GastroSuisse befürchtet Spaltung der Gesellschaft

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Einige Kantone wollen, dass das Covid-Zertifikat auch im Gastgewerbe zur Pflicht wird. Der Bundesrat preschte an seiner heutigen Medienkonferenz in dieselbe Richtung. GastroSuisse wehrt sich dagegen und sieht dieser Entwicklung mit großer Sorge entgegen. Eine Zertifikatspflicht diskriminiert und spaltet die Gesellschaft. Kommt hinzu, dass dadurch die Gastronomie massive Umsatzeinbußen erleidet. Es sind Alternativen zu prüfen, bevor Bund und Kantone verfassungswidrige Maßnahmen ergreifen.

"Wir sind besorgt", sagt Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse. Erst noch sprach der Bundesrat davon, dass unser Land in Richtung Normalisierung geht. Und nun zeigt er sich plötzlich von der Idee angetan, dass der Besuch eines Restaurants, einer Bar oder eines Cafés nur noch mit Covid-Zertifikat möglich sein soll. "Diese Maßnahme ist diskriminierend und spaltet unsere Gesellschaft", so Platzer. Rund 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung werden dadurch von einem wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt. "Der Bundesrat und einige Kantone scheinen nicht zu verstehen, dass der Besuch eines Restaurants für ganz viele Leute alltäglich ist", bedauert er. Im Gastgewerbe kehren täglich 2,5 Millionen Menschen ein. "Folglich könnten über eine Million Menschen nicht mehr ins Restaurant, in ein Café oder in eine Bar gehen", betont Platzer und fügt an: "Kaum jemand wird sich für den Genuss eines Kaffees oder eines Feierabendbieres in einem Restaurant testen lassen. Die verfügbaren Testkapazitäten würden auch gar nicht ausreichen."

Nicht nur für das gesellschaftliche Zusammenleben wäre das fatal, auch für die Gastronomie wäre das schlimm. "Viele Betriebe hätten zusätzliche massive Umsatzeinbußen", sagt Platzer. In Frankreich etwa sanken die Umsätze seit der Zertifikatspflicht in vielen Betrieben bis zu 40 Prozent. "Das gleiche wird auch in der Schweiz passieren", sagt Platzer. Wie der Bundesrat diesen wirtschaftlichen Konsequenzen entgegenwirken will, darauf hat der Bundesrat aber keine Antworten. Weshalb die Maßnahmen erneut primär aufs Gastgewerbe abzielen, bleibt ebenso unverständlich. "Statistiken zeigen, dass es in Restaurants, wo sitzend konsumiert wird und die Abstände eingehalten werden, seit der Wiedereröffnung kaum Ansteckungen gab", sagt Platzer. Die Ansteckungen fanden offensichtlich nicht in der Schweizer Gastronomie statt, sondern in anderen Bereichen und viele Ansteckungen wurden auch durch Ferienrückkehrer importiert. Trotzdem soll nun wieder das Gastgewerbe den Kopf hinhalten. "Deshalb ist eine Zertifikatspflicht in der Gastronomie unverhältnismäßig und wird in epidemiologischer Sicht auch keine Wirkung zeigen", so Platzer und betont: "Zudem nehmen bei einer Zertifikatspflicht die Treffen und Zusammenkünfte in den privaten Räumen wieder deutlich zu. Dort gibt es im Gegensatz zum Gastgewerbe aber keine Schutzkonzepte."

Noch ist nichts beschlossen. GastroSuisse hofft daher, dass der Bundesrat andere Maßnahmen prüft, bevor er die Ausweitung des Zertifikats einführt. "Nicht zuletzt ist die Ausweitung verfassungswidrig", betont Platzer. Das Legalitätsprinzip in Artikel 5 der Bundesverfassung als fundamentales Prinzip unseres Rechtsstaates verlangt nämlich, dass wichtige Ungleichbehandlungen auf Stufe Gesetz geregelt werden. "Eine Rechtsgrundlage auf Stufe Gesetz besteht für so einen gesellschaftlich relevanten Entscheid derzeit nicht", erklärt Platzer. Zudem ist auch das Rechtsgleichheitsgebot gemäß Art. 8 BV verletzt, insbesondere weil die Impfungen keine weitgehende sterile Immunität gewährleisten (Geimpfte können sich weiter anstecken und bleiben auch ansteckend). GastroSuisse wehrt sich denn auch dagegen. "Auch bleiben viele Fragen offen", so Platzer. Hat der Bund etwa untersucht, was die Ausweitung des Zertifikats auf die Gastronomie in anderen Ländern für einen Effekt hatte? Oder was erwartet der Bund bei einer Ausweitung des Zertifikats in Bezug auf die Fallzahlen und Hospitalisierungen? GastroSuisse fordert Antworten.

"Nur weil die umliegenden Länder diese unnütze und diskriminierende Zertifikatspflicht eingeführt haben, heißt das noch lange nicht, dass wir die gleichen Fehler machen müssen", so Platzer und ergänzt, dass in der Schweiz letzten Winter kein Skigebiet offen gewesen wäre, wenn man immer alle Maßnahmen kopiert hätten. "Wir waren das einzige Land in Mitteleuropa mit offenen Skigebieten und passiert ist nichts", sagt Platzer und betont: "Deshalb lehnen wir eine Zertifikatspflicht für Restaurants und Cafés entschieden ab."


 

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