Drohende Testpflicht für Gastronomie in Baden-Württemberg verärgert Branche

| Politik Politik

Die geplanten Corona-Verschärfungen in Baden-Württemberg für Geimpfte und Genesene in der Gastronomie nach den Feiertagen stoßen auf heftige Kritik des Hotel- und Gaststättenverbands.

Ein Sprecher sagte am Mittwoch in Stuttgart, es drohe faktisch ein Lockdown durch die Hintertür für das Gastgewerbe. «Durch die extreme Kurzfristigkeit der angekündigten Maßnahmen fehlt Betrieben, Beschäftigten und Gästen jede Planungssicherheit.»

Der Verband befürchtet auch einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die Branche und erwartet von Seiten der Landes- und Bundesregierung nun schnell belastbare Zusagen in Bezug auf die staatlichen Hilfen für Betriebe, die unter den gegebenen Bedingungen nicht mehr wirtschaftlich öffnen könnten. «Dies wird nach unserer Einschätzung auf zahlreiche Betriebe im Land zutreffen.»

Die Verschärfung der Regeln hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angekündigt. So müssen sich Geimpfte und Genesene voraussichtlich nach den Feiertagen für einen Besuch im Restaurant und in vielen anderen Bereichen doch auf das Coronavirus testen lassen.

«Es ist erstmal die Absicht, dass nur noch Geboosterte keinen Test vorlegen müssen», kündigte Kretschmann im Landtag mit Blick auf die neue Corona-Verordnung an. Er begründete das damit, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) neuerdings Auffrischungsimpfungen wegen der Omikron-Variante bereits nach drei Monaten empfehle. Das bestätige, dass nicht mehr ausreiche, was man bislang hatte.

Hintergrund: Geimpften und Genesenen droht erneut Testpflicht für Gastronomie

Geimpfte und Genesene im Südwesten müssen sich nach den Feiertagen für einen Besuch im Restaurant und in vielen anderen Bereichen voraussichtlich doch auf das Coronavirus testen lassen. «Es ist erstmal die Absicht, dass nur noch Geboosterte keinen Test vorlegen müssen», kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Mittwoch im Landtag mit Blick auf die neue Corona-Verordnung an. Er begründete das damit, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) neuerdings Auffrischungsimpfungen wegen der Omikron-Variante bereits nach drei Monaten empfehle.

Diese Empfehlung bestätige, dass nicht mehr ausreiche, was man bislang hatte, sagte Kretschmann. «Das werden wir korrigieren aufgrund der Omikron-Variante, so dass nur Geboosterte keinen Test mehr vorlegen müssen.» Wahrscheinlich werde die Regelung so erfolgen, sagte der Regierungschef. Derzeit stimme man das in den Ressorts ab, die Regierung wolle noch vor Weihnachten die neue Verordnung beschließen.

Die Landesregierung hatte bereits Anfang Dezember eine Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene (2G plus) zum Beispiel in Restaurants angekündigt, dann war Kretschmann aber zurückgerudert. Derzeit sind in Baden-Württemberg Genesene von der Testpflicht ausgenommen, wenn sie nachweisen, dass die Infektion maximal sechs Monate zurückliegt. Und für Geimpfte gilt: Die zweite Impfung sollte weniger als ein halbes Jahr her sein. Menschen mit einer Auffrischungsimpfung sollen weiter ausgenommen werden.

Der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert forderte endlich eine klare und eindeutige Kommunikation der Landesregierung zu den neuen Corona-Regeln in der Gastronomie. «Die schwammige Antwort des Ministerpräsidenten lässt hier aber befürchten, dass die Landesregierung erneut nicht weiß, was sie genau tut.» Die Regierung verunsichere die Gastronomie.

Der Hotel- und Gaststättenverband reagierte mit heftiger Kritik. Ein Sprecher sagte, es drohe ein Lockdown durch die Hintertür für das Gastgewerbe. «Durch die extreme Kurzfristigkeit der angekündigten Maßnahmen fehlt Betrieben, Beschäftigten und Gästen jede Planungssicherheit.» Der Verband befürchtet einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die Branche und erwartet von Seiten der Landes- und Bundesregierung nun schnell belastbare Zusagen im Bezug auf staatliche Hilfen. «Dies wird nach unserer Einschätzung auf zahlreiche Betriebe im Land zutreffen.»

