne großen Zuspruch, aus Hotellerie und Gastronomie kommt dagegen scharfe Kritik. So schreibt der Unternehmer Marco Nussbaum auf LinkedIn: „Ich finde es wirklich traurig, dass eine Initiative mit einem so berechtigten und unterstützenswerten Anliegen auf die Abwertung anderer Berufe setzt. Der Zweck heiligt nicht die Mittel und mir erscheint es mehr als unangebracht, andere Berufsbilder und Branchen zu diskreditieren, nur um Aufmerksamkeit zu erlangen. Diese Art von Herabwürdigung ist in meinen Augen wirklich sehr respektlos gegenüber all jenen, die täglich in diesen Bereichen arbeiten.“

Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland, schreibt, dass es mehr als bedauerlich sei, dass eine Kampagne für ein dermaßen berechtigtes und unterstützenswertes Anliegen auf der Herabwürdigung anderer Berufsbilder aufbaue.

So sieht es auch Martina Sand, Geschäftsführerin des Riessersee Hotels in Garmisch-Partenkirchen, die kommentiert: „Extrem wichtiges Thema, völlig falsch in Szene gesetzt. […] Viele Gastronomen und Hoteliers werden sich ZU RECHT von dieser Kampagne degradiert fühlen. Gerade unsere Branche ist geprägt von Chancengebern. Ja, es gibt auch schwarze Schafe. Aber wir ermöglichen es unzähligen Menschen in den deutschen Arbeitsmarkt einzusteigen. Alleine in unserem Hotel sind wir derzeit KollegInnen aus 36 Nationen. Mitarbeiter, welche als sie nach Deutschland kamen kein Wort Deutsch sprachen, sind mittlerweile Abteilungsleiter. Darunter ein ehemaliger Flüchtling.“

Dann richtet sich Sandro direkt an Zarah Bruhn, die Initiatorin der Kampagne und sagt, dass die meisten von uns sehr wohl das Potenzial unserer Mitarbeitenden erkennen würden. „Traurig, dass Sie die harte Arbeit eben dieser Menschen mit solche einer Kampage herabwürdigen“

Bruhn reagiert ebenfalls auf die Kritik und schreibt: „Es geht in keinem Fall darum, dass andere Jobs als weniger wertvoll angesehen werden. Gleiches gilt für die Menschen, die sie ausüben. Unsere Kampagne soll aber dennoch polarisieren und Diskussionen anregen; über die Herausforderungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt, mit denen sich viele hochqualifizierte Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund konfrontiert sehen. Fakt ist: Bei der Suche nach Fachkräften müssen wir Abschlüsse und Qualifizierungen schneller anerkennen, anstatt bürokratische Hürden aufzubauen. Es geht nicht um die Wertigkeit der Jobs, sondern rein um die Potenziallücke.“

Auf Nachfrage unterstreicht Zarah Bruhn gegenüber Tageskarte, dass es keineswegs die Absicht sei, Jobprofile oder Branchen abzuwerten. Da Gegenteil sei der Fall da man sich für Chancengerechtigkeit in jeder Branche auf dem Arbeitsmarkt einsetze. Deshalb gebe es auch weitere Motive zu anderen Branchenfeldern in der Kampagne. Bruhn weiter: „Unsere Message hierbei: Für viele Menschen ist es 'unvorstellbar', bekannte Persönlichkeiten wie Judith Williams als Eisverkäuferin zu sehen - dabei bleiben aber viele Menschen in Deutschland oft ungesehen, die auf Grund bürokratischer Diskriminierung ihre Berufsfelder nach Migration aufgeben mussten. Und hierauf möchten wir aufmerksam machen.“


 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Europäische Kommission will den EU-Staaten mehr Möglichkeiten geben, wirtschaftlichen Druck für Weinbauern zu lindern. So soll es unter anderem mehr Möglichkeiten geben, um Überproduktion zu verhindern.

Die Arbeitsgruppenvorschläge für ein künftiges Regierungsprogramm liegen auf dem Tisch. Nun übernehmen die schwarz-roten Chefverhandler. Wie die Bild-Zeitung berichtet, haben sich Union und SPD bereits bei der Mehrwertsteuer in der Gastronomie verständigt.

Das Saarland will die nachhaltige Modernisierung von Gastronomie- und Übernachtungsbetrieben fördern. Dazu stellt es nach Angaben von Wirtschaftsminister Jürgen Barke 25 Millionen Euro aus dem Transformationsfonds für Investitionen zur Verfügung. 

Die EU-Kommission wirft dem Google-Konzern Alphabet vor, App-Entwickler gezielt zu benachteiligen. Und zeigt sich entschlossen, solche Praktiken zu unterbinden. Der Hotelverband in Deutschland findet es ermutigend, dass die EU-Kommission an ihrer konsequenten Linie festhalte.

Sechs Stunden tagt das Parlament. Dann ist das Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD beschlossen. Für die nötige Zweidrittelmehrheit zur Grundgesetzänderung sorgt eine künftige Oppositionspartei.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband begrüßt das Sondierungsergebnis von CDU/CSU und SPD als wichtiges Signal für einen dringend notwendigen Aufbruch. Es werde eine echte Perspektive für die Zukunft geschaffen.

Der DEHOGA fordert seit Jahren die Umstellung auf die Wochenarbeitszeit. Eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit sieht jetzt auch das Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD vor, das am Wochenende veröffentlich wurde.

Die Unterhändler von CDU, CSU und SPD haben in ihren Sondierungen eine Einigung erzielt und die Gespräche abgeschlossen. Die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie auf sieben Prozent steht in dem Abschlusspapier. Der DEHOGA Bundesverband griff den Vorstoß in einem Social-Media-Post auf und sprach von „großartigen Neuigkeiten“.

Der Deutsche Tourismusverband (DTV) begrüßt die Einigung von CDU, CSU und SPD auf ein Sondervermögen Infrastruktur. Gleichzeitig fordert der DTV die Parteien dazu auf, auch die touristische Infrastruktur umfassend zu berücksichtigen.

Der Deutsche Tourismusverband warnt nach den Ergebnissen der Bundestagswahlen vor zunehmender Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Rassismus. Weltoffenheit sei das Herzstück der Branche, so der DTV-Präsident.