München will Bettensteuer doch noch vor Gericht durchsetzen

| Politik Politik

Nach dem bayernweiten Verbot von lokalen Übernachtungssteuern (Tageskarte berichtete) hat die Stadt München beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Freistaat eingereicht. «Das Verbot ist ein erheblicher Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, das will ich so nicht hinnehmen», sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Mittwoch in München. Es sei im Übrigen «absolut widersinnig, wenn uns die Regierung von Oberbayern bei der Genehmigung des Haushalts dringend bittet, unsere Einnahmesituation zu verbessern, der Freistaat uns das aber im gleichen Atemzug genau das verwehrt».

Der Stadtrat der Landeshauptstadt hatte am 1. März eine Satzung für eine Übernachtungssteuer beschlossen. Konkret ging es um fünf Prozent, die volljährige Hotelgäste auf ihren Übernachtungspreis obendrauf zahlen sollten - nicht aber auf Zusatzangebote wie Frühstück oder Sauna. In anderen Städten in Deutschland gibt es eine solche Übernachtungssteuer schon länger. Die Regierung von Oberbayern hatte jedoch München die Umsetzung auf Grundlage des vom Landtag am 10. März geänderten Kommunalabgabengesetzes untersagt, wogegen die Landeshauptstadt nun Rechtsmittel einlegt. Die Stadt behalte sich zudem weitere juristische Schritte wie eine Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof vor, hieß es weiter.

Die Staatsregierung hatte die Einführung - ebenso wie der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) - umgehend massiv kritisiert und erklärt, die Zusatzsteuer gesetzlich verhindern zu wollen. «Eine Übernachtungssteuer schadet dem Tourismus. Sie ist den bayerischen Beherbergungsbetrieben nach den Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie und erst recht in Zeiten hoher Inflation nicht zuzumuten», sagte damals etwa Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die Steuer würde Hotels, Pensionen und deren Gäste durch höhere Preise und zusätzliche Bürokratie belasten.

Zur Klage sagte Herrmann: «Das Verbot der Übernachtungssteuer ist rechtlich einwandfrei und entspricht der Tradition bayerischer Gesetzgebung seit 1979, als Getränkesteuer, Jagdsteuer, Speiseeissteuer und Vergnügungssteuern abgeschafft wurden.»

Dagegen hatte der Bayerische Städtetag das bayernweite Verbot für Bettensteuern scharf kritisiert. Die Kommunen sollten selbst entscheiden können, ob sie solche Steuern erheben.

Für Münchens Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) schadet das Verbot der Stadt München finanziell sehr: «Die Stadt nimmt regelmäßig erhebliche Summen in die Hand, um auch als touristisches Ziel attraktiv zu sein. European Championships, NFL, im nächsten Jahr die Fußball EM der Herren, um nur einige Beispiele zu nennen. Unsere Theater und Museen, ein starker ÖPNV, alles Dinge, die München auch für Gäste attraktiv machen», betonte er. Ob der Gesetzgeber der Stadt München «mir nichts, dir nichts eine Möglichkeit, diese Ausgaben wenigstens zu einem kleinen Teil refinanzieren zu können, aus der Hand nehmen kann», müsse jetzt juristisch geprüft werden.

München steht - gemessen an den Übernachtungszahlen - bei Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt extrem hoch im Kurs. Seit April 2022 erreichen die Zahlen nach Angaben der Stadt fast wieder das Niveau von vor der Corona-Krise. Im August und September hätten die Werte sogar über dem Vergleichszeitraum aus dem Jahr 2019 gelegen. So seien in den gewerblichen Übernachtungsbetrieben mit zehn und mehr Betten 16 Millionen Übernachtungen registriert worden. Die Stadtkämmerei rechnete daher mit jährlichen Einnahmen von 60 bis 80 Millionen Euro durch die Übernachtungssteuer. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das EU-Parlament hat grünes Licht für strengere Transparenzregeln für große Vermietungsplattformen wie Airbnb, Booking, Expedia oder TripAdvisor gegeben. Unter anderem sollen Städte so besser gegen illegale Angebote auf den Plattformen vorgehen können.

Reisewirtschaft und Tourismusbranche haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt, die die Akteure im Deutschlandtourismus sowie im In- und Outboundtourismus in dieser Frage vereint.

Das neue Kompetenzzentrum „Grüne Transformation des Tourismus“ hat seine Arbeit aufgenommen. Das Kompetenzzentrum soll als Informationsknotenpunkt rund um die grüne Transformation Wissen teilen, Best Practices hervorheben und Innovationen fördern.

Eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit fordert die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag in einem Antrag. Auch der DEHOGA fordert, dass Unternehmen und Mitarbeiter, im Rahmen einer wöchentlichen Höchstgrenze, die Möglichkeit bekommen, die Arbeitszeit flexibler auf die Wochentage zu verteilen.

Im Rahmen des Entwurfs zum vierten Bürokratieentlastungsgesetz erneuert der BTW noch einmal seine Forderung nach zielführendem Bürokratieabbau für die Unternehmen der Tourismuswirtschaft.

EU-Pläne für einen besseren Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Online-Plattformen sind vorerst vom Tisch. Vor allem FDP-Vertreter hatten sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Deutliche Kritik daran kam nun von der Gewerkschaft NGG.

In Belgien findet am Dienstag die informelle Ministertagung Tourismus statt. Darin soll es unter anderem um „Die doppelte Wende des Sektors - digital und nachhaltig“ und konkret um eine Zwischenbewertung des „EU Transition Pathway for Tourism“ gehen.

Wer über Online-Plattformen als Essenslieferant, Taxifahrer oder Hausangestellter arbeitet, sollte mit neuen EU-Regeln mehr Rechte bekommen. Nun kommen sie erst einmal nicht. Auch die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung enthalten.

Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten stimmen an diesem Freitag voraussichtlich über bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte von Online-Plattformen wie Liefer- und Fahrdiensten ab. Die Betroffenen sollen unter anderem besser gegen Scheinselbstständigkeit geschützt werden. 

Bundesagrarminister Cem Özdemir dringt seit Wochen auf konkrete Schritte zu einer dauerhaft gesicherten Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung. Jetzt nehmen Özdemirs Pläne für einen „Tierwohlcent“  konkrete Formen an: Ein Eckpunktepapier ist an die Ampelfraktionen verschickt worden.