Bundesagrarminister Cem Özdemir dringt seit Wochen auf konkrete Schritte zu einer dauerhaft gesicherten Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung. Jetzt nehmen Özdemirs Pläne für einen „Tierwohlcent“ konkrete Formen an: Ein Eckpunktepapier ist an die Ampelfraktionen verschickt worden.
In dem Papier, das der BILD vorliegt, präsentiert sein Haus den erstmals ein konkretes Konzept für ein neues Gesetz. „Table Media“ berichtete zuerst.
Demnach plant Özdemir eine neue Verbrauchsteuer auf „Fleisch, Fleischerzeugnisse und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse“, sowie für „Verarbeitungsprodukte mit einem bestimmten Anteil von Fleisch, Fleischerzeugnissen oder genießbaren Schlachtnebenerzeugnissen“.
Die Steuereinnahmen aus der Abgabe würden nicht direkt an die Bauern, sondern wie üblich in den Bundeshaushalt fließen, wo sie nicht zweckgebunden wären. Als Ziel des Gesetzesvorhabens wird ausgegeben, „Steuereinnahmen für wichtige, vornehmlich landwirtschafts- und ernährungspolitische Vorhaben“ zu generieren.
Auch importierte Fleischprodukte sollen besteuert werden, einzig der Import für private Zwecke wäre ausgenommen. Zur Höhe des Steuersatzes steht nichts im Papier. Geplant ist ein Preisaufschlag pro Kilogramm verkauften Fleischs. Wie hoch der ausfällt, ist „politisch zu entscheiden“.
Auf den seit langem diskutierten „Tierwohlcent“ hatte der Grünen-Politiker in den letzten Wochen immer wieder gedrungen am Dienstag in Berlin. Sein Ministerium und das Finanzministerium könnten ein Modell dafür schnell aufschreiben. Aber dazu brauche es jetzt ein „klares Bekenntnis“ der gesamten Ampel und die Unterstützung der Opposition, sagte Özdemir. „Wer sich da vom Acker macht, zeigt der Landwirtschaft die rote Karte.“
Hintergrund ist eine vor mehreren Jahren von einer Kommission um den früheren Agrarminister Jochen Borchert empfohlene «Tierwohlabgabe» auf tierische Produkte im Supermarkt. Denkbar wäre demnach etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. In der Koalition hatte die FDP Einwände dagegen deutlich gemacht, signalisierte angesichts der Bauernproteste nun aber Offenheit.
Erreicht werden soll damit, dass Tierhalter nicht allein auf den Mehrkosten für den Umbau von Ställen hin zu höheren Standards und größeren laufenden Ausgaben sitzen bleiben. Die Ampel-Koalition hat als Anschub vorerst eine Milliarde Euro reserviert, die aber nur bis 2026 reichen und nur für die Schweinehaltung vorgesehen sind.
Der führende Unionspolitiker Thorsten Frei meldete Bedenken an. Eine solche Abgabe würde zu einer deutlichen Mehrbelastung und steigenden Preisen führen, warnte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten am Dienstag in Berlin. Er persönlich sei hier auf den ersten Blick skeptisch, habe aber keine klar abgeschlossene Position. Die Rufe nach einer entsprechenden Abgabe zeigten, dass die Bundesregierung unfähig sein, zunächst Einsparungen vorzunehmen.