Mehrwegangebotspflicht: Umwelthilfe will klagen und fordert Anpassung

| Politik Politik

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) pocht nach weiteren, bei Testkäufen festgestellten Verstößen gegen die Mehrwegangebotspflicht im Gastgewerbe auf Nachbesserungen am Gesetz. «Dieses Gesetz muss dringend angepasst, novelliert, verbessert werden», sagte die DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz am Donnerstag in Berlin. «Wir dringen darauf, dass das noch in dieser Legislaturperiode geschieht». Zudem müssten die Bundesländer ihren Vollzugsaufgaben nachkommen, Verstöße sanktionieren und dafür sorgen, dass die Norm ernst genommen werde.

Nach Testbesuchen in 35 Filialen großer Ketten im Januar folgten in der vergangenen Woche weitere Stichproben und Nachtests. Zwei Unternehmen hatten nach Angaben des Vereins Unterlassungserklärungen unterzeichnet, gegen fünf werde man Unterlassungsklagen vor den jeweiligen Landgerichten erheben. Dazu gehört nach DUH-Angaben beispielsweise der Kinobetreiber Cinestar, dem die Umwelthilfe vorwarf, bei den Stichproben keine Mehrwegbehälter für Heißgetränke und für 1,5-Liter-Softdrinks angeboten zu haben. Bei Rewe bemängelte die DUH, dass bei Testbesuchen Mehrwegschüsseln an der Salatbar gefehlt hätten. Beide Unternehmen wiesen die Vorwürfe am Donnerstag zurück.

Cinestar-Geschäftsführer Oliver Fock erklärte, das gesamte Softdrink-Sortiment sei bereits auf Mehrweg umgestellt, einzig für 1,5-Liter-Getränke seien noch keine Becher vom Dienstleister lieferbar, so dass man nur diese eine Größe nicht in Mehrwegbechern anbieten könne. Die Menge lasse sich aber auf zwei kleinere Mehrwegbecher aufteilen. Für Heißgetränke könnten die Gäste Mehrweggeschirr aus Porzellan wählen.

Von Rewe hieß es, man verwehre sich «selbstverständlich nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrwegsangebotspflicht.» Seit Jahresbeginn gebe es für im Markt abgefüllte Speisen und Getränke Mehrwegalternativen. Schalen und Becher könnten ausgeliehen und über Leergutautomaten oder an der Kasse zurückgegeben werden. «Zu der Abmahnung der DUH hat REWE detailliert Stellung genommen, das System und seine Vorteile genau erläutert und den Sachverhalt damit nach eigener Ansicht klären können.»

Nachgebessert wurde derweil laut Umwelthilfe bei Backwerk, nachdem dort bei einem Testbesuch kein Mehrwegangebot vorgefunden worden sei. Dazu erklärte eine Sprecherin der Kette: «Wir können hiermit bestätigen, dass es gegen eine Filiale der stichprobenartig untersuchten BackWerke in Berlin eine Unterlassungserklärung gab und der Franchisepartner vor Ort umgehend sein vorhandenes Mehrweggeschirr den Gesetzesvorlagen entsprechend angeboten hat.»

Die Mehrwegangebotspflicht gilt seit 1. Januar. Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, müssen ihre Produkte demnach auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Damit sollen Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung darf aber nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 10 000 Euro.

Die Umwelthilfe hatte auch eine repräsentativen Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben, bei der 86 Prozent der Befragten angegeben, normalerweise Einwegboxen für Essen zum Mitnehmen zu nutzen. Auf die Frage, warum Mehrweg nicht genutzt werde, erklärten 72 Prozent, es fehle ein entsprechendes Angebot, und 27 Prozent erklärten, sie wollten die Boxen nicht herumtragen oder lagern. 55 Prozent gaben an, ihnen sei ein niedriger Preis oder ein geringer Pfandbetrag wichtig. Die Umfrage belege, dass sich Verbraucher unternehmensübergreifende Mehrweglösungen, möglichst viele Rückgabestellen und Preisvorteile für Mehrweg wünschten, sagte Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft.

Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist die Mehrwegangebotspflicht «ein wichtiger Schritt zur Förderung von Mehrwegverpackungen». Man ermutige die Unternehmen zu einer konsequenten Umsetzung, damit sich die Mehrweg-Verwendung einspiele. «Wir könnten und sollten noch mehr tun, um nachhaltigen Konsum zu fördern, zum Beispiel indem wir die Mehrwegpflicht auf alle Materialien und nicht nur auf Kunststoff ausweiten», erklärte UBA-Präsident Dirk Messner. Erst am Vortag hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace ein Meldeportal in Betrieb genommen, über das Verbraucherinnen und Verbraucher Verstöße gegen die Norm bei den zuständigen Landesbehörden melden können. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Für die Zeit der Fußball-EM hat das Bundeskabinett eine sogenannte „Public-Viewing-Verordnung“ beschlossen. Sie ermöglicht den Kommunen, Ausnahmen von den geltenden Lärmschutzregeln zuzulassen. Vergleichbare Verordnungen hatte es bereits bei früheren Fußball-Welt- und Europameisterschaften gegeben.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich am 15. März im sogenannten Trilog-Verfahren auf eine Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation - PPWR) geeinigt. Der Umweltausschuss (ENVI) und das Plenum des Europäischen Parlamentes werden die Einigung voraussichtlich noch im April annehmen.

Einigung im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL: Insbesondere bei der 35-Stunden-Woche macht der Konzern weitgehende Zugeständnisse. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Der DEHOGA stellt klar, dass aus Sicht des Verbandes die Inhalte des Wachstumschancengesetzes nicht ausreichen.

Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden.

Vor dem Hintergrund des schwierigen Konjunkturumfelds und einer hartnäckigen Schwächephase des deutschen Mittelstandes mahnt die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mittelstand​​​​​​​ von der Wirtschaftspolitik dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wachstumskräfte an.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Der DEHOGA sagt: Das reicht noch lange nicht. Der Verband sagt, dass insgesamt immer noch viel zu wenig Bürokratieentlastung im Betriebsalltag der Unternehmen ankomme.

Bund und Länder haben sich, wie insbesondere von den Steuerberatern gefordert und vom DEHOGA unterstützt, auf eine letztmalige Fristverlängerung für die Schlussabrechnung bei den Coronahilfen bis Ende September 2024 geeinigt, sofern eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 beantragt und bewilligt wurde.

In Berlin arbeiten viele Menschen unter prekären Bedingungen, sagen Fachleute. Häufig nutzen ihre Chefs schamlos aus, dass sie kein Deutsch sprechen oder sich illegal hier aufhalten. Einen Schwerpunkt dabei bilde laut Hauptzollamt das Gastgewerbe.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Die Wirtschaft sagt: Das reicht noch lange nicht. Zu dem Paket gehört auch der Wegfall der Meldebescheinigung für inländische Übernachtungsgäste.