Fachkräfte aus dem Ausland - Habeck will Zugang erleichtern

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Der Fachkräftemangel in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschärft. Die sogenannte Fachkräftelücke habe sich im Jahresverlauf mehr als verdoppelt, berichtete das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in seinem Jahresrückblick 2021. Mit Blick auf die vielen unbesetzten Stellen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Hürden in Deutschland für Facharbeiterinnen und Facharbeiter aus dem Ausland kritisiert. Um die Lücken zu schließen, soll der Zugang soll werden.

Die Zahl der offenen Stellen, für die es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab, stieg 2021 nach Kofa-Angaben von rund 213 000 im Januar auf gut 465 000 im Dezember. Der steigende Fachkräftemangel trifft der Untersuchung zufolge den gesamten Arbeitsmarkt. Besonders ausgeprägt sind die Engpässe jedoch bei der Bauplanung und -überwachung, bei der Informatik sowie in der Altenpflege und in der Physiotherapie. Hier konnten rein rechnerisch 2021 im Schnitt mehr als acht von zehn offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden.

Ein Problem sind nach Ansicht von Habeck die hohen Hürden, denen Fachkräfte aus dem Ausland ausgesetzt seien. «Abschlüsse werden nicht anerkannt, Anträge müssen von Botschaften bearbeitet werden», sagte Habeck den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung «Ouest-France» (Samstag). Es reiche nicht, Fachkräfte einfach nach Deutschland einzuladen. «Sonst stehen sie im Regen vor dem Frankfurter Flughafen und kommen nicht weiter. Wir müssen viel Infrastruktur aufbauen, um das zu organisieren.»

«Ohne politische Maßnahmen werden bis zum Ende der Wahlperiode etwa eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen», sagte der Vizekanzler voraus. Schon im Herbst hätten 390 000 Fachkräfte gefehlt. Hochqualifizierte IT-Fachkräfte hätten dabei keine Schwierigkeiten, nach Deutschland zu kommen. «Es geht darum, die Zuwanderungsvoraussetzungen auch für andere - insbesondere diejenigen mit Berufsabschlüssen - zu erleichtern», sagte Habeck. Dies sei ein Kraftakt.

Schon im Ausland müssten daher Kapazitäten zur Vorqualifikation aufgebaut werden. «In Deutschland müssen wir uns dann auch kümmern und hierfür die nötigen Ressourcen zur Verfügung schaffen. Und wir müssen die rechtlichen Voraussetzungen ändern, damit Zuwanderer leichter Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt bekommen.»

Wie die Bundesagentur für Arbeit Mitte Januar mitteilte, hat die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur im vergangenen Jahr 3200 Fachkräfte aus dem Ausland dabei unterstützt, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen - 700 mehr als 2020. Die Zahl ist jedoch deutlich zu gering, um das Fachkräftepotenzial in Deutschland stabil zu halten.

Generell war nach Kofa-Angaben die Fachkräftelücke in Relation zu den offenen Stellen der Studie zufolge im Berufsfeld «Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung» am größten, dicht gefolgt vom Bereich «Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik». Besonders stark verschärft habe sich der Fachkräfteengpass zuletzt in den Berufsbereichen «Naturwissenschaften, Geografie und Informatik» sowie «Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit».

Die kleinsten Engpässe und auch den geringsten Zuwachs im Jahresverlauf verzeichnete laut Kofa das Berufsfeld «Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung».

Mit einer neuen Initiative will Habeck aktiv um Fachkräfte werben. Er habe ein Video aufgenommen, «das sich an Fachkräfte auf der ganzen Welt richtet: "Make it in Germany!" Wir starten einen Aufruf, nach Deutschland zu kommen.» (dpa)


 

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