Erstmals hat ein Landgericht einem Einzelhändler die Minderung der Miete wegen der Corona-bedingten Schließung gestattet. In Hotellerie und Gastronomie wächst die Hoffnung, dass nun auch andere Gerichte so urteilen könnten. Es gibt aber auch schon konträre Urteile.
Im Kern geht es um die Frage, ob der Mieter einer Immobilie das alleinige Risiko bei der, in diesem Fall, Corona-bedingten Schließung der Geschäftsräume trägt oder ob der Vermieter ebenfalls am Ausgleich der Lasten zu beteiligen ist.
So argumentierte im Sommer DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges und kritisierte das mangelnde Entgegenkommen vor allem großer Eigentümer bei in Pachtrückstand geratenen Unternehmern. „Es gibt Verpächter, die kommen ihren Gastronomen und Hoteliers entgegen – häufig gilt: je kleiner, umso vernünftiger und weitsichtiger“, sagte sie. Aber gerade in den Innenstädten sei das die Ausnahme. „Dort bestehen vor allem die großen Verpächter und Immobilienfonds auf 100 Prozent der Pachtzahlung“, berichtet Hartges. Dabei gehe es um das Überleben der Innenstädte, in denen es nach wie vor häufig gespenstisch aussehe. „Hier muss der Gesetzgeber eingreifen und einen grundsätzlichen Anspruch auf Pachtminderung aufgrund der Covid-19-Pandemie schaffen. Auf dieser Basis können die Parteien dann verhandeln.“ Es gehe um eine angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächtern und Pächtern, meint Hartges. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn allein die Pächter für die Folgen der Krise aufkommen müssen.“
In diese Richtung hat nun auch das Landgericht München in einem Urteil aus dem September argumentiert, das nun bekannt wurde und sagt, dass wenn das Mietobjekt corona-bedingt aufgrund staatlicher Anordnungen nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden könne, ein Mangel der Mietsache vorliege.
Im Gegensatz zu den bisherigen Urteilen sieht das Urteil des LG München I die öffentlich-rechtlichen Maßnahmen nicht einseitig in der Risikosphäre des Mieters. Das Landgericht im saarländischen Zweibrücken und das Landgericht Frankfurt am Main hatten im Sommer einer Minderung der Miete bei Einzelhändlern noch abgelehnt, da weder ein Mangel der Mietsache, noch ein Fall der Unmöglichkeit vorliege. Das Landgericht München sieht das anders und sagt nun, dass der Mieter mindern dürfe, falls seine Verkaufsflächen aufgrund der Maßnahmen eingeschränkt nutzbar seien. Die Miete könne entsprechen herabgesetzt werden.
Prof. Dr. Clemens Engelhardt von den Trustberg LLP sagt auf LinkedIn: Das Gericht bestätigt sowohl die Mietminderung als auch die Anwendbarkeit von § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage). "Im Ergebnis teile ich die Ansicht des LG München. Über die rechtliche Herleitung kann man diskutieren."