Lärmgeplagte Heidelberger erringen vor Gericht mehr Nachtruhe

| Politik Politik

Lärmgeplagte Bewohner der Heidelberger Altstadt haben vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe mehr Nachtruhe erstritten. Wegen lärmbedingter Gesundheitsgefahren haben die klagenden Bürger einen Anspruch auf striktere Schließzeiten für die Gastronomie, wie das Gericht am Donnerstag bekanntgab. Nach dem Urteil der 7. Kammer (Az. 7 K 8944/18) müssen Gaststätten unter der Woche spätestens um Mitternacht dichtmachen. Dies sei für eine Nachtruhe von mindestens sechs Stunden notwendig. In den Nächten zu Samstag und Sonntag muss die Sperrzeit spätestens um 2.30 Uhr beginnen. Diese Maßgaben sind für den Heidelberger Gemeinderat bindend, wie das Gericht betonte.

Die Kläger wollten durchsetzen, dass die Gaststätten werktags um Mitternacht und am Wochenende um 1.00 Uhr schließen müssen. Derzeit müssen die Gastwirte sonntags bis donnerstags um 1.00 Uhr ihre Gäste nach Hause schicken, von Donnerstag auf Freitag um 3.00 Uhr. In den Nächten zum Samstag und Sonntag beginnt die Sperrzeit um 4.00 Uhr.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird die Berufung zugelassen.

In anderen Städten Baden-Württembergs steht die Lärmproblematik derzeit nicht auf der Agenda - trotz zunehmender Mediterranisierung. So nennen Fachleute den Trend, das Leben in den öffentlichen Raum zu verlagern. Ein Beispiel gibt die Sprecherin der Stadt Tübingen Sabine Schmincke: Vor 30 Jahren seien Straßencafés eine Ausnahme gewesen, jetzt finde man sie an jeder Ecke. 

Mit einer Schilderaktion macht die Stadt neuerdings auf die Nachtruhe zwischen 22.00 und 6.00 Uhr und das Bußgeld von 60 Euro bei Verstößen aufmerksam. Überdies sei die Zahl der Nachtstreifen des Ordnungsdienstes von vier auf acht erhöht worden. Auch in Ulm hat die Lärmdebatte sich beruhigt. «Es gab mal vor drei Jahren eine Aufwallung, als am Schwörmontag 60 000 bis 70 000 Leute in der Stadt unterwegs waren und Party machten», sagt Frank Raddatz von der Öffentlichkeitsarbeit. Die damalige Diskussion sei wichtig gewesen und habe zu mehr Rücksicht aufeinander geführt.

Auch in Freiburg hat sich die Situation entschärft, seit die Partyszene sich vom Augustinerplatz zu einem Platz mit weniger Wohnungen drum herum verlagert hat. In Mannheim ist das Thema beim Nachtbürgermeister Hendrik Meier aufgehoben. Er versucht als Ansprechpartner für beide Seiten den Ausgleich zwischen Barbetreibern und Anwohnern herzustellen.

Für solche Lösungen spricht sich der Städte- und Gemeindebund aus, den das Thema immer mal wieder beschäftigt. Sprecher Alexander Handschuh: «Wir appellieren an Verständnis und Toleranz auf beiden Seiten und werben für einvernehmliche Regelungen - in den meisten Fällen klappt das.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.