Neues Infektionsschutzgesetz: DEHOGA bereitet Verfassungsklagen vor

| Politik Politik

Nach dem Bundestag und Bundesrat am Mittwoch dem neuen Infektionsschutzgesetz ohne Entschädigungsleistungen zugestimmt haben (Tageskarte berichtete), macht der DEHOGA seine Ankündigung wahr und will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Geplant sei, dass der Verband zwei Betriebe stellvertretend bei deren Klage unterstütze, schreibt der DEHOGA in einem Rundschreiben an seine Mitglieder.der.

Da auch der Bundespräsident hat das Gesetz noch am Mittwoch ausgefertigt hatte und es unmittelbar danach im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, traten die Änderungen bereits am letzten Donnerstag in Kraft.

Der DEHOGA schreibt „Die Regelung in ihrer jetzigen Form – also ohne Entschädigungen im Falle von Schließungen oder drastischen Beschränkungen – kommt einer Zwangsenteignung gleich. Und dagegen werden wir uns zur Wehr setzen!“

DEHOGA-Geschäftsführerin Ingrid Hartges hatte bereits vor einer Woche angedeutet, dass der Verband ein betroffenes Unternehmen bei einer Verfassungsbeschwerde gegen das neue Infektionsschutzgesetz unterstützen könne, sollte dieses keine Entschädigungsregeln enthalten. Verbandspräsident Guido Zöllick bekräftigte und drohte ebenfalls mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Mit den Änderungen werde eine neue Rechtsgrundlage für umfangreiche Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie geschaffen. Diese bedeutet nach Auffassung des Verbands einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Gastwirte und Hoteliers. „Es ist jedoch inkonsequent und unseres Erachtens verfassungswidrig, dass keine Entschädigung für diesen Fall für unsere Betriebe vorgesehen ist“, sagte Zöllick in Berlin.

Die Hoteliers Tim Dornbusch und Rolf Seelige-Steinhoff haben mit weiteren Gastgebern von der Insel Usedom ebefalls Verfassungsbeschwerde gegen die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes eingelegt. Mit dem neuen Gesetz könne beliebig ins Privateigentum eingegriffen werden – das sei weder verhältnis- noch verfassungsmäßig.

"Wie würden Sie schlafen, wenn es ein Gesetz gibt, welches Ihnen wirtschaftlich gesehen jederzeit den Boden unter den Füßen unter wegziehen kann?“

Hotelier Rolf Seelige-Steinhoff bringt die Kritik an dem Gesetz erneut in einem Video auf den Punkt und sagt: "Dieses Gesetz bedroht nicht nur unsere Existenz, sondern die von vielen Tausend anderen Unternehmen! Das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ gibt der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten Maßnahmen der Abwehr und Verhütung der Ausbreitung eines Infektionsgeschehens (Pandemie) an die Hand. Das Problem jedoch: Diese Maßnahmen führen zu erheblichen Eingriffen in die Grundrechte. Auf der Basis dieser Maßnahmen können von Unternehmen wie dem unseren nun bestimmte "Sonderopfer" abverlangt werden. Dies bedeutet, dass man unsere Hotels schließen kann - ohne einen Anspruch auf Entschädigung.⠀⠀

Um es an dieser Stelle noch einmal deutlich zu machen - wir unterstützen die Bekämpfung des Corona-Virus zu 100 Prozent! Im Frühjahr haben wir ein Hygienekonzept auf den Weg gebracht, welches maßgeblich dazu beitrug, dass die Hotellerie in Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland wieder an den Start gehen konnten. Vor wenigen Wochen eröffneten wir auf Usedom ein Corona-Testzentrum. Obwohl wir eindrucksvoll unter Beweis stellten konnten, dass unsere Hygienekonzepte funktionieren und Hotels nicht zur Ausbreitung des Virus beitragen, werden wir nun von der Politik im Stich gelassen. Wir, das sind nicht nur die SEETELHOTELS Usedom. Wir, das sind auch unzählige Zulieferer, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten. Ihnen allen brechen Aufträge weg, auf die sie dringend angewiesen sind.⠀

Hier geht es um die Frage, in welcher Form Unternehmen wie das unsere eine finanzielle Kompensation erhalten sollen, wenn wir den politischen Willen umsetzen. Zum Schutze der Bevölkerung stellen wir in Pandemiezeiten unsere wirtschaftlichen Interessen hinten an. Wir bringen diese nun gesetzlich festgeschriebenen "Sonderopfer." Dafür sollen wir und unsere Kollegen jedoch nicht entschädigt werden. Und genau das ist ein gewaltiges Problem!⠀

Wie würden Sie schlafen, wenn es ein Gesetz gibt, welches Ihnen wirtschaftlich gesehen jederzeit den Boden unter den Füßen unter wegziehen kann?“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.

Der DEHOGA und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten haben sich in der Tarifrunde 2024 auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie geeinigt.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie gerieten viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Der Bund unterstützte sie mit milliardenschweren Hilfspaketen. Viele Rückforderungen landen jetzt vor Gericht. Es geht um Milliarden.

Hotels und Restaurants klagen teilweise über schlechte Umsätze. Jetzt fordert die NGG in Baden-Württemberg 15 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber reagieren mit Unverständnis.

Der Landtag beschließt eine Fülle von Verboten beim Konsum von Cannabis im Freistaat. Kritiker sehen in dem neuen Gesetz Hysterie und fordern ein Ende des Kulturkampfs. Die Wiesn-Wirte zeigen sich zufrieden.

Das Bundeskabinett verschärft das Luftsicherheitsgesetz, um radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abzuhalten. Stimmt der Bundestag zu, sind künftig auch Freiheitsstrafen möglich.

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) zugestimmt. Das Gesetz tritt damit am 1. August in Kraft. Vom DEHOGA kommt Zuspruch aber auch Kritik.

Die Ampel will mit steuerlichen Vorteilen Fachleute nach Deutschland locken. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Auch die Bevölkerung steht dem Vorhaben mehrheitlich kritisch gegenüber.

Die erste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und dem Bundesverband der Systemgastronomie ist ohne Ergebnis geendet. Laut Gewerkschaft sei das Angebot jedoch völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber sprechen hingegen von einer guten und konstruktiven Atmosphäre.