DEHOGA zu neuen Corona-Schutzmaßnahmen: „Diese Regelungen können so nicht Gesetz werden“

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Am Mittwoch hatten Gesundheits- und Justizministerium ein neues Corona-Schutzkonzept für die Zeit ab Oktober vorgestellt (Tageskarte berichtete). Der DEHOGA Bundesverband übt scharfe Kritik an Teilen der Pläne. Hauptgeschäftsführerin Hartges erwartet von den Ländern jetzt Aktionen, damit das Gastgewerbe nicht erneut mit Auflagen und Beschränkungen im Herbst konfrontiert werde.  

Der Gesetzentwurf soll in den kommenden beiden Wochen vorliegen. Das Kabinett soll dann ab dem 17. August über den Entwurf beschließen, der Bundestag am 8. September und der Bundesrat am 16. September abstimmen.

Die Inhalte bewertet DEHOGA-Geschäftsführerin Ingrid Hartges wie folgt:

„Zunächst haben wir mit Erleichterung festgestellt, dass Betriebsschließungen für den sog. Instrumentenkasten der Länder nicht vorgesehen sind. Erfreulich war ebenso, dass Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann auf die erforderliche Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen deutlich hingewiesen hat.

Nach den Plänen der Minister Buschmann und Lauterbach können für die Zeit vom 1. Oktober bis 7. April notwendige Schutzmaßnahmen erlassen werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung der Corona-Krankheit und zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastrukturen erforderlich ist.

Für unsere Branche relevant ist die vorgesehene Regelung zur Maskenpflicht in gastronomischen Einrichtungen mit Ausnahmetatbeständen, die einen erheblichen Kontrollaufwand bedeuten und größte Verwirrung ausgelöst haben. Ausgenommen von der Maskenpflicht sollen danach u.a. Personen sein, die über einen Impfnachweis verfügen und bei denen die letzte Einzelimpfung nicht länger als 3 Monate zurückliegt. Was soll das bitte heißen? Bedeutet das, dass wir uns künftig alle 3 Monate impfen lassen sollen, um von Ausnahmen zu profitieren?

Dabei ist im Moment noch nicht einmal klar, für wen die 4. Impfung künftig empfohlen wird. Die Stiko empfiehlt sie derzeit für alle Personen über 70, Bundesminister Lauterbach für alle über 60. Welcher Impfstoff steht rechtzeitig und in ausreichendem Umfang zur Verfügung? Hier gibt es erheblichen Klärungsbedarf, so können die Regelungen nicht Gesetz werden.

Und klar muss auch sein, dass jede Corona-Maßnahme strikt nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen ist! Das heißt, eine Maßnahme ist nur dann verhältnismäßig und damit rechtmäßig, wenn sie

  • einen legitimen Zweck verfolgt,
  • geeignet
  • und erforderlich ist, um diesen Zweck zu erreichen
  • und angemessen ist.

Schließlich muss im „30. Monat mit Corona“ auch die Frage erlaubt sein, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, ob und welche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung geeignet waren…

Wir erwarten, dass Bundesrat und Landesregierungen jetzt alles unternehmen, damit unsere Betriebe nicht erneut mit Auflagen und Beschränkungen im Herbst konfrontiert werden. Trotz Öffnung hatten wir in den letzten Wintermonaten aufgrund der Zugangsregelungen etc. Umsatzeinbußen von 30 %.

Seien Sie bitte versichert, wir werden uns engagiert in die weitere Debatte und das Verfahren einbringen.“

Vertreter von Arbeitgebern und Verbänden haben ein einheitliches Vorgehen der Länder bei den Corona-Schutzmaßnahmen im Herbst und Winter angemahnt.

«Soweit die Länder die Möglichkeit erhalten sollen, weitergehende Maßnahmen zu ergreifen, muss sichergestellt werden, dass hierfür einheitliche und klare Kriterien geschaffen werden», sagte etwa der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bundesländer müssten sich untereinander auf Maßnahmen einigen. «Jede übermäßige Belastung von Arbeitgebern, Beschäftigten und Kunden muss ausgeschlossen bleiben», sagte der BDA-Chef. Vollständige Lockdowns und Schulschließungen dürfe es in diesem Jahr auf keinen Fall mehr geben. Auch der Deutsche Lehrerverband und der Verband für Bildung und Erziehung (VBE) warnten vor einem bundesweiten Maßnahmen-Chaos, wenn sich die Bundesländer nicht untereinander abstimmen.

Arbeitgeber und Verbände fordern einheitliche Corona-Schutzkriterien

Am Mittwoch hatten Gesundheits- und Justizministerium ein neues Corona-Schutzkonzept für die Zeit ab Oktober vorgestellt (Tageskarte berichtete). Im Zentrum des Konzepts steht das Tragen von FFP2- oder medizinischen Masken. So soll bundesweit weiterhin eine FFP2-Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen gelten sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Darüber hinaus sollen die Länder selbst entscheiden, ob sie in öffentlich zugänglichen Innenräumen Masken vorschreiben. An Schulen ist eine Maskenpflicht nur noch dann erlaubt, wenn der Präsenzunterricht ansonsten gefährdet wäre - und dann auch nur ab der fünften Klasse.

Das neue Corona-Konzept könne nur funktionieren, wenn «die Länder die ihnen jetzt zukommende Entscheidungskompetenz auch verantwortlich und vor allem in vergleichbarer Weise wahrnehmen», sagte Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger der Deutschen Presse-Agentur. Ansonsten drohe «der bunteste und schlimmste Maßnahmenflickenteppich seit Beginn der Pandemie».

Meidinger hatte zuvor auch die neuen Maskenpflicht-Regelungen an Schulen kritisiert. Warum an Grundschulen «selbst im Falle drohender Personalausfälle und Schulteilschließungen keine Maskenpflicht angeordnet werden darf, ist uns völlig unverständlich», sagte Meidinger der dpa.


 

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