Kretschmann kündigte am Mittwoch zudem an, dass die von Bund und Ländern beschlossenen schärferen Regeln für private Treffen im Südwesten bereits unmittelbar nach den Feiertagen in Kraft treten sollen. Zusammenkünfte seien künftig nur noch mit höchstens zehn Personen über 14 Jahre erlaubt, berichtete er dem Parlament in seiner Regierungserklärung. Da die Omikron-Variante auch von Geimpften und Genesenen weiterverbreitet werden könne, sei diese Regelung geboten. «Sie tritt unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen in Kraft, nicht erst am 28.12.», sagte er.

Bund und Länder hatten sich am Dienstag unter anderem auf Kontaktbeschränkungen spätestens ab dem 28. Dezember geeinigt, um die Ausbreitung der Omikron-Variante zu bremsen. Kontakte sollen auch für Geimpfte und Genesene auf maximal zehn Menschen beschränkt werden.

Der Vorsitzende der Stiko, Thomas Mertens, sprach sich mit Blick auf die Corona-Virusvariante Omikron für umfassendere Kontaktbeschränkungen aus. Es müssten angesichts der leichten Übertragbarkeit auf jeden Fall viel, viel mehr Kontaktbeschränkungen erfolgen als derzeit üblich - und zwar «sehr schnell», sagte Mertens der «Schwäbischen Zeitung» (Mittwoch).

Kretschmann kritisierte erneut, dass die auf der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichend seien. Er habe den Beschlüssen dennoch zugestimmt, weil ein gemeinsames Vorgehen für Bund und Länder zwingend geboten sei. So könne er zwar die Gastronomie nur im Südwesten schließen, aber das würde zu einem «riesigem Gastro-Tourismus» führen. Baden-Württemberg sei keine Insel. «Wir haben immerhin 1100 Kilometer Grenze mit anderen Bundesländern.» Er habe noch die Debatten in Erinnerung, als die Baumärkte in Bayern offen waren und in Baden-Württemberg nicht. Das wolle er vermeiden, deshalb sei er «in der Regel im Geleitzug mit den anderen Ländern».

Dennoch bekräftigte er die Forderung nach einer erneuten Feststellung der sogenannten «epidemischen Lage nationaler Tragweite» durch den Bundestag. Die Länder bräuchten alle Instrumente, um schnell reagieren zu können, wenn sich die Lage zuspitze, sagte Kretschmann. Vor allem Ausgangssperren dürfte er dabei im Sinn haben.

Die Opposition warf Kretschmann Mutlosigkeit vor. Das Virus werde nicht durch das reine Ausrufen epidemischer Notlagen bezwungen, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Der Regierungschef könne bereits jetzt aufgrund geltenden Rechts durchgreifen. Kretschmann fehle aber der Mut, unangenehme Entscheidungen zu treffen, sagte Stoch mit Blick auf die aus seiner Sicht laxen Regeln in Kirchen und darauf, dass die neuen Kontaktbeschränkungen noch nicht an Weihnachten gelten sollten. Der Ministerpräsident zeige lieber mit dem Finger auf andere. «Wer Führung fordert, muss auch bereit sein, Führung zu geben.»

«Eine Ministerpräsidentenkonferenz ist kein Alibi für schlechtes Regieren», sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. «An Weihnachten wollen Sie keine Ausgangssperren, denn da fürchten Sie den Zorn der Menschen, und wenn Weihnachten dann vorbei ist, kann man die Leute wieder wegsperren», kritisierte er. Es brauche differenzierte Maßnahmen, Ausgangssperren seien unverhältnismäßig. Wenn man die neuen Maßnahmen gegen die Omikron-Variante für unumgänglich halte, müsse man sie sofort einführen und dürfe nicht eine Woche warten, sagte AfD-Fraktionschef Bernd Gögel.

Die CDU im Land kritisierte das Vorgehen der Ampel im Bund und forderte ebenfalls die Feststellung der epidemischen Lage. Die Omikron-Welle werde keine Welle, sondern eine Mauer, sagte Fraktionschef Manuel Hagel. «Es muss jetzt auch von der roten Ampel in Berlin endlich geliefert werden.» Eine solche Zaghaftigkeit sei angesichts der Lage grob fahrlässig. «Wir brauchen dringend wieder den vollen Instrumentenkasten.» (dpa


Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.