Härtere Corona-Regeln in thüringischen Kreisen – Clubs können gleichzeitig wieder starten

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Die Zahl der Corona-Neuinfektionen und der Kreise mit der höchsten Warnstufe 3 ist in Thüringen gestiegen. Allein von Samstag zu Sonntag wurden im Freistaat 758 neue Fälle registriert, zwei Menschen starben, wie aus Angaben des Sozialministeriums von Sonntag hervorgeht. Die Sieben-Tage-Inzidenz erhöhte sich auf 304,1. Am Samstag lag die Inzidenz noch bei 298,2, am Freitag waren es 288,9 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Bei den Angaben am Wochenende ist zu berücksichtigen, dass möglicherweise nicht alle Gesundheitsämter Daten übermitteln konnten.

Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) schließt angesichts der sich wieder verschärfenden Pandemie nicht aus, dass auch in diesem Winter schwer erkrankte Covid-19-Patienten in anderen Bundesländern intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Grund sei die kritische Personalsituation auf den Intensivstationen Thüringer Krankenhäuser, sagte Werner der Deutschen Presse-Agentur. «Von verschiedenen Kliniken bekomme ich entsprechende Signale.»

Seit dem Wochenende gilt die höchste Warnstufe 3 in sechs Kreisen und der kreisfreien Stadt Gera. Dabei handelt es sich um den Kyffhäuser- und Ilm-Kreis sowie die Kreise Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen, Gotha und Altenburger Land. Alle anderen Kreise und kreisfreien Städte - seit Sonntag auch der Kreis Nordhausen - haben die Warnstufe 2.

Die Ämter in mehreren Regionen, darunter im Kreise Gotha, verfügten, dass nun bei öffentlichen Verstaltungen in Räumen die 2G- oder 3G-Regeln gelten. Zugang haben damit nur noch Geimpfte, Genesene oder Getestete.

Seit Samstag gibt es neue Landesregeln mit stärkeren Einschränkungen. Danach sollen nicht nur bei Veranstaltungen aller Art sondern auch in der Gastronomie und Hotellerie die 2G- oder 3G-plus-Regeln ab Warnstufe 3 umgesetzt werden.

Kritik am Vorgehen der Landesregierung bei den neuen Corona-Regeln kam von der CDU-Landtagsfraktion. Das Parlament, die kommunalen Spitzenverbände und die Wirtschaft seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden, erklärte der Sozialpolitiker der oppositionellen CDU-Fraktion, Thadäus König. Der Landkreistag hatte sich ähnlich geäußert und eine Anhörung verlangt. Hauptkritikpunkt seiner Fraktion sei, dass die Landesregierung die Verantwortung bei der verpflichtenden Wahl zwischen 2G- oder 3G-plus-Modell auf die Landkreise abwälzt, so König.

Feiern mit 2G: Thüringer Clubs rechnen mit Wintersaison

Thüringer Musikclubbetreiber rechnen damit, im Winter trotz steigender Infektionszahlen mit der 2G-Regel für Geimpfte und Genesene weiter öffnen zu können. «Laut Verordnung sind bei 2G ja alle Warnstufen außen vor. Daher planen wir jetzt auch für den Winter», sagte etwa Andreas Bretschneider vom Central Erfurt auf Anfrage. Auch die Betreiber des Kassablanca und des Rosenkellers in Jena gehen davon aus, ihr Winterprogramm durchziehen zu können. 2G ermögliche, mit gutem Gewissen öffnen zu können, hieß es etwa vom Rosenkeller.

In etlichen Thüringer Clubs füllten sich in den vergangenen Wochenenden erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder die Tanzflächen. Seit Anfang Oktober gilt eine neue Verordnung des Landes: Öffnen Clubs nur für Geimpfte und Genesene, kann auf Maske und Abstand verzichtet werden. In Jena bildeten sich in den ersten Clubnächten lange Schlangen.

«Es war einfach nur krass, endlich wieder im Club zu stehen», sagte Rosenkeller-Vorstand Jan Hörnig. Mit einem solchen Andrang habe man aber zunächst nicht gerechnet. Laut Kulturkoordinator Andreas Tran waren die Besucher jedoch gut auf die Regeln eingestellt. Die Stimmung sei sehr entspannt gewesen.

Auch im Kassablanca Jena wurde das Interesse zunächst unterschätzt, wie Geschäftsführer Thomas Sperling sagte. «Man hat bemerkt, dass das Bedürfnis wieder feiern zu gehen besonders groß ist.» Der Club habe die Kapazität freiwillig runtergeschraubt, um den zusätzlichen Kontrollaufwand bewältigen zu können.

Anders im Central in Erfurt. Dort seien die Besucherzahlen derzeit noch hinter den Erwartungen, sagte Bretschneider. Das liege zum Einen daran, dass rund 40 Prozent der Bevölkerung - nämlich die Ungeimpften - gar nicht kommen könne. Andere weigerten sich, weil sie der Meinung seien, 2G diskriminiere andere Besucher. Außerdem habe es nicht genügend Vorlauf gegeben: Die Möglichkeit, 2G anzuwenden, sei relativ kurzfristig gekommen. Auch andere Clubs berichteten, dass sie ihren Betrieb erst wieder hochfahren mussten.

Laut Verordnung könnten die Clubs neben 2G auch ein 3G-Plus-Optionsmodell wählen. Dafür wäre der Einlass auch mit PCR-Tests möglich. Aus Sicht von Kassablanca-Chef Sperling eine «Mogelpackung»: «Das verschiebt die Verantwortung vom Land zu den Veranstaltern.» Auch im Rosenkeller wäre das aus Sicht der Betreiber nicht umsetzbar. Man könne dann nicht mehr mit voller Auslastung arbeiten, was für den kleinen Club ein Problem sei. «Im Grunde ist es ganz einfach: 2G oder pleite», sagte Hörnig.

Während die Jenaer Clubs von Verständnis beim Publikum berichten, spürt Central-Chef Bretschneider starken Gegenwind. Auf Social Media habe es bereits Angriffe gegeben, weil der Club 2G umsetze. «Die Leute sehen nicht, dass wir wirtschaftlich keine andere Wahl haben. Und das wird einem jetzt vorgeworfen.» (dpa)

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