Bundesregierung beschließt «Azubi-Prämien»

| Politik Politik

Das Bundeskabinett hat die geplanten «Azubi-Prämien» für Unternehmen auf den Weg gebracht, die in der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind und trotzdem weiter ausbilden. Kleine und mittelständische Firmen, die mit großen Umsatzeinbrüchen und Kurzarbeit zu kämpfen haben, aber ihre Ausbildungsplätze erhalten oder sogar ausbauen, sollen demnach staatliche Prämien von bis zu 3000 Euro pro Ausbildungsplatz bekommen. Die Pläne sehen außerdem Zahlungen für Unternehmen vor, die Azubis von anderen Firmen übernehmen, wenn diese pandemiebedingt Insolvenz anmelden müssen.

«Das Arbeitsministerium schreibt dazu: Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die trotz erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten weiter ausbilden sollen zeitlich befristet im Ausbildungsjahr 2020/21 Unterstützung erhalten, damit sie ihre Ausbildungsaktivitäten aufrechterhalten und junge Menschen ihre Ausbildung fortsetzen und erfolgreich abschließen können.

Für jeden Monat, in dem der Arbeitsausfall im Betrieb bei mindestens 50 Prozent liegt, übernimmt der Staat bis Ende des Jahres 75 Prozent der Brutto-Ausbildungsvergütung. Wer es schafft, sein Ausbildungsniveau stabil zu halten bzw. sogar weiter auszubauen, erhält eine Prämie. Pro Ausbildungsvertrag gibt es dann 2.000 bzw. 3.000 Euro für jeden zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Außerdem wird auch die zeitweise Übernahme von Azubis im Rahmen einer Auftrags- oder Verbundausbildung gefördert. Unternehmen können darüber hinaus pro aufgenommenem Azubi 3.000 Euro erhalten, wenn der eigentliche Arbeitgeber pandemiebedingt insolvent ist. »

KEIN SCHULABGÄNGER SOLL IN NICHTS FALLEN

Man wolle dafür sorgen, «dass kein Schulabgänger und keine Schulabgängerin von der Schulbank ins Nichts fällt», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach der Kabinettssitzung in Berlin. «Corona darf nicht wie Blei am Bein hängen, wenn es um den Start ins Berufsleben geht.»

Das Programm wird schätzungsweise rund 500 Millionen Euro kosten und soll helfen, Ausbildungsplätze in der Pandemie zu erhalten. Es geht zurück auf Vereinbarungen zwischen Vertretern der Bundesregierung, der Bundesagentur für Arbeit, der Länder, der Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften.

«Die angekündigte Ausbildungsprämie kann eine gute Motivation für kleine und mittlere Betriebe sein, auch unter schwierigen Bedingungen ihre Ausbildungsanstrengungen aufrechtzuerhalten», sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) Achim Dercks am Mittwoch. Viele Ausbildungsbetriebe befänden sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und litten unter Liquiditätsengpässen.

PRÄMIEN VON 2000 BIS 3000 EURO

Mit dem Programm soll kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern geholfen werden. Wer wegen der Pandemie große Umsatzeinbrüche erlebt oder seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste, aber weiterhin so ausbildet, wie in den vergangenen drei Jahren, soll für jeden für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossenen Vertrag einmalig 2000 Euro bekommen. Firmen, die in dieser Lage ihre Plätze sogar aufstocken, sollen 3000 Euro für jeden zusätzlichen Ausbildungsplatz bekommen. Außerdem ist eine Prämie von 3000 Euro geplant für Unternehmen, die Azubis von pandemiebedingt insolventen Betrieben übernehmen, und der Staat will mit 75 Prozent bei der Zahlung der Ausbildungsvergütung einspringen, wenn Firmen ihre Auszubildenden und Ausbilder auch bei hohem Arbeitsausfall nicht in Kurzarbeit schicken.

DEHOGA BUNDESVERBAND KRITISIERT "WEBFEHLER"

Aus Sicht des DEHOGA-Bundesverbandes hat die geplante Ausbildungsprämie nach wie vor den „Webfehler“, dass über drei Jahre hinweg mindestens eine konstante Zahl von Ausbildungsverträgen erforderlich ist. Eine solche können – auch angesichts seit Jahren sinkender Bewerberzahlen – die meisten gastgewerblichen Ausbildungsbetriebe nicht erreichen. Damit würde bei ihnen jeder finanzielle Anreiz wegfallen, um eine möglichst hohe Ausbildungsleistung zu kämpfen, so der Verband Hier kündigt der DEHOGA an weiter auf eine Verbesserung für besonders betroffene Branchen hinzuwirken.

Weiter müssten die Prämien aus Sicht des DEHOGA unabhängig von der Unternehmensgröße gezahlt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Ausbildungsunternehmen, die solidarisch für eine ganze stark betroffene Branche Ausbildungsplätze anbieten, sich zur Verbundausbildung bereiterklären oder Azubis aus insolventen Kollegenbetrieben übernehmen, nicht förderungswürdig sein sollen, nur weil sie mehr als 249 Beschäftigte haben. Zumindest aber müsste auf den einzelnen Ausbildungsbetrieb, nicht auf das Gesamtunternehmen abgestellt werden, so der Verband.

