Diskussion um geplante Lockerungen bei Corona-Quarantäne

| Politik Politik

In der Corona-Krise rücken Lockerungen bei den Quarantäneregeln näher - auch um massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen zu vermeiden. Nach einem Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI) könnten die Absonderungen für Infizierte und für Kontaktpersonen von Infizierten auf fünf Tage verkürzt und nicht mehr streng gehandhabt werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßte die Pläne, zu denen zunächst noch die Länder Stellung nehmen können. Von Patientenschützern kamen dagegen scharfe Warnungen. Neue Regeln könnten laut Ministerium dann in der nächsten Woche kommen.

KBV-Vorstandschef Andreas Gassen sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag: «Die Omikron-Welle bringt zwar sehr viele Ansteckungen mit sich, die aber weit überwiegend leicht verlaufen.» Vor diesem Hintergrund komme der Vorschlag für neue Quarantäneregeln zur richtigen Zeit. «Wir würden ansonsten Gefahr laufen, dass wichtige Infrastruktur in Deutschland lahmgelegt würde.»

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es besorgniserregend, dass Personalengpässe die politische Diskussion beflügelten. «Für Kranke, Pflegebedürftige und vulnerable Menschen ist ein solches Taktieren hoch gefährlich», sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Schon eine geringe Viruslast bei Pflegenden und Unterstützenden habe für die verwundbare Gruppe fatale Auswirkungen. «Die Verkürzung der Quarantäne-Zeit darf in der Altenpflege nicht zum russisch Roulette für die hilfsbedürftigen Menschen werden.»

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der dpa: «Wenn es wissenschaftlich nachvollziehbar und gesundheitlich unbedenklich ist, ist eine Verkürzung der Quarantäne und Isolationszeit auf jeden Fall richtig.» Es müsse alles getan werden, damit Ausfälle in der kritischen Infrastruktur reduziert würden. Gleichzeitig gelte das Hauptinteresse der Gesundheit der Patienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte dem «Münchner Merkur» (Freitag), es sollten «Beschäftigte, die klinisch gesund sind und bei denen keine Ansteckungsgefahr besteht, jedenfalls bei extremer Personalnot in den Krankenhäusern von der Isolation ausgenommen werden».

Nach dem vom Ministerium an die Länder geschickten Vorschlag sollen die Absonderungen generell verkürzt werden. Sie dauern bisher in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test nach sieben Tagen beendet werden. Eine formelle Anordnung des Gesundheitsamtes, die häufig jetzt schon nicht mehr erfolgt, soll künftig entfallen.

Konkret könnten Isolierungen, wenn man selbst infiziert ist, künftig noch fünf Tage dauern. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und - beginnend nach fünf Tagen - wiederholt Tests oder Selbsttests zu machen. Es soll «keine strenge Isolierung» vorgegeben werden, wie es in einem der dpa vorliegenden Konzeptschema heißt.

Auch die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten soll dem Vorschlag zufolge künftig noch fünf Tage dauern und muss nicht mehr eine «strenge Quarantäne» sein. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und sich täglich zu testen.

Für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen und der Pflege soll demnach ebenfalls die Fünf-Tage-Regel gelten. Für das Beenden einer Isolierung wegen einer Infektion sieht der Vorschlag vor, dass man zuvor 48 Stunden ohne Symptome sein muss. Zudem soll man einen negativen Test vorlegen müssen, der frühestens am fünften Tag abgenommen werden kann.

Kurz vor dem Wegfall der meisten Alltagsauflagen in Deutschland gibt es weiter Diskussionen. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sagte bei RTL/ntv, man müsse befürchten, dass die Ansteckung vieler Menschen mit dem Ende der Maßnahmen beschleunigt werde. «Weil dann einfach das Virus es deutlich einfacher hat, sich auszubreiten.» Auch die Osterferien könnten das Infektionsgeschehen anfachen. «Und in Kombination kann das schon bedeuten, dass wir damit diese Welle noch mal etwas verlängern, etwas mehr verschleppen.»

Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz sind den Ländern ab diesem Sonntag nur noch wenige allgemeine Schutzvorgaben etwa zu Masken in Kliniken, Pflegeheimen, Bussen und Bahnen sowie Tests beispielsweise in Schulen möglich. Weitergehende Auflagen auch mit Maskenpflichten etwa in Geschäften oder Schulen können sie in regionalen Hotspots verhängen, wenn das Landesparlament für diese eine drohende kritische Corona-Lage feststellt. Von den 16 Ländern machen davon aber vorerst nur Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Gebrauch. In Berlin sollten die meisten bisherigen Beschränkungen schon am Donnerstag auslaufen.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine Kampagne des Sozialunternehmens Social-Bee erhitzt die Gemüter in Hotellerie und Gastronomie. Eigentlich will das Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass viele gutausgebildete Geflüchtete keine passenden Jobs bekommen. Bei der Kampagne würden jedoch Berufsbilder aus dem Gastgewerbe herabgewürdigt, lautet die Kritik.

Der Meldeschein soll künftig nicht mehr von Gästen mit deutscher Staatsangehörigkeit ausgefüllt und unterschrieben werden. Der Deutsche Tourismusverband und der Deutsche Heilbäderverband fordern jedoch eine angemessene Übergangsfrist.

Die Bundesregierung hat einen Vorschlag der Ampel-Fraktionen aufgegriffen, der den bürokratischen Aufwand für Arbeitgeber etwas reduzieren soll. So sollen etwa Arbeitsverträge künftig vollständig digital abgeschlossen werden können.

Nach dem Beschluss des Rates der Stadt Hildesheim zur Einführung einer Bettensteuer ab 2025 zeigt sich die Hildesheimer Hotellerie tief enttäuscht: Hier werde eine einzelne Branche zum Stopfen von Haushaltslöchern herangezogen, so der Dehoga.

Berlin (dpa) - Zuckerhaltige Limonaden sollen nach dem Willen mehrerer Bundesländer teurer werden. 9 von 16 Bundesländern setzen sich für eine sogenannte Softdrink-Steuer ein, wie «Bild» unter Berufung auf eine Protokollerklärung zur Verbraucherschutzministerkonferenz berichtet.

Nach Willen der EU-Länder soll in der EU weniger Essen weggeworfen werden. Bis 2030 sollen Lebensmittelabfälle, die im Einzelhandel und beim Verbrauch - etwa zuhause oder in Restaurants - entstehen, um 30 Prozent pro Kopf reduziert werden.

Die Firmen in Sachsen-Anhalt suchen dringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Weil viele Stellen nicht besetzt werden können, sucht das Land jetzt im Ausland. Vor allem Vietnam ist im Fokus.

Die Länder-Wirtschaftsminister wenden sich gegen Kürzungen bei der Deutschen Tourismus-Zentrale. Alle Länder seien bei der Wirtschaftsministerkonferenz dem Antrag von MV und anderen beigetreten.

Die erste Tarifrunde für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Mecklenburg-Vorpommern blieb ohne Ergebnis. Die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaft liegen noch weit auseinander.

Während der Fußball-EM dürfen Berliner Restaurants, Kneipen und Biergärten, die Spiele übertragen, ihre Außenbereiche bis zum Spielende öffnen. Eine entsprechende Verordnung erließ Umweltsenatorin Ute Bonde.