Gesellschaft mit gebundenem Vermögen: Neue Rechtsform für Unternehmen gefordert

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Wirtschaftsverbände machen sich für eine neue Rechtsform für Unternehmen in Deutschland stark. Die im Koalitionsvertrag geplante Rechtsform der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen sei eine große Chance für den Standort und lindere das große Nachfolgeproblem im Mittelstand, heißt es in einem Papier, das am Montag in Berlin vorgestellt werden soll und der dpa vorliegt.

Mehr als 20 Verbände haben sich laut Stiftung Verantwortungseigentum zu einer Initiative zusammengeschlossen, darunter der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, der Startup-Verband, der Digitalverband BVDW und der Verband deutscher Unternehmerinnen.

Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgV) biete Unternehmen die Möglichkeit, den Kreis potenzieller Nachfolger stark zu erweitern. Vielen Mittelständlern drohe die Auflösung - «oftmals auch deshalb, weil ein Verkauf an den privaten Vermögensverhältnissen fähiger Nachfolger scheitert». Mit der neuen Rechtsform gäbe es eine einfach umzusetzende Option, Unternehmen treuhänderisch weiterzugeben.

«Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen garantiert, dass Gewinne nicht entnommen werden können, sondern reinvestiert oder gespendet werden», heißt es in dem Verbändepapier. Statt eines teuren Firmenverkaufs oder einer Vererbung träten Nachfolger zu einem festen Betrag, dem Nennbetrag der Anteile, wie bei einem Verein in die Gesellschaft ein, den sie bei Kündigung zurückerhielten. Stille Reserven oder Unternehmenswert bleiben unberücksichtigt. Auch für Sozialunternehmen sowie Start-ups, die keinen Exit etwa per Verkauf anstrebten, biete die Rechtsform mehr Gestaltungsfreiheit.

Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es, zu einer modernen Firmenkultur zählten «neue Formen wie Sozialunternehmen, oder Gesellschaften mit gebundenem Vermögen». «Für Unternehmen mit gebundenem Vermögen wollen wir eine neue geeignete Rechtsgrundlage schaffen, die Steuersparkonstruktionen ausschließt.»

Das könne nur die Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen leisten, meinen die Verbände. Deutschland müsse für den Mittelstand attraktiv bleiben, sagte Markus Jerger, Vorsitzender der Geschäftsführung des Mittelstandsverbands BVMW. Die neue Rechtsform erlaube es, die Nachfolgefrage auch außerhalb der Familie einfacher zu regeln. Der Verband deutscher Unternehmerinnen erklärte, die Rechtsform sei «eine Riesenchance für unternehmerisch tätige Frauen, die heute noch immer schwerer an Finanzierungskapital kommen.»

«Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen passt in den Zeitgeist rund um nachhaltiges Wirtschaften», meint Lara Piechulla, Partnerin bei der Beratungsgesellschaft EY. «Sie kann das Nachfolgeproblem lindern, trotzdem muss aber ein geeigneter Kandidat gefunden werden.» Es bleibe aber die Frage, ob es die neue Rechtsform wirklich brauche, sagte Piechulla. «Ob ein Unternehmen nachhaltig wirtschaftet oder nicht, ist nicht sichergestellt, nur weil das Vermögen gebunden ist.» So legten viele Familienunternehmen ohnehin Wert auf Nachhaltigkeit. (dpa)


 

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