Gegenüber der Entwurfsfassung gebe es in den nun beschlossenen Eckpunkten zwei Änderungen: Es sind nun auch kleine und mittelgroße Betriebe antragsberechtigt, die eine Berufsausbildung in den bundes- und landesrechtlich geregelten praxisintegrierten Ausbildungen im Gesundheits- und Sozialwesen durchführen. Es sind keine Angaben zur Förderhöhe für Maßnahmen der Verbund- oder Auftragsausbildung mehr enthalten. Details der Durchführung sollen im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung erörtert werden.

GENAUE CORONA-FOLGEN AUF AUSBILDUNGSMARKT NOCH NICHT ABSEHBAR

Wie sich die Corona-Krise konkret auf dem Ausbildungsmarkt bemerkbar machen wird, ist momentan noch nicht ganz absehbar. Es gebe noch keine validen Zahlen, sagte Heil. Es gebe aber große Befürchtungen, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lage viele kleine und mittelständische Unternehmen überlegten, ob sie Ausbildungsplätze im bisherigen Umfang zur Verfügung stellen wollten.

Die Bundesagentur für Arbeit hatte Anfang des Monats für Mai von einem «auffälligen Rückgang» bei den gemeldeten Ausbildungsstellen in den Bereichen Gastronomie- und Hotels, Friseurhandwerk, Maschinenbau- und Betriebstechnik, Elektrotechnik, in kaufmännischen Berufen, in Informatikberufen, im Lebensmittelverkauf und im Berufskraftverkehr gesprochen. Gleichzeitig waren im Mai aber auch noch 250 000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Insgesamt sei der Ausbildungsmarkt noch sehr in Bewegung. «Deshalb ist es für eine fundierte Bewertung zu früh», hieß es.

PRÄMIEN SOLLEN SCHNELL AUSGEZAHLT WERDEN

Die Azubi-Prämien sollen jetzt nach Angaben von Heil «schnell und unbürokratisch» an die betroffenen Betriebe ausgereicht werden. Dazu werde eine entsprechende Förderrichtlinie mit der Bundesagentur für Arbeit umgesetzt. Das sei gerade jetzt wichtig am Beginn vieler Schulferien, wenn die Ausbildungsverträge gemacht würden. (Mit Material der dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Am 6. Dezember 1949 wurde in Frankfurt am Main der DEHOGA gegründet. Zum 75. Geburtstag ist nun ein Magazin erschienen, das die Geschichte des Verbandes, seine Aufgaben, Ziele und wichtigsten Erfolge sowie die Perspektiven der Branche in den Mittelpunkt rückt.

Nach CDU/CSU hat nun auch die FDP ihr Wahlprogramm vorgestellt. Auch hier hat es die Forderung des Gastgewerbes, sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen wieder einzuführen, in das Programm geschafft. Branchenforderungen wie Wochenarbeitszeit finden sich ebenso im FDP-Programm wieder.

Seit Freitagabend kursierte bereits der Entwurf des Wahlprogramms der CDU/CSU. Nachdem es heute von den Vorständen von CDU und CSU beschlossen wurde, hat es Kanzlerkandidat Friedrich Merz und Markus Söder gestern auch offiziell vorgestellt. Zu den wesentlichen Themen und Forderungen der Branche wird, laut DEHOGA Bundesverband, klar Position bezogen.

Mit der Abstimmung über die Vertrauensfrage ist der Weg frei für die Neuwahl des Bundestags am 23. Februar 2025. In einem Positionspapier zur Bundestagswahl 2025 haben touristischen Verbände sechs Top-Themen zusammengestellt, die für einen zukunftsfähigen Wirtschafts- und  Tourismusstandort schnell und konsequent angegangen werden müssten.

Um einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit abzudämpfen, will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die maximale Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von 12 auf 24 Monate erhöhen.

Am Dienstag wollen CDU und CSU ihr Programm für die Bundestagswahl verabschieden. Der Entwurf wurde bereits vorab bekannt. Enthalten ist unter anderem der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie.

Der DEHOGA Bundesverband zeigt sich enttäuscht und verwundert über die ausweichende Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Ein Social Media Post appelliert an das Erinnerungsvermögen des Kanzlers.

Beim Fleischkauf im Supermarkt soll bald ein amtliches Kennzeichen über die Bedingungen in Schweineställen informieren. Nun legt die rot-grüne Minderheitskoalition noch ein Konzept für eine mögliche Ausdehnung auf die Gastronomie vor. Der DEHOGA lehnt die Pläne ab. Eine Mehrheit im Bundestag ist ungewiss.

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sich zur Entlastung der privaten Haushalte für eine Senkung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel von 7 auf 5 Prozent aus. Auf die Frage nach einer Absenkung in der Gastronomie antwortete der Kanzler in den ARD-Tagesthemen ausweichend.

Bei der Bundestagswahl steht auch der Standort Deutschland auf dem Spiel. Deshalb ist es "Zeit für echte Lösungen": Mit diesem Claim wird der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband bei der Bundestagswahl für die Anliegen der Branche werben.